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Aktivkohle 14.06.2021, 10:00 Uhr

Vierte Reinigungsstufe für eine saubere Donau

Mit feinkörniger Aktivkohle entfernt ein Klärwerk in der vierten Reinigungsstufe Spurenstoffe wie Arzneimittel aus Abwässern von Ulm, Neu-Ulm und Umgebung.

Das Sedimentationsbecken der vierten Reinigungsstufe des Zweckverbands Klärwerk Steinhäule östlich von Ulm und Neu-Ulm fasst bis zu 11 470 m3. Foto: ZVK Steinhäule

Das Sedimentationsbecken der vierten Reinigungsstufe des Zweckverbands Klärwerk Steinhäule östlich von Ulm und Neu-Ulm fasst bis zu 11 470 m3.

Foto: ZVK Steinhäule

Schmerzmittel, Entzündungshemmer, Antibiotika, Röntgenkontrastmittel – dies ist eine kleine Auswahl jener Wirkstoffe aus Arzneimitteln, die in Abwässern nachgewiesen werden. Kein Wunder: In Deutschland werden jährlich etwa 38 000 t an Medikamenten verbraucht. Und es werden eher mehr werden: Infolge des demografischen Wandels wird die Menge weiter ansteigen, da ältere Menschen in der Regel einen höheren Bedarf an Arzneimitteln haben.

Rückstände von Arzneimitteln können aber bereits in geringen Konzentrationen schädlich auf Organismen in Gewässern wirken. Dies gilt auch für andere Spurenstoffe – wie Rückstände von Pflanzenschutzmitteln und Bioziden oder für per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS).

Der Zweckverband Klärwerk Steinhäule (ZVK) aus Neu-Ulm nahm sich 2010 diesen Spurenstoffen an. Er entschied, in seinem Klärwerk an der Donau mit einer vierte Reinigungsstufe möglichst viel dieser Verunreinigungen aus dem Abwasser zu entfernen. Zuerst prüfte der Zweckverband in einer Pilotanlage, ob sich die Qualität des gereinigten Abwassers durch die Zugabe von Aktivkohle verbessern lässt. Die Ergebnisse ermutigten den Zweckverband. Er baute daraufhin die vierte Reinigungsstufe im Großmaßstab.

Die vierte Reinigungsstufe

Die vierte Reinigungsstufe bei Ulm enthält Kontaktreaktoren, Sedimentationsbecken und eine Filteranlage. Die Reinigung beginnt in zwei parallel laufenden Kontaktreaktoren mit pulverisierter Aktivkohle. Dort binden Spurenstoffe an diese feinkörnige Kohle. Danach pumpt der Zweckverband das Abwasser aus den Reaktoren in die beiden runden Sedimentationsbecken, die in ihrem Aufbau den Nachklärbecken einer biologischen Reinigungsstufe vergleichbar sind.

Ein Rührwerk in einem von sechs Kontaktreaktoren. In jeden passen jeweils 1 090 m3.

Foto: ZVK Steinhäule

Damit sich die Aktivkohle mit den Spurenstoffe gut abtrennen lassen, wird dem Abwasser vor den Sedimentationsbecken ein Fällungsmittel – das Natriumaluminat – hinzugeben. Dies bildet mit der Aktivkohle eine gut abtrennbare Flocke. Um die Abtrennung der feinen Aktivkohlepartikel noch zu verbessern, werden dem Aktivkohle-Schlamm-Gemisch im Zulauf zum Sedimentationsbecken zusätzlich noch Polymere als Flockungshilfsmittel hinzudosiert. Die Flocken mit der Aktivkohle werden dann in den Sedimentationsbecken abgetrennt.

Nach den Sedimentationsbecken wird das von den Flocken befreite Abwasser zu den Filteranlagen weitergeleitet. Das Abwasser durchströmt einen 1,5 m hohen Zweischichtfilter. Die obere Hälfte besteht aus Hydroanthrazit, die untere aus Filtersand. Hier werden eventuell noch vorhandene Aktivkohlepartikel aber auch Mikroplastik entfernt. Nach der Filteranlage gelangt das Abwasser in den Spülwasserspeicher und danach über eine Ablaufleitung in die Donau.

Drei Schneckenpumpen können das Abwasser aus dem Sedimentationsbecken 5,5 m hoch in die Filteranlage fördern. Von den Dreien sind zwei in Betrieb, eine dient als Reserve.

Foto: ZVK Steinhäule

Weniger Schmerzmittel

Mit der Aktivkohle entfernt der Zentralverband nachweislich viele Spurenstoffe wie Wirkstoffe von Arzneimitteln aus dem Abwasser entfernt. Vier Beispiele: Das Schmermittel Diclofenac, das in der biologischen Reinigungsstufe (der dritten Reinigungsstufe) zu 15 % abgebaut wird, wird in der vierten Stufe zu mehr als 80 % entfernt. Das Antiepileptikum Carbamazepin wird in der dritten Reinigungsstufe gar nicht abgebaut, die Aktivkohle bindet fast 90 % davon. Auch der Betablocker Metoprolol rauscht durch die dritte Reinigungsstufe durch und wird nahezu vollständig in der vierten Stufe aus dem Abwasser entfernt. Das Röntgenkontrastmittel Iopromid wird in der biologischen Reinigungsstufe zu mehr als der Hälfte abgebaut und anschließend in der vierten Reinigungsstufe zu mehr als 90 % entfernt.

Doch nicht alle Wirkstoffe von Arzneimitteln lassen sich so aus dem Abwasser entfernen. So gelangt ein Beispiel Großteil des Röntgenkontrastmittels ist Iopamidol durch alle Reinigungsstufen.

Thermische Verwertung

Der Zweckverband verbrennt den Klärschlamm und den aktivkohlehaltigen Schlamm in seiner Klärschlamm-Monoverbrennung. Die Spurenstoffe werden dabei thermisch zerstört. Deren Konzentration in der Asche liegt unterhalb der Nachweisgrenze. Da die Aktivkohle einen höheren Heizwert als der Klärschlamm besitzt, wird durch diese energetische Verwertung der Aktivkohle die Stromerzeugung erhöht.

In der vierten Reinigungsstufe des Klärwerks Steinhäule werden dem Abwasser Spurenstoffe wie Arzneimittelrückstände mit Pulveraktivkohkle und Sandfiltration entnommen, bevor es in die Donau eingeleitet wird. Grafik: ZVK Steinhäule

Kosten

Die 4. Reinigungsstufe kostet: Der Zweckverband investierte rund 44,7 Mio. €. Die Betriebskosten liegen bei knapp 14 Ct pro m3 behandeltem Abwasser. Die Netto-Mehrbelastung für jeden Bürger und jede Bürgerin beträgt jährlich etwa 8,70 €. Damit liegt die Mehrbelastung unter dem, was das Umweltbundesamt (UBA) für den Ausbau großer Kläranlagen angenommen hat: Das UBA schätzte 2019, dass die Mehrkosten jährlich bei 16 € pro Person liegen.  

www.zvk-s.de

Von Erwin Schäfer & Christian Hiller

Erwin Schäfer
Betriebsleiter ZVK Steinhäule
e.schaefer@zvk-s.de
Christian Hiller
Abteilungsleiter ZVK Steinhäule
c.hiller@zvk-s.de