Aus Abwasser wird Frischwasser – ganz ohne Chemie
Die Aufbereitung von Ab- beziehungsweise Prozesswasser ist aufwendig und kostspielig. Zudem werden dafür oftmals Chemikalien verwendet, die die Umwelt belasten können. Forschende haben nun neue physikalische Verfahren erprobt, die auf dem Einsatz von Plasma und Ultraschall basieren. Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend.
Etwas mehr als zwei Drittel der Erde sind mit Wasser bedeckt. Dabei handelt es sich zum Großteil (über 97 Prozent) um Salzwasser. Süßwasser macht hingegen gerade mal knapp drei Prozent der weltweit verfügbaren Wasserreserven aus. Davon ist wiederum weit mehr als die Hälfe in den polaren Eiskappen, Gletschern, Schnee und Permafrostböden gebunden. Das heißt, nur ein kleiner Teil (etwa 0,3 Prozent) der weltweiten Süßwasservorräte sind in Form von Grundwasser, Seen und Flüssen für den Menschen frei zugänglich. Entsprechend wertvoll ist die Ressource Wasser. Nicht nur für die Trinkwasserversorgung und Aufrechterhaltung gesunder Ökosysteme, sondern auch für die Industrie und Landwirtschaft. Insbesondere die Bewässerung von Feldern, die Viehzucht und andere landwirtschaftliche Prozesse erfordern erhebliche Mengen an Wasser. Zusätzlich wirkt sich der Klimawandel auf die Verfügbarkeit von Wasser aus.
Da Wasser zurück in den Kreislauf fließt, kann es strenggenommen nicht verbraucht werden. Was aber verbraucht werden kann, ist sauberes Wasser. Abwasser aus der Landwirtschaft beispielsweise enthält oftmals schädliche Substanzen wie Pestizide, Bakterien oder Düngemittel. Es muss daher zunächst aufwendig aufbereitet werden, bevor es zurück in den Wasserkreislauf fließen kann. Ohne Chemikalien, die die Umwelt belasten können, funktioniert das meistens nicht. Nun konnten Forschende des Projekts Physics & Ecology erfolgsversprechende Ergebnisse bei umweltschonenden Verfahren der Wasseraufbereitung erzielen. Die neuen physikalischen Methoden, wie der Einsatz von Plasma und Ultraschall, sind demnach konkurrenzfähig zu bereits etablierten Methoden.
Wasser ohne viel Aufwand von PFAS reinigen – Es ist möglich
Acht Technologien zur Abwasseraufbereitung im Vergleich
Plasma ist ein Gemisch aus freien Elektronen, positiven Ionen und neutralen Teilchen eines Gases. Mithilfe der Plasmatechnologie können bestimmte Schadstoffe durch Oxidationsreaktionen in unschädliche Bestandteile zerlegt werden, weshalb sie einen interessanten Ansatz für die Wasseraufbereitung darstellt. „Die Ergebnisse bestärken uns in unserer Annahme, dass innovative physikalische Verfahren wie zum Beispiel Plasma zur Dekontamination von Wasser eine Alternative zu herkömmlichen Methoden sein können. Wir sind damit dem Ziel, Wasser von Agrarchemikalien zu reinigen, aufzubereiten und wieder zurückzuführen, einen großen Schritt nähergekommen“, sagt Marcel Schneider vom Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e.V. (INP).
Um die neuen physikalischen Methoden ausgiebig testen zu können, hat der Projektpartner Harbauer GmbH einen Demonstrator konstruiert. In diesem sind insgesamt acht verschiedene Technologien verbaut. Zum einen die für eine Wasseraufbereitung etablierten Technologien wie Kiesfilter, Spaltrohr, UV-Behandlung, Ultrafiltration, Ozon und Aktivkohlefilter und zum anderen die zwei neuen Verfahren – der Einsatz von Plasma und Ultraschall. Beide gilt es noch weiter zu optimieren. Der Prototyp ermöglicht nicht nur das Testen der neuen Methoden, sondern auch einen Vergleich und die Kombination mit etablierten Verfahren unter realistischen Bedingungen.
Abwasseraufbereitungsanlage auf dem Prüfstand
Nachdem der Demonstrator zunächst erfolgreich auf dem Gelände der rübenverarbeitenden Fabrik für das Reinigen des Prozesswassers eingesetzt wurde, steht er mittlerweile auf dem Gelände der Braumanufaktur Störtebeker GmbH in Stralsund. Hier soll nun ein Kubikmeter Wasser pro Stunde durch den Demonstrator laufen und aufbereitet werden.
„Unsere Brauerei zeichnet sich durch innovative Brauspezialitäten mit den besten Rohstoffen aus. Wasser spielt im gesamten Produktionsprozess eine herausragende Rolle. Wir sind sehr daran interessiert, unseren Beitrag für Nachhaltigkeit und Umweltschutz zu leisten und Frischwasser einzusparen, indem es insbesondere durch eine physikalische Aufbereitung wiederverwendet werden kann.“ Die positiven Ergebnisse und das Interesse für die neue Technologie zeigen das enorme Potential der neuen physikalischen Verfahren der Abwasseraufbereitung.
Bedeutung einer nachhaltigen Abwasseraufbereitung
Der Einsatz von Chemikalien in der Abwasseraufbereitung kann sich negativ auf die Umwelt auswirken, insbesondere wenn Rückstände in Gewässer gelangen. Die neuen physikalischen Verfahren, wie der Einsatz von Plasma, ermöglichen hingegen die Reinigung, Aufbereitung und Rückführung von Ab- beziehungsweise Prozesswasser und schonen dabei die Umwelt.
Das Projekt Physics & Ecology ist ein Teilprojekt des Projekts Physics for Food, das im Jahr 2018 startete. Es wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Initiative ‚WIR! – Wandel durch Innovation in der Region‘ gefördert.