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Grundwasser- und Bodenschutz 01.06.2019, 00:00 Uhr

Blubbern für die Dichtheit

Die Luftprüfung erlaubt, großflächige etwa Dichtflächen und deren Fugen schnell und zerstörungsfrei auf Dichtigkeit zu untersuchen. Dies schützt Böden und Gewässer kostengünstig vor Verunreinigung durch Diesel und Ottokraftstoff.

Per Luftprüfung wird großflächig nach undichten Stellen gefahndet. Bild: envisafe EXPERTS KG

Per Luftprüfung wird großflächig nach undichten Stellen gefahndet. Bild: envisafe EXPERTS KG

Abfüllflächen an Tankstellen sind immer wieder auf Undichtigkeiten zu untersuchen, damit wassergefährdenden Stoffe wie Diesel oder Ottokatstoff nicht in den Boden und das Grundwasser eindringen kann. Solche Anlagen unterliegen besonderen gesetzlichen Anforderungen. Es dürfen weder Böden noch Gewässer beeinträchtigt werden. Konkretisiert werden diese Anforderungen in der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) und einer Vielzahl technischer Regeln. Zentral ist hier das Arbeitsblatt 786 „Technische Regel wassergefährdender Stoffe – Ausführung von Dichtflächen“ der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) – kurz „TRwS 786“. Dort steht, welche flüssigkeitsdichten Flächen sich für welche Beanspruchung eignen. In Frage kommen etwa Gussasphalt, Ortbeton, Beschichtungssysteme auf Beton, Stahl oder Kunststoffbahnen.

Für neue Flächen gibt die TRwS 786 vier Varianten vor, deren Dichtheit zu prüfen . Für vorhandene Dichtflächen aus Beton gilt, dass sofern durch visuelle Begutachtung keine Mängel festgestellt werden, meist keine weiteren Nachweise erforderlich sind. Die Dichtflächen gelten dann als flüssigkeitsundurchlässig.

Eine visuelle Beurteilung ist aber subjektiv und oft schwierig durchführbar – auch wenn hier das DWA-Arbeitsblatt 781 „Tankstellen für Kraftfahrzeuge“, also die „TRwS 781“, Hilfestellung gibt. Dort steht etwa, dass der Sachverständige den ordnungsgemäßen Zustand der Dichtfläche durch Inaugenscheinnahme prüft und dabei insbesondere auf Risse im Beton sowie und Fehlstellen wie Abplatzungen, Hohlstellen, Kiesnester und Auswaschungen sowie auf Setzungserscheinungen achtet.

 

Doch Betonoberflächen an Tankstellen sind im Allgemeinen mit einem Besenstrich versehen. Ein solcher Besenstrich verbessert die Griffigkeit. Aber bei solchen Flächen sind Risse in Verbindung mit der üblichen Verschmutzung durch Sand und Splitt oftmals nur schwer auszumachen sind. Zudem können durch unzureichende Nachbehandlung des Betons so genannte Krakelee-Risse entstehen. Diese sind oft zwar gut sichtbar, jedoch ist deren Risstiefe meist gering.

Risse, die zu Undichtigkeiten führen, lassen sich auf großen Flächen schnell mit der „Luftprüfung“ nachweisen. Insbesondere erlaubt diese die Inspektion von Undichtigkeiten, die visuell kaum erfasst werden können. Diese Prüfung wird in den Niederlanden und Belgien seit 1999 angewandt und wurde 2008 in der niederländischen Technischen Regel Akkreditationsschema zur Prüfung von Dichtflächen mit einem Luftprüfsystem, der „AS 6704“, beschrieben.

Mit dem Lufttestsystem aufzeigbare Leckagen. Grafik: envisafe EXPERTS KG

Mit dem Lufttestsystem aufzeigbare Leckagen. Grafik: envisafe EXPERTS KG

 

In Deutschland ist eine vergleichbare Prüfung zwar bei Dichtheitsprüfungen von Gasleitungen üblich: Hier werden Verschraubungen an Gaszählern und Gasgeräten nach der Montage mit schaumbildenden Mitteln geprüft. Luftprüfungen werden ebenfalls in der DIN-Norm „Verlegung und Prüfung von Abwasserleitungen und -kanälen“ (DIN EU 1610) beschrieben. Doch die Prüfung der Dichtheit von Betonflächen ist hierzulande kaum bekannt.

Dabei sind Luftprüfungen an Abfüllflächen von Tankstellen recht einfach durchzuführen. Dabei wird ein kontrollierter Überdruck unter die zu prüfende Fläche gebracht. Dazu wird die Fläche durchbohrt und mit Hilfe eines Kompressors der Prüfdruck unter der zu kontrollierenden Fläche aufgebaut. Da kein abgeschlossener Prüfraum vorhanden ist, dringt an luftdurchlässigen Stellen die eingeblasene Luft durch die Dichtfläche an die Oberfläche. Diese Luft wird auf der Oberfläche mit Hilfe von Seifenlauge sichtbar gemacht. Die verwendete Seifenlauge muss „abscheiderfreundlich“ sein, darf also keine Emulsionen bilden, keine halogenierten Kohlenwasserstoffen enthalten und biologisch abbaubar sein. Der Prüfdruck unterhalb der zu prüfenden Fläche beträgt mindestens 5 Millibar (mbar) , der maximale Druck wird berechnet und darf nicht überschritten werden. Aufgebaut wird der Druck über einen Messpunkt in der Fläche. Dieser Druck wird während der Messung aufrecht gehalten und in einem Messprotokoll dokumentiert.

Der Luftdruck verteilt sich kreisförmig unter der zu prüfenden Fläche. Grafik: envisafe EXPERTS KG

Der Luftdruck verteilt sich kreisförmig unter der zu prüfenden Fläche. Grafik: envisafe EXPERTS KG

 

Der Druck breitet sich in aller Regel gleichmäßig, ringförmig unter der Fläche aus (s. obere Graphik: roter Ring). Dies wird durch einen zweiten Messpunkt kontrolliert. Sollten bei Flächen mit großer Ausdehnung zur Aufrechthaltung des Prüfdrucks mehrere Messpunkte nötig sein, wird auch an dem jeweils anderen Messpunkt der Prüfdruck aufgebracht und dokumentiert. So lassen sich auch größere Flächen untersuchen (s. obere Graphik: blauer Ring). Nach Abschluss der Luftprüfung werden die Messpunkte wieder flüssigkeitsdicht verschlossen. Die Dichtigkeit der Oberfläche wird am Ende nach Häufigkeit und Dichte der Blasen beurteilt – ein Beurteilungsmaßstab bietet die niederländische Technische Regel AS 6704.

Luftprüfungen sind zur orientierenden Untersuchung von Dichtflächen geeignet, es ist mögliche Rissbilder einzugrenzen und zu definieren, Krakele-Rrisse lassen sich als solche definieren. Dichtflächen aus Beton, die bei der Luftprüfung keine oder geringe Schaumbildung zeigen, können gemäß dieser Untersuchung oft als flüssigkeitsdicht eingestuft werden.

In den Niederlanden und Belgien hat sich gezeigt, dass durch die Luftprüfung 75 Prozent weniger Mängel bei geringerem Reparaturaufwand und niedrigeren Kosten anfallen. Der Grund: Denn bei visuellen Prüfungen der Flächen werden optische Fehlstellen erkannt kund mit Hilfe des Rissbreitenlineals als Mangel beurteilt. Zirka drei Viertel dieser Mängel kann – so ein Erfahrungswert – dann aber mit der Luftprüfung als unkritisch charakterisiert werden; eine Reparatur ist nicht mehr nötig.

Vergleichende Untersuchungen

In den Niederlanden hat das Gutachterbüro G.J.L. van der Wegen aus Stein in der Provinz Limburg die Orientierungsmöglichkeit durch Luftprüfverfahren 2016 an drei unterschiedlichen Betonflächen getestet. Erst wurden diese einer Luftprüfung unterzogen worden. Dann wurden sieben Bohrkerne entnommen und einer Penetrationsprüfung nach der Richtlinie „Betonbau beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen“ des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton (DAfStb) untersucht. Das Ergebnis war, dass sich bei allen Proben die Beurteilungen der Luftprüfung mit denen der Penetrationsprüfungen nach DAfStb-Richtlinie decken. Daraus folgt, dass die Luftprüfung geeignet ist eine großflächige, schnelle und zerstörungsfreie Untersuchung der Dichtflächen zu ermöglichen. Etwaige Undichtigkeiten konnten genau lokalisiert und detektiert werden. Durch die punktgenaue Lokalisierung von Undichtigkeiten kann eine effiziente, kostensparende Sanierung erfolgen.

Von Friedrich-Wilhelm Laube, Timo Pflugbeil

Friedrich-Wilhelm Laube, envisafe Experts KG, öbuv Sachverständiger für Genehmigungsverfahren im Bereich Wasser, Essen, sowie Technischer Leiter der AwSV-Sachverständigen-Organisation, info@envisafe-experts.de & Timo Pflugbeil, Mall GmbH, AwSV-Sachverständiger, Nottuln