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Messdaten-Ansatz 06.02.2023, 07:00 Uhr

Neue Messdaten zeigen: Klimawandel hat verheerende Auswirkungen auf die Wasserversorgung

Der Klimawandel beeinflusst den Wasserkreislauf und führt damit zu Veränderungen im Abfluss von Flüssen und Bächen. Die Gewässerökosysteme reagieren jedoch weitaus sensibler auf die fortschreitende Erderwärmung als bisher gedacht – das zeigen nun neue Datenanalysen der TU Wien.

Niedriger Wasserstand

Die durch den Klimawandel veränderte Luftzirkulation beeinflusst auch die Wassermenge in den Flüssen.

Foto: PantherMedia / Vintika

Die Auswirkungen des Klimawandels sind weitreichend: steigende Temperaturen, die Zunahme und Intensivierung von Naturkatastrophen, der Anstieg des Meeresspiegels und tiefgreifende Veränderungen der Ökosysteme. Vor allem Gewässerökosysteme sind von den Auswirkungen der globalen Erwärmung betroffen. Die Folge sind unter anderem abweichende Niederschlagsmuster und Verdunstungsprozesse, die wiederum den Abfluss von Flüssen und Bächen verändern.

Nun zeigen jedoch neue Datenanalysen der Technischen Universität (TU) Wien, dass die Wasserökosysteme sensibler als gedacht auf die sich verändernden Klimaparameter reagieren. Zudem ist das Risiko für lokale Wasserkrisen wie Überschwemmungen oder Dürren höher, als es die bisherigen Prognosen vermuten ließen.

Für eine sichere Wasserversorgung

Über 9.500 Einzugsgebiete liefern aussagekräftige Messdaten

Globale Klimamodelle helfen dabei, Natur und Ursachen des globalen Klimawandels zu verstehen und mögliche Entwicklungen und Prognosen abzubilden. Dabei werden die meisten Vorhersagen auf Basis physikalischer Modelle berechnet. Diese Methode wird auch vom Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) verwendet. Das IPCC ist eine internationale Organisation, die regelmäßig über den aktuellen Kenntnisstand des Klimawandels und seine Auswirkungen informiert. Doch die neuen Datenanalysen, die unter der Leitung von Professor Günter Blöschl von der TU Wien durchgeführt wurden, zeigen, dass der Klimawandel in noch stärkerem Ausmaß als erwartet zu lokalen Wasserkrisen führen kann und bisherige Modelle diese Gefahr unterschätzt haben.

Der Grund dafür ist, dass das Wasservorkommen von vielen verschiedenen Parametern wie der Niederschlagsmenge, der Temperatur, aber auch von der Bodenbeschaffenheit oder Vegetation abhängt. So lässt sich anhand physikalischer Modelle zwar gut nachvollziehen, wie sich das Wasservorkommen in bestimmten Gebieten verändert, jedoch lassen sich keine globalen Schlüsse aus diesen Einzelbeobachtungen ziehen. „Wie der Wasserhaushalt von äußeren Parametern abhängt, ist von Ort zu Ort unterschiedlich, auch die lokale Vegetation spielt hier eine sehr wichtige Rolle“, sagt Professor Blöschl vom Institut für Wasserbau und Ingenieurhydrologie der TU Wien.

Um herauszufinden, wie sich der Klimawandel in Zukunft auf die Verfügbarkeit von Wasser auswirkt, hat das Forschungsteam der TU Wien Messdaten von über 9.500 hydrologischen Einzugsgebieten aus der ganzen Welt untersucht. Zusammen mit Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen aus Saudi-Arabien, Australien, China und den USA arbeitet Blöschl an einer möglichst großen Datenbank über hydrologische Einzugsgebiete.

Wie sich die Wasserverfügbarkeit durch Wiederaufforstung verändert

Gewässerökosysteme reagieren sehr sensibler auf den Klimawandel

Die von der TU Wien vorgenommene Datenanalysen stützen sich demnach nicht auf ein physikalisches Modell, sondern auf tatsächliche Messungen. „Wir sehen uns an, wie stark sich die Menge des verfügbaren Wassers in der Vergangenheit geändert hat, wenn sich äußere Bedingungen änderten. Wir können dadurch also herausfinden, wie sensitiv Änderungen von Klima-Parametern mit einer Änderung der lokalen Wasser-Verfügbarkeit zusammenhängen. Und das erlaubt uns dann auch Vorhersagen für die Zukunft, in der sich das globale Klima erwärmt haben wird“, sagt Blöschl.

Die Ergebnisse der Untersuchung sind eindeutig: Die Gewässerökosysteme reagieren viel sensibler auf die Auswirkungen des Klimawandels als bisher angenommen. So haben die Auswertungen gezeigt, dass Niederschlag und Wassermenge in den Flüssen in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen, der in diesem Ausmaß keine Berücksichtigung in bisherigen Prognosemodellen gefunden hat. „Bisher gehen in die Modelle, wie sie auch das IPCC derzeit verwendet, auf Abflussmessungen meist gar nicht ein“, sagt Blöschl. Jetzt ist der Wissenschaftler aber optimistisch, dass mithilfe der neuen Messdaten die physikalischen Modelle angepasst werden können.

Weltwassertag: Forscher zeigen alarmierende Auswirkungen der Wasserknappheit auf

Die Wasserversorgung wird immer unsicherer

Dürren und Überschwemmungen wirken sich sowohl auf die Verfügbarkeit als auch auf die Qualität von Wasser aus. Die Datenanalyse des Forschungsteams um Blöschl zeigt deutlich, dass diese Gefahr bislang unterschätzt wurde. Laut der Untersuchung wird vor allem in Australien, Afrika und Nordamerika das Risiko für Wasser-Versorgungskrisen bis 2050 deutlich zunehmen. Um eine sichere Wasserversorgung auch in Zukunft gewährleisten zu können, ist es wichtig, Anpassungsstrategien zu entwickeln. Prognosen über das Wasservorkommen, die auf tatsächlichen Messungen beruhen, sind auf diesem Weg ein entscheidender Schritt.

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Von Ines Klawonn