Zum E-Paper
Regionales Phosphor-Recycling 20.04.2023, 09:00 Uhr

Düngergranulate aus Asche

Ein Forschungsprojekt entwickelt für die Modellregion Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen einen Weg, aus Klärschlammaschen Düngergranulate mit pflanzenverfügbarem Phosphat herzustellen. Dabei sind die Verfahrensparameter an die jeweilige Asche so anzupassen, dass sich möglichst viel des Phosphors und möglichst wenig Schwermetalle in den Granulaten wiederfinden.

Projektingenieurin Rui Yue und Projektingenieur Oskar Stiehler, beide aus der Abteilung Forschung und Entwicklung der Veolia Klärschlammverwertung Deutschland, bei der Versuchsplanung. Foto: VKD

Projektingenieurin Rui Yue und Projektingenieur Oskar Stiehler, beide aus der Abteilung Forschung und Entwicklung der Veolia Klärschlammverwertung Deutschland, bei der Versuchsplanung.

Foto: VKD

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert innerhalb der Fördermaßnahme „Regionales Phosphor-Recycling“, kurz RePhoR, sieben Verbundprojekte, um ein regionales Phosphorrecycling im Sinne der Kreislaufwirtschaft aufbauen zu können.

Das Projekt „Technologiedemonstration zur Kombination von Staubfeuerung und Säureaufschlussgranulierung mit integrierter Schwermetallabscheidung für das regionale Phosphorrecycling aus Klärschlämmen im Mitteldeutschen Dreiländereck“ Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen“ (DreiSATS) ist eines davon.

Das Projektziel ist, eine wirtschaftlich und technisch tragfähige Prozesskette zur thermischen Klärschlammverwertung mit Phosphorrecycling und Produktverwertung für die Modellregion Mitteldeutsches Dreiländereck praxisnah zu erproben und zu demonstrieren. Die Ansprüche sind, kommunale Klärschlämme regional zu verwerten, Schadstoffe dabei abzutrennen sowie regionale Nährstoffkreisläufe mit einem möglichst geringen Transportaufwand zu schließen.

Im Projekt wird Phosphor nach dem Pontes Pabuli-Verfahren nutzbar gemacht. Dabei werden die mittels Staubfeuerung erzeugten Aschen in gebrauchsfertige Düngemittel überführt und können so konventionelle Düngemittel in der Landwirtschaft ersetzen. Im Projekt soll im technisch relevanten Maßstab nachgewiesen werden, dass marktfähige Düngerprodukte aus kommunalen Klärschlämmen in gleichbleibend guter Qualität und Menge erzeugt und sowohl regional als auch gegebenenfalls überregional verwertet werden können.

Rui Yue und Oskar Stiehler aus der Abteilung Forschung und Entwicklung bei der Versuchsdurchführung.

Foto: VKD

Das Pontes Pabuli-Verfahren

Im Verfahren wird das Phosphat in diesen Aschen pflanzenverfügbar gemacht. Hierzu erfolgt ein Säureaufschluss, in dem Phosphate, ähnlich wie es in der Düngemittelindustrie mit Rohphosphat praktiziert wird, aufgeschlossen werden.

Im ersten Schritt wird dazu aus Asche, Wasser und einer Mineralsäure eine Suspension hergestellt, wodurch die Phosphate gelöst werden. Nach einer entsprechenden Reaktionszeit wird eine mechanische Fest-Flüssigtrennung durchgeführt.

Die abgetrennte flüssige Phase wird im Kreislauf geführt, wird also wieder einer Asche zugegeben, um mit neuer Mineralsäure Phosphate zu lösen. Der resultierende feuchte Feststoff wird weiter zu Düngergranulaten verarbeitet. In dem resultierenden Kreislauf der flüssigen Phase steigt in einer kurzen Anfahrphase des Prozesses die Konzentration darin gelöster Stoffe an und erreicht nach wenigen Zyklen ein konstantes Niveau. Nach Erreichen dieses stabilen Gleichgewichts entspricht die chemische Zusammensetzung des feuchten Feststoffes dem der Mischung aus zugeführter Asche und Mineralsäure.

Das Fließschema des Pontes Pabuli-Verfahrens mit der möglichen Abscheidung von Schwermetallen. Grafik: VKD

Die Zusammensetzung der zu erzeugenden Dünger wird dabei durch eine exakte Zugabe weiterer Nährstoffkomponenten wie Kaliumsalze und Nitrate zum feuchten Feststoff zielgenau eingestellt. Dabei richtet sich die Art und Menge der zusätzlichen Nährstoffe nach der Rezeptur des gewünschten Düngertyps. Das dabei erzeugte, optimal für den Nährstoffbedarf der Pflanzen eingestellte Gemisch wird anschließend granuliert und im letzten Schritt getrocknet. Als Produkt resultiert ein gebrauchsfertiger Dünger, der in der Qualität den heute in der Landwirtschaft eingesetzten Mineraldüngern entspricht.

Ein Granulat, erzeugt nach dem Pontes Pabuli-Verfahren. 

Foto: VKD

Eine Besonderheit des Verfahrens ist eine außergewöhnlich energiesparende Prozessführung. Häufig wird bei anderen Verfahren des Phosphorrecyclings Wasser thermisch abgetrennt. Die thermische Wasserabtrennung ist dabei extrem teuer, weil energieintensiv.

Die mechanische Fest-Flüssigtrennung hingegen bedarf Größenordnungen weniger an Energie. Lediglich bei den erzeugten Granulaten muss noch die Restfeuchte thermisch getrocknet werden. Auch setzt das Verfahren elektrische Energie sparsam ein, da etwa die Materialförderung nicht mit Druckluft, sondern mechanisch erfolgt, wodurch elektrische Energie zum Erzeugen der großen Druckluftmengen und die energieintensive Reinigung des großen Volumenstroms entfallen.

Schwermetalle entfernen

Im Pontes Pabuli-Verfahren können Schwermetalle selektiv aus der flüssigen Phase durch Fällung abgetrennt werden. Dadurch werden diese Schwermetalle aus dem System ausgeschleust und es resultiert ein schwermetallarmer Dünger. Die Schwermetallabreicherung ist dabei optional. Sie ist als Art Modul in den Prozess einbaubar. Sie sichert zum einen das Einhalten heutiger als auch künftiger gesetzlicher Vorgaben, zum anderen deckt sie die Anforderungen an die Nachhaltigkeit von Phosphorrecyclingverfahren ab.

Der Umfang der Abreicherung kann nach den Erfordernissen der Schadstoffkonzentration und wirtschaftlicher Abwägung erfolgen. Das schafft die Sicherheit, gegebenenfalls auf zukünftige rechtliche Veränderungen oder steigende Anforderungen an die Reinheit der Produkte reagieren zu können. Außer den abgetrennten Schwermetallen fallen keine weiteren Abfallstoffe an.

Projektingenieurin Rui Yue kontrolliert die Korngrößen nach der Granulation mittels Granulierteller in der Pontes Pabuli-Versuchs‧anlage. 

Foto: VKD

Versuchsergebnisse

Im Projekt sollte das Verfahren aus dem Labormaßstab in den technischen Maßstab überführt werden. Im Ergebnis wurde im März 2022 die Versuchsanlage am Standort der Veolia Klärschlammverwertung Deutschland GmbH in Markranstädt in Betrieb genommen.

Dabei wurde das Löse- und Reaktionsverhalten von ausgewählten Verbrennungsaschen im technischen Maßstab untersucht und ein Versuchsprogramm zur Untersuchung der Fest-Flüssigtrennung durchgeführt.

Die Versuchsmatrix umfasste variable Parameter bei der Suspensionsherstellung, wobei Versuchsaschen aus der Staubfeuerung sowie Aschen aus konventionellen Wirbelschichtverbrennungsanlagen zum Einsatz kamen. Als Mineralsäuren wurden Schwefelsäure und Salpetersäure eingesetzt, wobei die zusätzlich zugegebene Wassermenge zur Verdünnung variiert wurde, ebenso die eingestellte Reaktionstemperatur beim Löseprozess und damit die Temperatur der Suspension bei der Fest-Flüssigtrennung.

Variiert wurden auch technische Parameter bei der Fest-Flüssigtrennung wie Durchflussgeschwindigkeit, Pumpendruck, Membrandruck oder Art des Filtermaterials. Die Materialforschungs- und -prüfanstalt an der Bauhaus-Universität Weimar (MFPA) hat die Untersuchungen und notwendigen Analysen durchgeführt.

Parametermatrix

Damit sind Erkenntnisse zur rezeptur- und produktspezifischen Prozessführung verfügbar, die zum einen belastbare Aussagen zur Filterpresseneinstellung in den einzelnen Säuresystemen zulassen. Zum anderen resultieren Informationen zur Abtrennwirkung bei unterschiedlichen Prozessparametern. Restfeuchten zwischen 25 bis 40 % je nach gewählten Einstellungen wurden dabei erreicht.

Da im DreiSATS-Konzept die Staubfeuerungstechnologie ein zentrales Kernelement darstellt, wurden erste Versuchsaschen aus der Staubfeuerung in die Untersuchungen einbezogen. Die Versuchsaschen aus der Staubfeuerung wiesen zum Teil abweichende Reaktionseigenschaften zu Aschen aus der konven- tionellen Wirbelschichtmonoverbrennung auf.

Diese resultieren aus den unterschiedlichen Eigenschaften wie Korngröße, Kristallinität, Phasenzusammensetzung und chemische Zusammensetzung und wirken sich beispielsweise auf das Löseverhalten von Phosphat und den relevanten Schwermetallen aus.

Durch die Löseversuche konnte eine Parametermatrix zu den Reaktionsverhalten für unterschiedliche Säuren erstellt und die Unterschiede zu konventionellen Wirbelschichtaschen ermittelt werden. Im Ergebnis dieser bisher durchgeführten Versuche liegen nun fundierte Kenntnisse zum Löseverhalten der Modellasche aus der Staubfeuerung vor.

Gezielt Prozess verbessern

Dadurch ist es möglich, gezielt die Löseparameter so auszuwählen, dass das Phosphat weitgehend vollständig und die relevanten Schwermetalle im erforderlichen Maße in Lösung übergehen. Dies stellt die Voraussetzung für die nachfolgende Schwermetallabreicherung dar.

Ebenso erfolgten systematische Untersuchungen zum Granulationsverhalten. Untersucht wurden dabei unterschiedlicher Filterkuchen aus der Fest-Flüssigtrennung bei variierten Granulationsparametern wie Neigungswinkel, Drehgeschwindigkeit und Granulierzeit.

Nachgewiesen werden konnte, dass am Granulierteller ausreichend runde und stabile Granulatkugeln erzeugt werden können. Die Korngröße der eingesetzten Gemische wirkt sich dabei signifikant auf die Kornform und das Bindeverhalten aus. Aus den Versuchen resultieren Erkenntnisse zur rezeptur- und produktspezifischen Prozessführung.

Das Gewächshaus der Veolia Klärschlammverwertung Deutschland in Markranstädt, in dem das Unternehmen derzeit Pflanzversuche mit dem Granulat vornimmt.

Foto: VKD

Löslichkeit des Phosphats

Durch den Säureaufschluss wird das weitgehend unlösliche, nicht-pflanzenverfügbare Phosphat in der Klärschlammasche aufgeschlossen. Die Löslichkeit des Phosphates gilt dabei als Indikator für die Düngewirkung. Dabei scheint vorzugsweise die Bestimmung der Neutralammoniumcitrat-Löslichkeit geeignet.

Insbesondere bei hohen Gehalten von ammoncitratlöslichem Phosphat ist gewährleistet, dass ein großer Teil des Düngerphosphats tatsächlich der Pflanze zur Verfügung steht. Während die eingesetzten Aschen eine Neutral-Ammoniumcitratlöslichkeit von 40 bis 45 % aufwiesen, kann bei den erzeugten Filterkuchen mit ermittelten mehr als 90 % Neutral-Ammoniumcitratlöslichkeit von einer sehr guten Nährstoffverfügbarkeit als erste Indikation ausgegangen werden.

Neben der Ermittlung der Phosphatlöslichkeit wurden Pflanzversuche beim Projektpartner Fraunhofer-IKTS durchgeführt. Für die Pflanzversuche wurde ein kommerziell erhältliches, phosphatarmes Bodensubstrat eingesetzt. In den bereits abgeschlossenen Versuchen wurde die Luzerne als Referenz-Nutzpflanze bestimmt. Das Wachstum in standardisierten Versuchstöpfen wurde unter identischen Versuchsbedingungen in einem Klimaschrank unter Tageslichtsimulation beobachtet. Es konnte eine deutliche Düngewirkung gegenüber der unbehandelten Asche, bei der das Phosphat nicht aufgeschlossen wurde, festgestellt werden.

In Beeten unter freiem Himmel fanden in Markranstädt auch Pflanzversuche mit Pontes Pabuli-Granulat statt. 

Foto: VKD

Weitere Pflanzversuche sind am Fraunhofer-IKTS sowie im Gewächshaus und auf den Freilandversuchsflächen von Veolia geplant.

www.veolia.de/vkd-klaerschlamm

Von Matthias Hoger, Lars Leidolph & Claudyn Kidszun

Matthias Hoger
Geschäftsführer Veolia Klärschlammverwertung Deutschland GmbH (VKD)
matthias.hoger@veolia.com
Dr. Lars Leidolph
Zentraler Forschungskoordinator Materialforschungs- und -prüfanstalt an der Bauhaus-Universität Weimar
lars.leidolph@mfpa.de
Claudyn Kidszun
Leiterin Forschung und Entwicklung VKD
claudyn.kidszun@veolia.com