Methanfressende Bakterien in Seen bekämpfen den Klimawandel
Eine neue Studie zeigt, wie bestimmte Bakterien in Seen klimaschädliches Methan abbauen und so dessen Freisetzung in die Atmosphäre verhindern. Eine bahnbrechende Entdeckung mit weitreichenden Folgen für das Verständnis natürlicher Klimaregulationsprozesse.
In Seen vollzieht sich ein faszinierender Prozess, bei dem winzige Lebewesen eine entscheidende Rolle im Kampf gegen die globale Erwärmung spielen. Methanotrophe, spezielle Bakterien mit der Fähigkeit, Methan zu verstoffwechseln, erweisen sich als unerwartete Verbündete bei der Eindämmung von Treibhausgasen. Forschende des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie in Bremen und der Schweizer Eawag haben sich intensiv mit den Mikroben auseinandergesetzt. Sie zeigen, dass Methanotrophe effektiver als bisher angenommen darin sind, die Freisetzung des klimaschädlichen Methans aus Gewässern zu verhindern. Diese Mikroorganismen fungieren dabei als natürliche Methanfilter, indem sie das Gas für ihr Wachstum und ihre Energiegewinnung nutzen und somit dessen Eintritt in die Atmosphäre unterbinden. Die Untersuchungen offenbaren zudem, dass Methanotrophe weitaus anpassungsfähiger und einflussreicher sind als bisher angenommen.
Bakterien wandeln Methan in Kohlendioxid um
Der Zugersee in der Schweiz diente als natürliches Labor für die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen. Mit einer Tiefe von nahezu 200 Metern bietet er ab etwa 120 Metern eine dauerhaft sauerstofffreie Umgebung. Überraschenderweise fanden die Forschenden in diesem anoxischen Milieu aerobe methanoxidierende Bakterien (MOB), die eigentlich Sauerstoff benötigen.
Im Mittelpunkt der Untersuchungen stand also die Frage, wie diese Mikroorganismen in sauerstofffreiem Wasser überhaupt Methan abbauen können. Um Licht ins Dunkel zu bringen, verwendeten die Forschenden mit schweren Kohlenstoffatomen markiertes Methan und verfolgten dessen Weg durch die Bakterienzellen mittels hochmoderner Instrumente. Die Ergebnisse waren verblüffend: Die Methanotrophen zeigten sich in der Lage, das klimaschädliche Methan in das weniger bedenkliche Kohlendioxid umzuwandeln und einen Teil des Kohlenstoffs direkt in ihre Zellstruktur einzubauen. Durch den Einsatz fortschrittlicher Techniken wie Metagenomik und Metatranskriptomik konnten die Forschenden die von den Bakterien genutzten Stoffwechselwege entschlüsseln. Diese Erkenntnisse eröffnen neue Perspektiven auf die Rolle der Methanotrophen im globalen Kohlenstoffkreislauf und ihre Bedeutung für die Klimaregulation.
Methanotrophe verfügen über eine hohe Anpassungsfähigkeit
Darüber hinaus brachten die Untersuchungen eine weitere überraschende Entdeckung zutage. Nur eine spezifische Gruppe der Methanotrophen, charakterisiert durch ihre markante längliche Zellform, zeigte sich in der sauerstofffreien Umgebung dauerhaft aktiv. „Zu unserer Überraschung waren diese Zellen unter oxischen und anoxischen Bedingungen – also mit und ohne Sauerstoff – gleichermaßen aktiv. Wenn wir also in anoxischen Gewässern geringere Raten der Methanoxidation messen, liegt das vermutlich daran, dass es dort weniger dieser besonderen stäbchenförmigen Zellen gibt und nicht etwa an einer geringeren Aktivität der Bakterien“, sagt Sina Schorn von der Universität Göteborg.
Die Stoffwechselfähigkeiten dieser Bakteriengruppe überraschte das Forschungsteam. Genetische Analysen offenbarten, wie die Methanotrophen auf Sauerstoffmangel reagieren. Sie entdeckten Gene, die eine spezielle methanbasierte Fermentation ermöglichen – ein Prozess, der bisher nur im Labor, nicht aber in der natürlichen Umwelt nachgewiesen wurde. Zusätzlich fanden sie Gene für die Denitrifikation, die es den Bakterien erlauben, Nitrat anstelle von Sauerstoff zur Energiegewinnung zu nutzen. Diese metabolische Vielseitigkeit der Methanotrophen unterstreicht ihre Bedeutung für die Reduzierung von Methanemissionen in verschiedenen aquatischen Ökosystemen.
Bakterien als Chance gegen den Klimawandel
Die Fermentation durch Methanotrophe eröffnet neue Perspektiven auf den Kohlenstoffkreislauf in Seen. Durch diesen Prozess setzen die Bakterien vermutlich Substanzen frei, die von anderen Mikroorganismen genutzt und in deren Zellen eingebaut werden können. Dadurch wird der aus dem klimaschädlichen Methan stammende Kohlenstoff länger im See zurückgehalten und gelangt nicht in die Atmosphäre. Diese bisher unberücksichtigte Kohlenstoffsenke in anoxischen Lebensräumen muss laut den Forschenden in zukünftige Berechnungen einbezogen werden, um ein vollständigeres Bild der Methandynamik in aquatischen Ökosystemen zu erhalten.
Das Bremer Forschungsteam hat damit nicht nur aufgedeckt, welche Bakterienart Methan in sauerstofffreien Umgebungen abbaut, sondern auch wie dieser Prozess abläuft. Angesichts der prognostizierten Zunahme anoxischer Bedingungen in Seen gemäßigter Regionen gewinnt die Rolle der Methanotrophen weiter an Bedeutung. Ihre Fähigkeit, Treibhausgasemissionen zu mindern und Kohlenstoff zu speichern, könnte in Zukunft einen noch größeren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Diese Erkenntnisse unterstreichen die Notwendigkeit, die komplexen mikrobiellen Prozesse in aquatischen Ökosystemen bei der Entwicklung von Strategien zur Bewältigung des Klimawandels zu berücksichtigen.