Optimierte Planungsabläufe als Erfolgsfaktor im Druckmaschinenbau
In der Arbeitsplanung hat „Tabellen wälzen“ Tradition, ist aber wenig effizient. Bei einem Lohnfertiger bringt eine Software mit modifizierbarer Datenbasis jetzt den Durchbruch: Für zahlreiche Fertigungsverfahren spart er Ressourcen und kalkuliert dabei mit exakten Zahlen.
Auf der Suche nach Erfahrungswerten verbringen Arbeitsplaner wertvolle Zeit – für im Ergebnis ungenaue und in der Fertigungspraxis wenig belastbare Werte. Geschildert wird, wie der Produktionsdienstleister manroland web production (mrwp) seine Arbeitsvorbereitung erfolgreich umgestellt hat – damit Arbeitsvorbereitung und Verkauf endlich „die gleiche Sprache sprechen“.
Dienstleister mit langer Historie und neuer Aufstellung
mrwp ist hervorgegangen aus der manroland web systems GmbH, dem Weltmarktführer im Bereich Rollenoffset-Druckmaschinenbau. Seit 2017 ist das Augsburger Unternehmen eine eigenständige Gesellschaft in der Possehl-Gruppe mit weltweit mehr als 12.500 Beschäftigten. Mit 170 Jahren Erfahrung im Maschinenbau fängt der moderne Betrieb Produktionsspitzen in regionaler Nähe ab oder wickelt sogar internationale Großaufträge für seine Kunden ab.
Die Produktionszahlen sind beeindruckend: Der Komplettlieferant für mechanische Komponenten – diese reichen vom Design über die Fertigung von Bauteilen bis hin zur Montage, Verdrahtung, Inbetriebnahme und Qualitätsprüfung – verbucht jährlich etwa 250.000 Fertigungsstunden. Dazu übernimmt er auf einer Fläche von 28.000 Quadratmetern Fertigungsleistungen in den Bereichen mechanische Fertigung, Blechtechnik, Oberflächentechnologien und Montage. Unterstützt werden namhafte Unternehmen aus Branchen wie Motorenbau, Werkzeugmaschinenbau oder Abfüll- und Verpackungsmaschinen.
Exakte Terminplanung als Basis für weiteres Wachstum
Die zuverlässige Termineinhaltung ist eine der Kernkompetenzen des Fertigungsunternehmens. Voraussetzung dafür ist eine belastbare Arbeitsvorbereitung. Ursprünglich arbeitete man dabei mit einer Softwarelösung, die einzelne Komponenten im Fräsbereich tabellarisch abbildete. „Außerdem haben wir viel auf Vergleichsarbeitspläne gesetzt und Zeitkalkulationen überwiegend aus Referenzwerten abgeleitet“, blickt Herbert Schalk, Arbeitsplaner im Vertrieb bei mrwp zurück. Dabei haben Erfahrungswerte in der Arbeitsplanung eine große Rolle gespielt. „Wir wollten für die Arbeitsvorbereitung und Kalkulation eine einheitliche Datenbasis schaffen, damit wir in Fertigung und Vertrieb die gleiche Sprache sprechen“, fügt Michael Leitenmaier, Key-User der neuen Lösung, die Gründe für die Suche nach einer zuverlässigeren Software hinzu.
Strategisch strebten die Verantwortlichen ein Wachstum in der Lohnfertigung an – und wollten daher die Nachvollziehbarkeit der Datenbasis steigern. Zentral war dabei zudem die Integration in die bestehende SAP-Landschaft. Außerdem wollte man die Vorteile einer Lösung nutzen, die stets auf dem aktuellsten Wartungsstandard operiert und Supportleistungen bietet. Weitere Anforderungen waren ein geringer Pflegeaufwand sowie eine bereits integrierte Grunddatenbasis für die Kalkulation. In dieser sollten die angewendeten Fertigungsverfahren – das breite Spektrum reicht vom Drehen, Fräsen, Bohren, Schleifen und der Oberflächenbeschichtung bis zum Schneiden, Schweißen und Biegen in der Blechtechnik – bereits abgebildet sein.
Vorkonfigurierte Verfahrensmodule mit Schnittwerten und Regelwerk
Im Rahmen eines Markterkundungsprozesses führten die Planer unter anderem Gespräche mit Kunden, die bereits auf die Lösungen der Erfurter Arbeitsplanungsspezialisten HSi setzten. Deren Empfehlung überzeugte, so dass man seit 2019 mit dem Modul „HSplan/IS SAP“ plant und mit „HSkalk/TK“ kalkuliert. Zentraler Beweggrund bei der Entscheidung war die adaptierbare Technologiebasis: Dort sind die gängigsten Fertigungsverfahren, beispielsweise das Drehen, Fräsen, Bohren, Schleifen, Erodieren, Verzahnen, Schweißen oder Montieren, als vorkonfigurierte Verfahrensmodule mit allen erforderlichen Regeln und branchenüblichen Schnittwerten bereits abgebildet.
Herbert Schalk sagt: „Durch diesen Grundstock waren wir mit der neuen Lösung in der Lage, Kalkulationen zeitnah und mit guter Datenqualität anzubieten“. Einen großen Vorteil sieht er in der schnellen und intuitiven Anpassungsfähigkeit der Basiswerte und Planungslogiken an die unternehmensspezifischen Gegebenheiten. „Die Einführung der neuen Lösung verlief reibungslos. Im Vorfeld haben wir Key-User-Schulungen erhalten. Die Anwendung war uns danach vollkommen klar“, so Michael Leitenmaier. Dabei wurden die benötigten Parameter gemeinsam mit dem Erfurter Anbieter definiert und das Tabellen- und Regelwerk vollständig an die Bedürfnisse in der Produktion des Druckmaschinenbauers angepasst.
Intuitive und vollständig integrierte Prozesse
Bei mrwp wurden bis heute etwa 3.000 Kalkulationen mit der neuen Lösung erstellt und in SAP etwa 1.500 Arbeitspläne berechnet. Die Handhabung ist dabei selbsterklärend: Im SAP-Standard beschreibt der Arbeitsplaner die Vorgangsfolge. Unterhalb der Vorgänge ergänzt HSplan/IS SAP dann die Ebene der Arbeitsstufen. In der Vorgangsübersicht kann über die Symbolleiste der Stufeneditor aufgerufen werden. Dort bietet die Lösung arbeitsplatzbezogene Berechnungsabläufe an. Sobald ein Berechnungsablauf ausgewählt und die Parameter eingegeben sind, erfolgt die Abarbeitung der Regellogik auf dem HSi-Server.
In den Arbeitsstufen werden die berechneten Werte gespeichert. Nach Verlassen des Stufeneditors geht es zurück in der Vorgangsübersicht. Dabei werden die berechneten Planzeiten automatisch in die SAP-Zeitfelder übernommen. Mit den gleichen Berechnungsabläufen kann auch außerhalb dieser Lösung gearbeitet werden. Mit dem Kalkulationstool wird die kostengünstigste Fertigung ermittelt, indem zusätzlich zu den Zeiten auch Selbstkosten aller Fertigungsteile bis hin zur kompletten Baugruppe ausgegeben werden. Es lassen sich dabei Stückkosten kalkulieren sowie Rüstkosten umlegen oder separat ausweisen. Die in der Technologiebasis hinterlegten Maschinenparameter ermöglichen in der Vorkalkulation zudem einen arbeitsplatzbezogenen Vergleich von Stück- und Rüstkosten.
Ressourcenschonend planen und kalkulieren
Das althergebrachte „Wälzen“ in Tabellen und Suchen in Ordnern, um Vergleiche abzuleiten, gehört seit der Einführung der Lösung bei manroland-wp der Vergangenheit an. „Wir sind in der Arbeitsplanung und Kalkulation jetzt deutlich schneller“, so Herbert Schalk. Als komfortabel beschreibt er die Nachvollziehbarkeit der Werte, so dass man sich transparent in Fertigung und Verkauf darüber abstimmen kann. Das sei auch eine wichtige Basis, um im Nachgang die Rückmeldungen aus der Fertigung einfließen zu lassen. So bilden die hinterlegten Werte immer auch tatsächlich das ab, was realisierbar ist. Der Verkauf meldet zurück, dass die Preise heute realitätsnaher seien: „Früher haben wir Preise anhand von Erfahrungswerten gebildet. Das war nicht immer von Vorteil“, so Herbert Schalk. Mit der neuen Lösung profitiert das Unternehmen von einer durchgängigen und weitgehend automatisierten Arbeitsweise, einer exakten Arbeitsplanung und Planzeitermittlung sowie einer einheitlichen Kalkulationsbasis. Dabei konnte der subjektive Faktor deutlich reduziert werden.
In Aussicht: Stücklistenbasierte Planzeitermittlung in der Montage
Bei manroland-wp kalkuliert man inzwischen nahezu das gesamte Leistungsspektrum im mechanischen Bereich mit der Software der Erfurter Spezialisten. Fast 60 verschiedene Arbeitsplätze und etwa 2.500 Arbeitsgänge im Jahr werden derzeit mit der Planungslösung berechnet. Dabei schätzen die Mitarbeiter vor allem die Anpassungsfähigkeit der Software an unternehmensspezifische Veränderungen: „Unser Geschäft verlangt immer mehr Angebote von Baugruppen und kompletten Anlagen. Dafür benötigen wir in Zukunft auch die Möglichkeit, Angebote auf Basis von Stücklisten zu generieren“, blickt Herbert Schalk nach vorn. Außerdem sollen in Kürze vorhandene STEP- und DXF-Dateien in HSi verarbeitet werden, um im Einzelteilgeschäft Angebote noch schneller erstellen zu können.
„Unsere Kunden sind maßgeblich an der Weiterentwicklung unserer Lösungen beteiligt“, so Andreas Heß, Geschäftsführer der HSi GmbH. Deswegen wird nach der erfolgreichen Optimierung der Produktionsablaufplanung inzwischen der nächste Schritt in Angriff genommen: Die Implementierung der stücklistenbasierten Planzeitermittlung für Montageprozesse bei manroland web production.
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Silvia Funke ist freie Fachjournalistin aus Leipzig und arbeitet für die Agentur Funkspruch PR. Foto: Autorin