Wie kann das Stadtklima Starkregen und Hitzeperioden abpuffern?
Nicht erst die jüngsten Flutereignisse in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz zeigen, dass bei der Stadtentwicklung neue Faktoren berücksichtigt werden müssen. Neben Starkregen nehmen auch Hitzeperioden zu – als Folgen des Klimawandels. Damit müssen Städte künftig umgehen. Welche Lösungen gibt es?
Ein Konsortium aus acht Forschungseinrichtungen und aus Planungs- und Ingenieurbüros inklusive der Fachgebiete Siedlungswasserwirtschaft und Ökohydrologie und Landschaftsbewertung der Technischen Universität Berlin (TU) erforscht, wie sich Stadtentwicklung verändern muss, damit Metropolen mit den Folgen des Klimawandels besser zurechtkommen. Das Projekt „BlueGreenStreets“ wird im Rahmen des Programms „Ressourceneffiziente Stadtquartiere für die Zukunft“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
Die Beteiligten sind sich einig, dass Hitzeprävention und Vermeidung von Überflutungen bei Starkregen transdisziplinär erforscht und Flächen wie der Straßenraum multifunktional werden müssen. „Für die Stadtentwicklung heißt das, dass vielfältige Strategien gleichzeitig und gleichranging verfolgt werden müssen, damit sich die Städte diesen Klimafolgen anpassen können. Für die Nutzung städtischer Flächen bedeutet das, dass Straßen, Dächer, Fassaden, Gehwege, Spielplätze, Grünflächen, Parks, Parkplätze – nicht mehr nebeneinander, sondern in Bezug zueinander entwickelt und diese Flächen multifunktional genutzt werden müssen“, sagt Matthias Barjenbruch. Er ist Professor für Siedlungswirtschaft an der TU Berlin und an dem Projekt „BlueGreenStreets“ beteiligt.
Wasser ableiten und speichern – so nutzt es auch dem Stadtklima
Nach den Ideen des Konsortiums erfüllen Straßen künftig neue, wichtige Aufgaben. Sie werden zu sogenannten Retentionsräumen. Das bedeutet, sie sind in der Lage, bei Starkregen das Wasser entweder zurückzuhalten oder gezielt abzuleiten. Möglich werde dies, indem Parkabstände für Autos tiefergelegt würden und das Regenwasser so neben der Straße versickern könne, schreiben die Projektverantwortlichen. Auch der Einbau von Mittelrinnen in Form eines V-Profils sei denkbar. Dann werde die Straße automatisch zu einem Notwasserweg. Das sorge dafür, dass Regenwasser kontrolliert auf angrenzende Freiräume, zum Beispiel Parks und Grünflächen, Spielplätze oder unversiegelte Parkplätze geleitet werden könnte, wo es dann versickere.
Das schütze einerseits Häuser, Straßen und auch die Kanalisation vor Überflutung – und reduziere damit auch daraus entstehende Schäden. Andererseits könne das versickerte Regenwasser bei der nächsten Hitzeperiode verdunsten und kühle so die Stadt, hofft das Projektteam.
Bäume sind für das Stadtklima von großer Bedeutung
Nicht nur Straßen erhalten in dem Konzept eine weitere Funktion, sondern auch Bäume. Sie sollen als Zwischenspeicher dienen. Dafür sind Versickerungsbaumgruben in unterschiedlichen Varianten notwendig. Einer dieser Typen ist sogenannte Baumrigolen: Versickerungsflächen, die Regenwasser zum Beispiel von Dachflächen und Parkplätzen zu Bäumen leiten. Ein Drainagesystem sorgt unterirdisch für die Be- und Entwässerung der Baumrigolen. So erhält der Baum auch während Hitzeperioden ausreichend Wasser und sei damit weiterhin ein wichtiges Element, um die starke Erhitzung von Gehwegen und Straßen abzuschwächen. Denn Straßenbäume gewährleisten die notwendige Verschattung, Verdunstung und damit auch Kühlung einer Stadt.
Die Baumrigolen müssten so angelegt werden, dass sie den Wurzeln auch ausreichend Platz einräumen. Diese sind lebenswichtig für die Bäume. Die Menschen in einer solchen Stadt profitierten von einem angenehmeren Klima und erlebten auch mehr Qualität beim Aufenthalt im Straßenraum.
Bäume und Wasser sind gleichermaßen wichtig fürs Stadtklima
Die ersten Konzepte des Konsortiums belegen, dass urbane Vegetation und urbanes Wasser definitiv zusammenhängen. Gerade bei Starkregen und Hitzeperioden zeige sich, dass entsiegelte Flächen und intaktes städtisches Grün einen wichtigen Beitrag leisten könne, so das Projektteam. Ebenso bedeutsam sei die gezielte Nutzung des Regenwassers, um das städtische Grün zu erhalten. Schließlich brauche es unbedingt die Möglichkeiten der Versickerung, der Verdunstung und der Speicherung von Regenwasser.
„Ziel von Stadtentwicklung muss es deshalb zukünftig sein, die urbane Vegetation mit der urbanen Wasserinfrastruktur zu koppeln, was bislang kaum geschieht, aber nur so können Starkregen und Hitzeperioden von der Stadt abgepuffert werden“, sagt Matthias Barjenbruch. Sein Team untersucht innerhalb des Projekts „BlueGreenStreets“ die Schadstoffbelastung des Straßenwassers. Mit dem Wasserverbrauch und den Verdunstungsleistungen von Stadtbäumen und Fassadenbegrünungen im urbanen Raum beschäftigt sich das Team des Fachgebiets Ökohydrologie und Landschaftsbewertung unter der Leitung von Eva Paton, Professorin für Hydrologie.
Mehr zum Klimawandel in der Stadt:
- Klimawandel: An diese Folgen hat bislang niemand gedacht
- Klimaschutzziele: Forschungskonsortium fordert schnelles Handeln
- Stadtentwicklung im Klimawandel – Umsetzungsbeispiel Innenentwicklung