Innovatives Textil entfernt Öl von Wasseroberflächen
Öl, das ins Meer gelangt, stellt eine große Gefahr für das gesamte Ökosystem dar. Die Beseitigung von Ölteppichen ist aufwendig und mit hohen Kosten verbunden. Nun haben Forschende ein von der Natur inspiriertes Textil entwickelt, mit dem sich Öl energiesparend, kostengünstig und ohne den Einsatz chemischer Substanzen von Wasseroberflächen entfernen lässt.
Die Förderung und der Transport des begehrtesten Rohstoffes der Welt geht seit jeher mit großen Risiken einher und hat bereits in der Vergangenheit zu fatalen Umweltkatastrophen geführt. Das Öl, das in den meisten Fällen durch Schiffskollisionen, Unfälle auf Bohrinseln oder marode Pipelines ins Meer gelangt, bildet einen dünnen Film auf der Wasseroberfläche, den sogenannten Ölteppich. Seine Beseitigung gestaltet sich oft schwierig und geht mit hohen Kosten einher. In vielen Fällen werden energieintensive Maschinen eingesetzt, die das Öl von der Wasseroberfläche absaugen. Häufig kommen auch Chemikalien zum Einsatz, die das Öl zunächst in kleinere Bestandteile zersetzen. Die kleineren Tropfen haben eine größere Oberfläche, was den biologischen Abbau des Öls durch Mikroorganismen erleichtern soll. Diese Art der Ölentfernung ist jedoch besonders umstritten.
Forschende des Instituts für Textiltechnik der RWTH Aachen (ITA), der Universität Bonn und der Heimbach GmbH haben nun eine umweltschonende Methode entwickelt, mit der sich Öl von Wasseroberflächen kostengünstig, energiesparend und ohne den Einsatz von Chemikalien entfernen lässt. In zwei bis drei Jahren soll das innovative Textil, das Öl aus dem Wasser aufnimmt, auf den Markt kommen.
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Öl-Wasser-Trennung: Von der Natur inspiriert
Die Natur diente schon häufig als Inspiration oder Vorbild von innovativen Technologien. Im Laufe der Evolutionsgeschichte haben sich die Oberflächen lebender Organismen perfekt an ihre Umwelt angepasst, sodass die Wissenschaft einiges davon lernen kann. So besitzen beispielsweise die Blätter des Schwimmfarns Salvinia molestra besondere Eigenschaften: Sie können Öl sehr schnell adsorbieren, es gleichzeitig von Wasseroberflächen separieren und es außerdem auf ihren Oberflächen transportieren. Vereinfacht gesagt: Hält man ein Blatt des Schwimmfarns in ein Glas Wasser, auf dem Öl schwimmt, bindet das Blatt ausschließlich das Öl an seine Oberfläche, ohne es ins Innere des Blattgewebes aufzunehmen. Das Blatt fungiert also als eine Art Schwamm, der nur das Öl aufnimmt.
Funktionsweise des technischen Textils
Für die neue Methode zur Entfernung von Ölteppichen auf Wasseroberflächen haben die Forschenden die Eigenschaften des Schwimmfarns auf ein technisches Textil übertragen. Dieses kann industriell hergestellt werden und ist daher auch leicht skalierbar. In Verbindung mit einem Behälter zur Öl-Wasser-Trennung wird das biologisch inspirierte Textil auch als Bionischer Öladsorber (BOA) bezeichnet. Dieser funktioniert ähnlich wie das Blatt des Schwimmfarns: Zuerst kommt das BOA in Kontakt mit dem Ölfilm auf dem Wasser. Das Öl wird daraufhin vom Textil adsorbiert und gleichzeitig vom Wasser getrennt. Auf diese Weise wird das Öl durch das Textil bis zum Auffangbehälter transportiert und tropft dann aus dem Textil dort hinein.
Vorteile der biologisch inspirierten Öl-Entfernung
Die Funktionsweise des technischen Textils zur Entfernung von Ölverschmutzung bietet gleich mehrere Vorteile. Einer von ihnen ist, dass die Methode keine zusätzliche Energie bedarf. Die Trennung von Öl und Wasser erfolgt allein durch die Oberflächeneigenschaften des Textils. Anschließend wird das Öl durch die Kapillarkräfte transportiert. Genauso gelangt das Öl allein durch die Schwerkraft in den Sammelbehälter. Auf diese Weise können mit einem einzigen kleinen Textil bis zu vier Liter Öl innerhalb einer Stunde entfernt werden. Das entspricht etwa einem 100-Quadratmeter großem Ölfilm auf einer Meeresoberfläche.
Doch nicht nur in puncto Energie überzeugt die neue Methode, auch im Hinblick auf die Kosten bringt das Textil Vorteile mit sich. Zwar sind herkömmliche Vliesstoffe, die üblicherweise für Ölsorptionsmittel verwendet werden, erstmal günstiger als BOA-Textilien. Da es sich jedoch um ein funktionelles Material handelt, müssen die Kosten im Verhältnis zur Menge des entfernten Öls betrachtet werden. In dieser Hinsicht ist das BOA-Textil mit zehn Cent je Liter etwa fünf bis 13 Mal kostengünstiger als herkömmliches Vlies. Insgesamt ist das Forschungsteam von diesen Vorteilen ihrer Methode überzeugt:
- Das technische Textil hinterlässt keinen Abfall und keine Rückstände in den Gewässern.
- Die Textilien können mehrfach eingesetzt werden.
- Die Methode kommt ohne den Einsatz von Energie aus.
- Es handelt sich um eine kostengünstige Methode im Hinblick auf die Menge des entfernten Öls.
- Die Methode ist anpassungsfähig.
Zusammengefasst ist die neue Methode zur Beseitigung von Ölteppichen energiesparend, kostengünstig und damit auch deutlich nachhaltiger als viele gängige Methoden. Zudem können technische Textilien in verschiedenen Formen und Größen hergestellt werden, um den Anforderungen unterschiedlicher Umgebungen gerecht zu werden.