Moderne MES-Lösungen bieten Zukunftssicherheit im Maschinenbau
Zahlreiche „Hidden Champions“ sind im Schwäbischen zuhause – zum Beispiel ein Spezialist für Bandsägemaschinen. Wie bei vielen mittelständischen Industrieunternehmen gab es Optimierungsbedarf in Bezug auf die Prozessabläufe – gezeigt wird, wie das gelingt.
Die Firma Meba sawing solutions aus dem Alb-Donau-Kreis gehört ohne Zweifel zu den Hidden Champions: Das mittelständische Familienunternehmen, gegründet 1958, ist auf Metall-Bandsägemaschinen spezialisiert und ein Global Player im Maschinenbau. Seine Innovationskraft stellt das inhabergeführte Industrieunternehmen immer wieder unter Beweis. Zuletzt optimierte Meba seine Produktion mit einem modernen MES (Manufacturing Execution System), getreu dem Firmenmotto: „Mit Weitblick handeln… für die Zukunftssicherheit“.
Traditionell breit aufgestellt mit Sägelösungen und Dienstleistungen
Am Rande der 3000-Einwohner-Luftkurortgemeinde Westerheim auf der Schwäbischen Alb stehen die Werkshallen des Familienunternehmens. Hier dreht sich alles um die Metallverarbeitung in ihren verschiedenen Facetten. In den mehr als 60 Jahren seit der Gründung ging die Entwicklung vom handwerklich geführten Betrieb zu einem international agierenden Industrieunternehmen. Heute bietet der Hersteller eine komplette Produktpalette für Kunden aus dem Handwerk, dem Metall- und Stahlbau sowie der Groß- und Schwerindustrie. Rund 100 Mitarbeiter stellen Einzelsägen, Komplettanlagen mit Materialhandling und Längenmess-Systemen in nahezu allen Automatisierungsgraden bereit, ebenso wie vernetzte Sägelösungen und die dazugehörigen Dienstleistungen.
Tradition und Wandel spielen für den Global Player aus der schwäbischen Provinz gleichermaßen eine große Rolle. 2017 wurde offensichtlich, dass mit Blick auf die Qualitätssicherung und individuelle Kundenausrichtung die Zeit für mehr Digitalisierung gekommen war.
Die Zeit war reif für eine Prozessoptimierung
Wie in vielen mittelständischen Industrieunternehmen galt auch bei Meba in Bezug auf die Prozessabläufe: „Da geht noch mehr“. Das alte System, mit dem Maschinen und Montage-Arbeitsplätze verwaltet wurden, war in die Jahre gekommen. Vieles an anfallenden Daten wurde mühsam per Hand in „Excel“ ausgewertet.
In den 1980er Jahren hatte man in Westerheim vergleichsweise früh den Sprung in ein ERP (Enterprise-Resource-Planning)-System gewagt. Nun war die Zeit für Software-Neuerungen gekommen: Die bestehende Betriebsdatenerfassung erwies sich angesichts der diversifizierten Kundenwünsche und individuellen Herausforderungen als nicht mehr zukunftsfähig. Von einer neuen Investition in die Digitalisierung versprach man sich in der Führungsetage mehr Gestaltungsspielraum. Was in der Produktion fehlte, war die Transparenz im Monitoring von Mitarbeitern und Systemen. Im Hinblick auf die Nutzerorientierung und Industrie 4.0 galt es, „auf Kurs zu bleiben“ und die Prozesse zeitnah zu optimieren. Die Lösung: Ein passendes, „intelligentes“ MES zur besseren Erfassung von Maschinen- und Betriebsdaten und validen Auswertung.
Die Ausgangslage, kurz zusammengefasst, lautete:
- Das BDE-System und die Datenauswertung mittels Excel genügt nicht mehr den Anforderungen.
- Die Investition in neue Software sollte die Zukunftsfähigkeit sichern.
- Der Wunsch war: mehr Transparenz im Monitoring, eine bessere Erfassung von Maschinen- und Betriebsdaten sowie die valide Auswertung.
Bereits 2017 war durch eine Präsentation der erste Kontakt mit der Proxia Software AG aus dem Münchner Umland zustande gekommen. Das international tätige Software-Unternehmen entwickelt und integriert seit mehr als 30 Jahren MES-Lösungen für Fertigungs- und Produktionsunternehmen. Das MES dient als Informations- und Datendrehscheibe und bildet die Fertigung im Unternehmen zu jeder Zeit real ab.
Mit dem Angebot des Spezialisten, an die im Juli 2020 schließlich – mitten unter den für alle Branchen herausfordernden Ein- und Auswirkungen der Covid-19-Pandemie – der Auftrag erteilt wurde, war das richtige Produkt vom passenden Anbieter gefunden. Denn – und das gilt für viele inhabergeführte Familienunternehmen – eine solche Investition in ein neues System ist nicht alltäglich. Zwar hat man sich auf der Schwäbischen Alb Flexibilität und Beweglichkeit „auf die Fahnen geschrieben“, doch immer unter einer Prämisse: Neue Technologien erst zu beobachten und zu bewerten und dann das Nützliche kontinuierlich einfließen lassen.
Das Ziel: Transparenz schaffen, Prozesse genau abbilden
Die Anforderungen des Maschinenbauers an das Software-System waren vielfältig: Gearbeitet wird in Westerheim in der CNC-Fertigung mit BDE-Anbindung in Kombination mit Montagearbeitsplätzen (Handarbeitsplätzen); gewünscht war eine professionelle und moderne Maschinendatenerfassung (MDE) für die CNC-Fertigung; später kam aus der IT der Wunsch nach einer OPC-UA-Schnittstelle hinzu.
„Es ging uns ums Detail – wir mussten Transparenz schaffen und unsere Prozesse genau abbilden“, erläutert Betriebsleiter Freddy Wiume. Die verschiedenen Module der MES-Software-Suite sind von unterschiedlichsten Anforderungen und Prozessen produzierender Unternehmen inspiriert. So können individuelle, exakt dem Bedarf entsprechende Kundenlösungen implementiert werden. Die eingesetzten Module werden auf die zur Verfügung stehenden Daten und die spezifischen Prozesse abgestimmt. Damit gehören zeitintensive Rückfragen und Maschinenstillstände der Vergangenheit an.
Nach einer Betriebsbegehung mit dem erfahrenen Proxia-Projektleiter war der grobe Rahmen gesteckt. Wichtig war es, die Eigenheiten und Voraussetzungen beim mittelständischen Maschinenbauer im Vorfeld genau zu verstehen. Nach der umfangreichen Findungsphase ging die Umsetzung nun umso schneller. Ganz nach dem Motto „no news is good news” (Zitat von Meba-Geschäftsführer Mark Diener) lief die Implementierung fast durchweg geräusch- und reibungslos – die Prozesse wurden Schritt für Schritt angegangen und integriert. Ein gemeinsames Verständnis der Prioritäten und Ziele erleichterte dabei den Weg – gerade da mehrere Partner im Boot und viele Schnittstellen vorhanden waren.
Die Anforderungen auf einen Blick:
- Transparenz schaffen und Prozesse genau abbilden,
- moderne und sichere Maschinendatenerfassung (MDE) in der CNC-Fertigung durch die Verwendung des OPC-UA-Kommunikationsstandards,
- Kooperation mehrerer Partner für die Vernetzung verschiedener Systeme,
- Integration der Montagearbeitsplätze.
Modernes MES optimiert jetzt die Ressourcenplanung
Implementiert wurden nach zwei vor-Ort-Terminen und einigen Anpassungen im Unternehmen schließlich mehrere Komponenten: MDE (Maschinendatenerfassung), BDE (Betriebsdatenerfassung), Reports (Fertigungscockpit, OEE, …), Proxia-XI-Gateway, Monitor, Web. Das MDE sorgt dafür, dass die Maschinendaten dezentral analysiert und die Produktion optimiert werden kann. Mit diesem „Maschinen-EKG“ von lassen sich Maschinen und Anlagen perfekt überwachen.
Somit ist der zuständige Werker, genauso wie der Betriebsleiter, immer über den aktuellen Status der einzelnen Maschine und die Ausnutzung der Fertigungskapazität informiert. Während er sich wie gewohnt um seine Maschine kümmert, läuft die MDE-Erfassung automatisch im Hintergrund. So können die Fertigungsdaten im MES- oder PPS/ERP-System immer auf dem neuesten Stand gehalten werden – die Termintreue erhöht sich und die Produktivität steigt. Für eine bestmögliche Wertschöpfung lassen sich die Hauptzeiten maximieren.
Die Betriebsdatenerfassung erfasst den IST-Zustand in der Fertigung oder Montage direkt am Entstehungsort – manuell, halb- oder vollautomatisch in Kombination mit MDE. Alle Nutzer sind stets über den aktuellen Stand in der Fertigung informiert. Durch eine lückenlose Erfassung des Wertschöpfungsprozesses – von der Arbeitsgang-Anmeldung bis hin zur Abmeldung – lassen sich die Schwachstellen durch Frühwarn-, Monitoring- und Reporting-Möglichkeiten erkennen und schnell geeignete Maßnahmen einleiten.
Ein weiterer großer Vorteil liegt in der Vernetzung des BDE-Systems mit der Leitstand-Software oder einem ERP-System. Der bi-direktionale Datenaustausch erlaubt zudem Nachkalkulationen eines erledigten Auftrags. Erfahrungswerte aus der BDE führen zu realistischen Vorgabezeiten, was für die Planung künftiger Aufträge sehr wichtig ist. Auch als Grundlage für den KVP (kontinuierlichen Verbesserungsprozess) ist Proxia-BDE ein wichtiger Bestandteil. Sie bildet die Basis für Auswertungen und Kennzahlenberechnungen und dient als „Datengeber“ für den Fertigungsleitstand.
Da Industrie 4.0 Systeme die Kommunikation via „OPC-UA“ erwarten, viele Maschinen und Anlagen jedoch nur auf Basis anderer Technologien kommunizieren können, transformiert die XI-Gateway-Komponente verschiedene Kommunikationsarten und Protokolle in OPC-UA. Mit dem Gateway wird zum Beispiel „MTConnect“ umgewandelt und macht so Maschinendaten für Industrie 4.0-Systeme einfach und unkompliziert zugreifbar. Dies gestattet eine vertikale und horizontale Vernetzung, auch bei einem heterogenen Maschinenpark.
Kaum Schulungsaufwand dank intuitivem Bediensystem
Ein großer Vorteil der Lösungen liegt für Meba in der einfachen Anwendung. Der Schulungsaufwand im Unternehmen blieb dank des selbsterklärenden, intuitiven Bediensystems gering. Den Werkern konnte mit maximaler Transparenz und Unterstützung schnell auch die „Angst vor dem Neuen“ genommen werden. Da sich MES-Software und ERP-System ergänzen, sieht jeder Mitarbeiter selbst unmittelbar die Vorteile: Ein besserer Informationsfluss und die Option der Kommentierung machen es möglich, eventuellen Prozessabweichungen zeitnah zu begegnen und sofort gegenzusteuern. So lässt sich der Weg in die Digitalisierung erfolgreich gestalten.
Wenn die Chemie stimmt, sind beide Partner zufrieden
Wie sieht das Ergebnis aus? „Die Entscheidung für Proxia fiel damals aufgrund der sehr guten Beratung. Und das hat sich fortgesetzt: Die Betreuung durch unseren Projektleiter war ausgezeichnet, er war immer ansprechbar“, zieht der Betriebsleiter Wiume anderthalb Jahre nach der Einführung des Systems ein positives Resümee. Neben der „menschlichen Komponente“ wurden auch die technischen Erwartungen vollständig erfüllt. Die verschiedenen Schnittstellen miteinander zu kombinieren, war zwar eine Herausforderung, doch nun besteht Zugriff auf detaillierte Zahlen und valide Daten. Themen und Probleme lassen sich besser eingrenzen.
Der unmittelbare Erfolg zeigt sich in einer deutlichen Steigerung der Effizienz. Die Ressourcen können durch exakte Datenerfassung und sofortige Rückmeldung mithilfe von Live-Monitoring genauer geplant werden. Nicht nur die Produktion profitiert vom MES, sondern das ganze Unternehmen. Angewandt und genutzt werden die Daten – außer in der Fertigung – auch in der Projektkalkulation und im Einkauf. Das Reporting ist auf Knopfdruck nach ausgewählten Parametern schnell erstellt – zuvor war es mit viel Zeitaufwand und händischer Arbeit verbunden. Auch hier bringt die einfache Bedienbarkeit, die selbsterklärenden Bedienungsoberflächen und die Option der flexiblen Kommentierung und Anpassung durch Mitarbeiter vor Ort nur Vorteile.
Einen Rat hat der Meba-Betriebsleiter an andere Mittelständler in ähnlicher Situation: Die Systeme immer in der praktischen Anwendung anzuschauen, ideal sei ein Workshop zur Abklärung des konkreten Bedarfs und der Anforderungen. Denn nur so lässt sich im Vorfeld herausfinden: Was brauchen wir wirklich?
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