Pressenlinie im XXL-Format bei Volkswagen
Im November 2015 traf sich der Fachbereich 2 der VDI-GPL zur turnusmäßigen Sitzung in Hannover. Als Ort des Treffens diente diesmal das Nutzfahrzeuge-Werk der Volkswagen AG (VWN) in Stöcken.
Die Veranstaltung fand im Namen von Dr.-Ing. Jens Reichel, Vorsitzender des Vorstands der VDI-GPL, und auf Einladung von Dipl.-Ing. Michael Deworetzki-Petersen, Fachreferat Benchmarking VWN, im „Lean-Center“ statt. Nach der Begrüßung durch Reichel folgte die Genehmigung der Tagesordnung und des Protokolls der letzten Sitzung. Deworetzki-Petersen stellte dann das Segment Nutzfahrzeuge (www.volkswagen-nutzfahrzeuge.de) sowie den Fertigungsstandort Hannover vor. Der Bereich bietet rund 310 verschiedene Modelle (mit Fahrzeugen für Gewerbetreibende, die Post oder das Gesundheitswesen, aber auch für große Familien) an und erwirtschaftete 2013 einen Umsatz von etwa 10 Milliarden Euro. Er wurde 1956 in Hannover als Produktionsstandort für VW-Busse gegründet und ist seit 1995 eine eigenständige Konzernmarke. Auf dem Werksgelände befinden sich unter anderem Presswerk, Karosseriebau, Montage, Gießerei und Lackiererei.
Themen aus dem VDI und den Fachausschüssen
Reichel zog anschließend ein Resümee der Sitzung des wissenschaftlichen Beirats. Diskutiert wurden die Studien „Strategie VDI 2020“ sowie „Produktion und Logistik in Deutschland 2025“, mit der der VDI mit seinen mehr als 150 000 Mitgliedern Handlungsempfehlungen an Politik und Wirtschaft geben will. Erörtert wurde die Zuarbeit aus dem Fachbereich 2 und die Weiterentwicklung in den Fachausschüssen.
Prof. Dr.-Ing. Heinz Voggenreiter hat als Nachfolger von Prof. Dr.-Ing. Ernst Schmachtenberg das Amt des Vorsitzenden des wissenschaftlichen Beirats des VDI übernommen. Das Jahresthema 2016 des VDI lautet „Digitale Transformation“. Bemängelt wurde, dass aktuell zu wenige Studenten/Jungingenieure bis zu 30 Jahren in den Beiräten der Fachgesellschaften vertreten sind. Anschließend stellten die Vertreter der einzelnen Fachausschüsse neue Richtlinien und aktuelle Themen aus ihren jeweiligen Bereichen vor. Als Termin für die anstehende Frühjahrssitzung wurde Anfang März 2016, voraussichtlich in Salzgitter, vorgeschlagen.
Neue Presse im Karosseriewerk
Ein besonderes „Highlight“ für die Sitzungsteilnehmer war dann der Besuch der neuen Servo-Pressenlinie, wofür auch ein längerer Fußmarsch durch die weitläufigen Hallen gerne in Kauf genommen wurde. Die Presse von Schuler war nach drei Jahren Planungs- und Bauzeit erst kurz zuvor von Dr. Josef Baumert, Produktionsvorstand VWN, und Stefan Schostok, Oberbürgermeister von Hannover, offiziell in Betrieb genommen worden und befand sich noch in der Erprobungsphase. Mit dieser Großinvestition sichert VWN die Wettbewerbsfähigkeit am Standort und stellt die Kontinuität in der Produktion sicher. Die intern „PXL“ (Pressenlinie extra large) genannte Anlage gehört zu den größten und modernsten in Europa und arbeitet besonders effizient sowie umweltfreundlich. Insgesamt rund 100 Mitarbeiter fertigen daran unter anderem Großteile wie Seitenwände und Dächer für den „T6“. Darüber hinaus entstehen auch Teile für den VW-Konzern, insbesondere für den „modularen Querbaukasten“ (ein Baukastensystem für Autos mit quer eingebauten Motoren und Getrieben).
Die Servo-Pressenanlage arbeitet flexibel bei hoher Prozesssicherheit. Der Pressvorgang lässt sich exakter steuern, was sich positiv auf die Qualitat der Bauteile auswirkt. Die maximale Ausbringung liegt bei 68 Teilen in der Minute. Dabei verbraucht sie bis zu 18 % weniger Energie als vergleichbare Pressenstraßen. Die PXL besteht aus sechs Einzelpressen, hat eine Gesamtpresskraft von 91 000 kN und wird angetrieben von 15 Torque-Motoren mit einem Drehmoment von insgesamt 600 000 Nm. Die Vorrüstzeit für die bis zu 65 t schweren Presswerkzeuge beträgt 110 min, der eigentliche Werkzeugwechsel benötigt nur 3 min.
In der neu errichteten „Halle 58“ steht eine Grundfläche von 194 m x 42 m (Höhe: 29 m) bereit. Rund 15 000 m3 Stahlbeton wurden verbaut. Großes Augenmerk galt dem Fundament (2,5 m dick auf 1,5 m Gründung), das die Vibrationsabsorbierung durch 24 Bohrpfähle von 35 m Länge sicherstellt. Die Presse nimmt in der Halle eine Grundfläche von 94 m x 22 m ein und wiegt 3300 t. Weiteres „Highlight“ ist das automatische Werkzeuglager. Der neue Kran greift über einen Datenspeicher auf die Lagerverwaltungssoftware zu und nimmt die benötigten Werkzeuge vollautomatisch auf, während er sich auf einer Spannweite von 38 m bewegt.