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Emissionen senken 16.01.2024, 09:43 Uhr

Heizungstechnik für effizientere Dieselmotoren

Neue Umweltgesetze bringen technische Herausforderungen für leistungsfähige Dieselmotoren mit sich. Automobil- und Lkw-Hersteller müssen zusätzliche Systemelemente einführen, um die Forderungen zu erfüllen. Vorgestellt wird eine fortschrittliche Strategie zur Abgasheizung, um die katalytische Aktivität zu steigern.

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Schwerer Lkw: Da die Motoren immer effizienter geworden sind, ist die Temperatur der Abgase entsprechend gesunken. Für Abgasnachbehandlungssysteme wird es dadurch immer schwieriger, NOx aus den Emissionen zu entfernen.

Foto: Watlow

Motorenhersteller stehen vor neuen Herausforderungen durch verschärfte Gesetze: Der Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) und Stickstoffmonoxid (NOx) muss strengere Normen erfüllen. Gleichzeitig resultiert aber die größere Motoreffizienz in entsprechend niedrigeren Abgastemperaturen. Deshalb ist die katalytische Aktivität geringer. Dies ist besonders für die NOx-Emissionen beim Kaltstart und bei Schwachlastzyklen bedenklich, da das Abgasnachbehandlungssystem eine hohe thermische Trägheit hat. Deshalb untersucht Jeff Diestelmeier, Vice President und General Manager der Geschäftseinheit Energie und Umwelttechnologien beim Industrietechnologieunternehmen Watlow, wie Heiztechnik die Effizienz von Dieselmotoren verbessern kann.

Design-Herausforderungen im Motorenbau

In der Vergangenheit war es Herstellern von schweren Nutzfahrzeugen möglich, die Emissionsnormen durch geringfügige, inkrementelle Verbesserungen an den Motoren selbst zu erfüllen. Die neueren, strengeren Normen erfordern aufgrund der mit ihnen einhergehenden technischen Herausforderungen einen ganzheitlicheren „Systemansatz“. Automobil- und Lkw-Hersteller müssen ihr Augenmerk auf weitere Elemente – wie eine leistungsfähige Abgasheizung – richten. Eine fortschrittliche Heizstrategie hat sich bereits als effizientestes Mittel für die Erfüllung dieser NOx-Emissionsnormen erwiesen. Eine kleine, am Eingang des Nachbehandlungssystems angeordnete Heizung ermöglicht ein schnelles und effizientes Erwärmen, auch bei Kaltstart und Schwachlast. Der Realisierung dieser Art von Heizung stand jedoch im Weg, dass eine praktikable Stromversorgung und Steuerung gefunden werden musste.

Neuere Tests haben gezeigt, dass sich ein lediglich über eine herkömmliche Lichtmaschine oder eine Batterie gespeistes Heizelement effektiv zur Erwärmung der Abgase nutzen lässt und die Emissionsnormen in Fahrzeugen erfüllt, die in der Regel im städtischen Betrieb eingesetzt werden, wie zum Beispiel in Kehrmaschinen und Bussen des öffentlichen Nahverkehrs.

Stadtbusse sind ein ideales Forschungsobjekt, um die Wirkung des „Eco-Heat“-Abgasheizungssystems zu überprüfen.

Foto: Watlow

Der Einsatz einer kleinen Elektroheizung im Abgasnachbehandlungssystem von schweren Dieselfahrzeugen könnte die Lösung eines drohenden technischen Problems im Nachfeld der Umweltgesetzgebung sein. Die Integration dieser Heizungen in Neukonstruktionen soll das letzte „Puzzle-Teil“ sein, das Dieselmotoren in Einklang mit den geltenden Gesetzen bringt, und eine innovative Möglichkeit, sie effizienter zu machen.

Gesetzliche Grenzwerte: deutliche Verschärfung ab 2025

Die europäischen Emissionsvorschriften wurden 1992 eingeführt, wobei die neueste und strengste Fassung, Euro 7, am 1. Juli 2025 in Kraft treten wird. Euro 7 übernimmt die niedrigsten Grenzwerte des Vorgängers Euro 6 und setzt sie für alle neuen Benzin- und Dieselfahrzeuge um. Alle Neuwagen, die ab 2025 verkauft werden, dürfen nicht mehr als 60 Milligramm NOx pro Kilometer ausstoßen, um die Anforderungen zu erfüllen. Hersteller, die diese Frist nicht einhalten, werden für zu hohe Emissionen bestraft.

Die gesetzlichen Auflagen werden weiter dadurch kompliziert, dass Dieselmotoren unter realen Bedingungen getestet werden müssen. Im Jahr 2016 wurden die Emissionsnormen mit Verordnung der Kommission (EU) geändert, um RDE (Real Driving Emissions)-Prüfungen (die Bestimmung von Emissionen im praktischen Fahrbetrieb) aufzunehmen. Mit diesen Prüfungen soll nachgewiesen werden, dass die Motoren die Abgasnormen nicht nur unter Laborbedingungen, sondern auch unter „realen“ Fahrbedingungen einhalten.

Ab dem 1. Juli 2025 gilt die strenge Norm Euro 7 für alle neuen Benzin- und Dieselfahrzeuge,

Foto: Watlow

Dies war Ansporn für das Industrietechnologieunternehmen, zu untersuchen, wie Heiztechnik die Effizienz von Dieselmotoren verbessern kann. Watlow wurde 1922 gegründet und entwickelt fortschrittliche Technologien für Anwendungen wie saubere und umweltfreundliche Energiesysteme und -prozesse, die Frontend-Halbleiterverarbeitung und medizinische Geräte. Das Unternehmen mit Hauptsitz in St. Louis/USA hält mehr als 1100 Patente. Es beschäftigt 6000 Mitarbeiter in 12 Produktionsstätten sowie fünf Technologie- und Entwicklungszentren in den USA, Mexiko, Europa und Asien. In Europa ist das Unternehmen über die Watlow Plasmatech GmbH in Kuchl, Österreich, präsent.

Für die neue Lösung ist systemisches Denken gefragt

Die Komplexität führt dazu, dass Hersteller allmählich an die Grenzen dessen stoßen, was mit Standardansätzen erreichbar ist. Tatsächlich haben die neuen Normen ab Euro 7 ein grundlegendes technisches Problem aufgedeckt. Da die Motoren effizienter geworden sind, ist die Temperatur der Abgase entsprechend gesunken, was zu einer geringeren katalytischen Aktivität geführt hat. Dies ist besonders hinsichtlich der NOx-Emissionen beim Kaltstart und bei Schwachlastzyklen bedenklich, wenn die thermische Trägheit des Abgasnachbehandlungssystems zunimmt. Anders ausgedrückt, sind die Abgasnachbehandlungssysteme mit steigender Effizienz der Motoren selbst immer schlechter darin geworden, NOx aus den Emissionen zu entfernen.

Zur Erfüllung der neuen Emissionsnormen sind neue Nachbehandlungsarchitekturen erforderlich, die in die Konstruktionen integriert werden müssen. Infolgedessen untersuchen die Techniker andere Elemente des Systems, insbesondere wenn es darum geht, die katalytische Aktivität im Nachbehandlungssystem zu erhöhen.

Die betreffenden Katalysatoren befinden sich im SCR (Selective Catalytic Reduction)-Filter im Abgasnachbehandlungssystem, das den Dieseloxidationskatalysatoren (DOC) und den Dieselpartikelfiltern (DPF) nachgeschaltet ist. DOC und DPF sind Wärmespeicher und neigen dazu, eine beträchtliche Menge an Wärme zu absorbieren, bis sie erwärmt werden. Es kann bis zu 300 Sekunden dauern, bis die SCR eine Temperatur erreicht, bei der der Katalysator NOx effizient aus dem Abgas entfernt.

Mehrere Ansätze gab es bereits, dieses Problem mit passiven Technologien für das Abgaswärmemanagement zu lösen; vor allem mit der Isolierung des Auslassrohrs, die enge Kopplung des Nachbehandlungssystems und die Minderung der thermischen Trägheit des DOC und DPF. Dabei hat sich gezeigt, dass nur eine geringere thermische Trägheit einen signifikanten Einfluss auf die SCR-Temperatur und den Wirkungsgrad hat – was nahelegt, dass ein aktiverer Ansatz erforderlich ist.

Elektroheizungen im Straßentest

Die Vorteile der Vorschaltung einer Elektroheizung vor den DOC in eigens dazu geschaffenen Modellen unter Beweis zu stellen, ist eine Sache. Der Nachweis, dass die NOx-Emissionen auch unter RDE-Bedingungen reduziert werden können, ist eine andere. Es gilt nicht nur, die Auswirkungen von geringeren Emissionen und einer gesteigerten Kraftstoffeffizienz zu validieren, sondern auch eine praxistaugliche Steuerung und Stromversorgung der Heizung zu demonstrieren.

Das Forschungsteam setzte zum Testen des Systems das „Eco-Heat“-Abgasheizungssystem von Watlow in einem 2017er Cummins ISB 6,7-Liter-Motor in einem partiellen Stadtbuszyklus ein.

Das Eco-Heat-System schaltet sich bei zu niedrigen Abgastemperaturen zu und wird über die Lichtmaschine mit Strom versorgt.

Foto: Watlow

Beim Eco-Heat-System handelte es sich dabei um eine 24– bzw. 48-V-Heizung, die bei zu niedrigen Abgastemperaturen zugeschaltet und über die Lichtmaschine mit Strom versorgt wird. Watlow stellte fest, dass sich die Heizung aufgrund ihres geringen Platzbedarfs problemlos in das Nachbehandlungssystem einfügen lässt. Die Heizung wurde zusätzlich mit einem intelligenten Stromschalter gekoppelt, um ihre Steuerung auf Basis von ECU-Daten zu ermöglichen.

Bei dem Test hatte das ohne Heizung in den DOC eintretende Abgas eine durchschnittliche Temperatur von 208 °C. Die zyklische Stromaufnahme der Heizung erhöhte sich bei abnehmender Motordrehzahl. Mit der Heizung wurde das in den DOC eintretende Abgas auf einer stabilen Solltemperatur von 275 °C gehalten. Das signifikante Ergebnis war, dass die Eintrittstemperatur am SCR bei Verwendung der Heizung um circa 45 °C höher war.

Fazit

Wer ein Dieselnutzfahrzeug für den europäischen Markt entwickeln will, muss den strengen Normen Rechnung tragen, die die jüngste Umweltgesetzgebung auferlegt. Zur Erfüllung dieser strengen Normen bedarf es mehr als nur ein paar einfacher Kniffe zur Optimierung der Motoreffizienz. Stattdessen ist ein systemischer Ansatz erforderlich. Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass ein integraler Bestandteil dieses Ansatzes eine kleine elektrische Zusatzheizung für die Nachbehandlungssysteme zur Unterstützung der katalytischen Aktivität im SCR sein wird.

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Von Watlow / Birgit Etmanski