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Folge des Klimawandels 17.07.2023, 07:02 Uhr

Erderwärmung verändert das Blau und Grün der Meere

Mehr als die Hälfte der Ozeanflächen zeigen sich heute in einer anderen Farbe als noch vor zwanzig Jahren. Forschende haben auch eine mögliche Ursache für die Farbverschiebung gefunden: die Erderwärmung. Diese Entwicklung könnte noch weit mehr Auswirkungen mit sich bringen.

Ozean

Mehr Blau oder mehr Grün? Die Farbe der Meere hängt nicht nur von der Wolkendecke ab.

Foto: eranicle/panthermedia.net

Dem menschlichen Auge erscheint ein großer Teil der Ozeane blau. Ihre tatsächliche Farbe ist jedoch eine Mischung aus sieben sichtbaren Wellenlängen von Blau über Grün bis hin zu Rot. Dabei spiegelt die Meeresfarbe wider, was sich in den oberen Wasserschichten befindet: Ist das Wasser tiefblau, spricht dies für wenig Leben darin. Grünere Gewässer hingegen deuten vor allem auf Phytoplankton hin: Kleinstlebewesen, die das grüne Farbpigment Chlorophyll enthalten, mit dessen Hilfe sie Fotosynthese betreiben.

Seit zwei Jahrzehnten beobachten Forschende Farbverschiebungen in den Weltmeeren, die nicht auf natürliche Schwankungen zurückzuführen seien. Vor allem äquatornahe Ozeangebiete seien immer grüner geworden. Die veränderte Färbung deute darauf hin, dass sich auch die Planktongemeinschaften verändert hätten, so die Fachleute. Was genau derzeit in den Ozeanen geschieht, wissen sie noch nicht. Ihre Vermutung: Die Veränderungen gehen auf den Klimawandel zurück.

Zusammenhang von Erderwärmung und Ozeanen wird schon länger beobachtet

Mitautorin Stephanie Dutkiewicz, leitende Wissenschaftlerin im Department of Earth, Atmospheric and Planetary Sciences des MIT, führt seit Jahren Simulationen durch, die diese Entwicklung deutlich prognostiziert haben: „Dass wir sie jetzt erleben, ist nicht überraschend, aber erschreckend.“

Um den Zustand der Ozeane zu erfassen, beobachten Forschende weltweit insbesondere das Phytoplankton, um zu verstehen, wie dieses auf den Klimawandel reagiert. Dabei verfolgen sie Veränderungen des Chlorophylls, indem sie das Verhältnis von blauem und grünem Licht erfassen, das von der Meeresoberfläche reflektiert wird und vom Weltall aus beobachtet werden kann. Vor zehn Jahren zeigte jedoch eine Studie, dass die Beobachtung von Chlorophyll allein nicht reicht, um herauszufinden, ob Veränderungen in den Ozeanen mit dem Klimawandel in Zusammenhang stehen. Der Grund: Die natürlichen Schwankungen des Farbstoffs von Jahr zu Jahr sind so groß, dass sie die Effekte des Klimawandels über Jahrzehnte überlagern und verdecken würden.

Messungen aus dem Weltall zur Farbe der Ozeane

Einen schnelleren Weg zu neuen Erkenntnissen eröffnete 2019 eine Studie von Stephanie Dutkiewicz und ihre Kollegen und Kolleginnen: Sie wiesen mit einem neuen Modell nach, dass die natürlichen Schwankungen anderer Ozeanfarben viel geringer sind als die von Chlorophyll. Daraufhin beschloss das Forschungsteam, das gesamte Spektrum der Ozeanfarben auf einen Zusammenhang mit dem Klimawandel zu analysieren.

Dazu werteten die Forschenden zunächst Messungen der Meeresfarbe aus, die seit 2002 von einem Spektroradiometer an Bord des US-amerikanischen Forschungs-Satelliten Aqua aufgezeichnet werden. Erst analysierten sie die natürlichen Schwankungen der sieben Ozeanfarben in verschiedenen Regionen und ermittelten dann, wie sich die Schwankungen über zwei Jahrzehnte verändert hatten. Dabei entdeckten sie einen deutlichen Trend.

Um herauszufinden, ob dieser Trend mit dem Klimawandel zusammenhängen könnte, zog das Team um B. B. Cael vom National Oceanography Center in Southampton das neue Modell der Kollegin Stephanie Dutkiewicz aus dem Jahr 2019 heran. Damit lässt sich die Entwicklung der Ozeane unter zwei verschiedenen Szenarien simulieren: mit Treibhausgasen und ohne. Das Treibhausgasmodell prognostizierte einen signifikanten Trend innerhalb von 20 Jahren, der in etwa 50 Prozent der Weltmeere zu Veränderungen der Meeresfarbe führen sollte – eine fast genaue Übereinstimmung mit dem, was Cael bei seiner Untersuchung der Satellitendaten entdeckt hatte.

Fähigkeit der Ozeane, CO2 zu speichern, wird sich verändern

„Das zeigt: Die von uns beobachteten Trends sind keine zufälligen Schwankungen“, sagt Hauptautor Cael. „Sie stehen im Einklang mit dem anthropogenen Klimawandel.“ Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Überwachung der Meeresfarbe über das Chlorophyll hinaus eine deutlichere und schnellere Möglichkeit bieten könnte, durch den Klimawandel verursachte Veränderungen der Ökosysteme in den Ozeanen zu erkennen.

„Die Farbe der Ozeane hat sich verändert“, fasst Stephanie Dutkiewicz vom MIT zusammen. „Und wir können nicht sagen, wie. Aber wir können sagen, dass die Farbveränderungen Entwicklungen beim Plankton widerspiegeln, die sich auf alles auswirken, was sich davon ernährt. Diese Veränderungen werden auch beeinflussen, wie viel CO2 die Ozeane binden können. Denn die verschiedenen Planktonarten tun das unterschiedlich gut. Es sind nicht nur Modelle, die Veränderungen vorhersagen. Wir können gerade sehen, wie es geschieht.“

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Von Maike Petersen