So erreichen FTS und AMR volle Interoperabilität
Die standardisierte Schnittstelle VDA5050 hat sich etabliert, ihre Entwicklung geht allerdings noch weiter. Unmittelbar vor der Veröffentlichung steht ein einheitliches Datenformat für den einheitlichen Austausch der Fahrkursinformationen. Dazu kommen Entwicklungen wie das Navigieren mit planbarer Autonomie sowie die Kommunikation zwischen den Fahrzeugen.
Fahrerlose Transportsysteme und die mobile Robotik entwickeln sich so dynamisch wie kaum ein anderer Bereich der industriellen Automatisierung. Während bis vor wenigen Jahren wenige Anbieter den Markt dominierten, füllen solche Fahrzeuge und Systeme mittlerweile auf Fachmessen ganze Hallen. Zudem haben Anbieter großer, automatisierter Lager- und Fördertechniksysteme diese als flexible Ergänzung in die eigenen Anlagen integriert.
Angeboten werden klassische Fahrerlose Transportfahrzeuge (FTF bzw. Automated Guided Vehicle; AGV) und autonome Transportroboter (Autonomous Mobile Robot; AMR). Manche davon können sich bei Bedarf untereinander abstimmen und bieten durch ihre Autonomie mehr Freiheitsgrade in der Routenwahl. Andererseits bringt die Koordination der Fahrzeuge durch ein zentrales Leitsystem wesentlich mehr Effizienz.
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VDA5050: Standardisierung schafft Anbieterunabhängigkeit
„Kunden möchten sich nicht durch proprietäre, völlig abgeschlossene Systeme an einen Lieferanten binden“, weiß Lukas Schwarz, Fachbereichsleiter Entwicklung Fahrzeug-Basissoftware bei DS Automotion. „Sie wollen bei den Fahrzeugen die Wahl haben, um für jeden individuellen Einsatzzweck das optimale Gerät nutzen zu können.“ Deshalb entstand mit der VDA5050 eine standardisierte Schnittstelle, die es ermöglicht, dass Fahrzeuge unterschiedlicher Hersteller unter einem gemeinsamen Leitsystem verkehren und auch miteinander interagieren. Das ermöglicht Anwendern, die Leitsteuerung und die Fahrzeuge getrennt auszuschreiben. So können sie etwa für alle Fahrzeuge unabhängig von deren Herstellern einheitliche Leitsysteme nutzen und so den Aufwand für Personalschulung und Softwarewartung begrenzen.
„Die VDA5050 ist neben einer Schnittstellenbeschreibung eine Empfehlung“, präzisiert der Mechatronik-Diplomingenieur, der als Mitglied im Kernteam des Arbeitskreises des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) zu VDA 5050 die Standardisierung mit vorantreibt. „Sie stellt eine Plattform dar, auf der alle System- und Fahrzeughersteller ebenso wie die Anwender aufbauen können.“
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Die VDA 5050 hat sich als Standard etabliert
Sehr vollständig abgebildet ist der Teil der VDA5050, der das Fahren der Fahrzeuge regelt. Das zeigt sich nicht nur bei den seit 2021 jährlich durchgeführten Mesh-Ups, bei denen Fahrzeuge verschiedener Hersteller innerhalb gemeinsamer Gesamtsysteme verkehren. „Es gibt bereits Anlagen mit Leitsystemen anderer Hersteller, in denen unsere Fahrzeuge reibungsfrei verkehren“, berichtet Lukas Schwarz aus der Praxis. „Umgekehrt werden aktuell Anlagen mit unserem Leitsystem NAVIOS implementiert, in denen auch Fremdfahrzeuge fahren werden.“
Die VDA5050 konnte sich also bereits als Standard etablieren. Das hat auch zu einem weiteren Anwachsen des Angebotes geführt. Neben zusätzlichen Fahrzeugherstellern ohne Ambition, auch ein Leitsystem anzubieten, treten reine Hersteller von FTS-Leitsteuerungen auf den Markt.
Bei der Entwicklung der VDA5050 wurden viele Hürden überwunden
Der Weg dorthin war nicht immer gerade. Technische Hürden waren dabei eher die Ausnahme. Der Abstimmungsbedarf entstand meist durch Kommunikations- und Interpretationsunterschiede zwischen etablierten und neu auf den Markt tretenden Herstellern. Deshalb gibt es auch trotz des Standards weiterhin Unterschiede in der Art und Weise, in der Leitsysteme den Fahrzeugen die Details des Fahrkurses liefern und Fahrzeuge diese erwarten.
Dennoch bietet die offene, lose Schnittstelle heute die Möglichkeit, alle Arten von Fahrzeugen in ein Gesamtsystem einzubinden. Das reicht von physisch spurgebundenen über frei navigierenden bis zu autonomen Fahrzeugen. „In vielen Fahrzeugen von DS Automotion sind mehrere Verfahren und Formate implementiert“, betont Lukas Schwarz. „Damit sind diese für den Betrieb unter fremden Leitsystemen geeignet und in vielen Fällen auch zertifiziert.“
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Bei der VDA5050 geht der Standardisierungsprozess weiter
Die VDA5050 regelt die herstellerunabhängige einheitliche Kommunikation zwischen Leitsystemen und Fahrzeugen. Sie ist daher heute ein etablierter Standard, dessen Einhaltung bei Ausschreibungen explizit gefordert wird. Dennoch lässt sie einige Bereiche noch weitgehend offen.
Ein Kapitel, bei dem die Standardisierungsbestrebungen noch andauern, ist das Format für den Austausch von Fahrkursdaten. Mit dem Layout Interchange Format (LIF) soll jedes FTS-Leitsteuersystem das Fahrkurslayout einer FTS-Anlage einfach importieren können. Zum LIF gibt es einen eigenen Arbeitskreis des VDMA.
VDA5050 erlaubt einheitliches Format für Fahrkurslayouts
„Die Fahrkursplanung obliegt den Fahrzeugherstellern“, sagt dessen Leiter Christoph Pramberger, M.Sc., Fachteamleiter Entwicklung Leittechnik für Neuprojekte bei DS Automotion. „Beim LIF geht es darum, für die Abbildung eines Fahrkurslayouts ein einheitliches, herstellerunabhängiges Format zu schaffen.“ Dazu enthält die LIF-Datei Informationen über alle Fahrspuren innerhalb eines Bereiches, etwa einer Halle oder eines Stockwerks, sowie Restriktionen wie zum Beispiel maximale Breiten oder Geschwindigkeitsbeschränkungen.
Die LIF-Datei wird vom Leitsteuersystem importiert und um zusätzliche Informationen zur Erfüllung der Leitsteuerungssystemaufgaben wie Verkehrsregelung, Routing, etc. erweitert. Auf Basis dieser Informationen erfolgt die Kommunikation mit den Fahrzeugen per VDA5050. LIF ist ein weiterer wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur vollen Interoperabilität zwischen Leitsystemen und Fahrzeugen verschiedener Hersteller. Die Veröffentlichung von LIF soll in der zweiten Jahreshälfte 2023 erfolgen.
Lasthandling und Kartenaustausch als Teil der VDA5050
Auch das Lasthandling ist als Teil der VDA5050 vereinheitlicht. Es stellt einen wesentlichen Teil des Standards dar, indem es z. B. die Lastübergabe auch zwischen Fahrzeugen unterschiedlicher Hersteller ermöglicht. Definiert sind innerhalb der VDA5050 allerdings lediglich die Aktionen. Die eigentlichen Abläufe dahinter müssen projektspezifisch festgelegt werden.
Die aktuellen Vereinheitlichungsbestrebungen sind auf die Möglichkeit gerichtet, zwischen den Fahrzeugen Karten auszutauschen, etwa mit Konturenkarten zur Lokalisierung mit Lasernavigation, mit natürlichen Landmarken oder über eigens angebrachte Landmarken zur exakten Lastübergabe.
VDA5050 erlaubt planbare Autonomie
Die Roboter müssen immer mehr in sich dynamisch ändernden Umgebungen arbeiten. Dem begegnet DS Automotion mit der Möglichkeit, in der Leitsteuerung NAVIOS alternativ zu linienförmigen Bahnen auch Zonen zu definieren, innerhalb derer autonom navigierende Fahrzeuge den genauen Weg selbstständig finden können.
Dabei ermöglicht die Fahrzeugsoftware ARCOS nicht nur das vollautonome Ausweichen bei unerwarteten Hindernissen innerhalb nutzerdefinierter Grenzen, sondern auch das Zusammenspiel mehrerer AMR im freien Raum. So verbindet diese sogenannte planbare Autonomie die Zuverlässigkeit und Effizienz des zentral gesteuerten Systems mit der Flexibilität autonom navigierender Fahrzeuge. Für diese bahnbrechende Technologie erhielt DS Automotion den IFOY Award 2023. Noch ist sie ein Alleinstellungsmerkmal des österreichischen Premiumherstellers, der bereits seit 1984 ausschließlich fahrerlose Transportsysteme (FTS) und autonome mobile Robotik produziert.
„Die Zeit proprietärer Systeme ist hier wie in allen Bereichen der industriellen Automation vorbei“, betont Lukas Schwarz. „Im nächsten Schritt soll diese Zonenbildung als Teil der VDA5050 standardisiert und somit allen Anbietern und Anwendern von FTS einfach zugänglich gemacht werden.