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Virtual Reality-Technologien optimieren Planungsprozesse 26.11.2020, 14:28 Uhr

Logistikzentren entstehen in Zukunft virtuell

Einen wesentlichen Mehrwert bieten Virtual Reality-Technologien (VR) für die Logistik. Der Logistikimmobilienentwickler P3 Logistik Parks beispielsweise betreibt einen riesigen virtuellen Erlebnisraum in Prag. Unternehmen können dort sämtliche Prozesse in Logistikzentren im virtuellen Raum bis ins kleinste Detail planen, prüfen und simulieren.

Einen wesentlichen Mehrwert bieten die VR-Anwendungen insbesondere für die Logistik. Foto: Virtuplex

Einen wesentlichen Mehrwert bieten die VR-Anwendungen insbesondere für die Logistik.

Foto: Virtuplex

Unternehmen setzen für den Bau zukünftiger Produktions- oder Logistikumgebungen mittlerweile auf äußerst komplexe Visualisierungssysteme und Simulationsprogramme. Der spätere Nutzer wird dabei meistens nicht als zentrales Element berücksichtigt. Fehler und Optimierungspotenziale geplanter Anlagen bleiben somit zum Teil unentdeckt. Dieses Problem löst die computergestützte virtuelle Realität. Gebäude, Strukturen und Abläufe lassen sich mit der Technologie effizienter kommunizieren und weiterentwickeln. Die virtuelle Planungsmethode erfüllt nicht zuletzt auch die Ansprüche der Industrie 4.0 nach zunehmender Vernetzung von Produktion und Information.

Mehr Planungssicherheit im digitalen Raum

Um die VR-Technologie im Bereich der Lagerlogistik erforschen und anwenden zu können, kooperiert P3 Logistic Parks mit Virtuplex. Der Virtual-Reality-Entwickler nutzt den kompletten P3 Park in Prag mit über 600 m² als digitale Gestaltungsfläche. „Gebäudedesign, Einrichtung und nachhaltige Lösungen für die Logistik lassen sich am besten im virtuellen Raum entwerfen, darstellen und evaluieren“, sagt Sönke Kewitz, Geschäftsführer P3 Logistic Parks Deutschland. „Unternehmen können nach individuellen Bedürfnissen ihre Lager gestalten und die Innenausstattung mit Regalen, Fertigungslinien und Robotik bestücken.“

Planungsmängel erkennen

Im dreidimensionalen Raum erleben Techniker, Manager und Kaufleute das in Echtzeit simulierte Geschehen mit VR-Brillen vom Stauverhalten bis zu den optimalen Förderwegen wie bei einer echten Anlage. Neben virtuellen Rundgängen in Prag können die Nutzer die digitale Umgebung auch vom Schreibtisch zu Hause erleben. Ein Team des Digitalen Produktionslabors (DPL) im Fachbereich Ingenieurwesen der Hochschule Koblenz untersuchte den Einfluss solcher VR-Technologien auf die Planung und Optimierung von Produktions- und Logistikprozessen. Die Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass Darstellungen mittels Virtual Reality das Erkennen von Planungsmängeln und das Finden alternativer Lösungen deutlich erleichtern.

„Vollautomatisierte Logistikzentren oder Automobilfabriken sind hochentwickelte und äußerst komplexe Gebäude. Die Investitionsrisiken dieser Projekte sinken deutlich, wenn die Anlagen bereits vor dem Bau begutachtet werden können“, erklärt Kewitz. „Außerdem sollte man die Bedeutung von VR-Anwendungen für dringend benötigte Fachkräfte nicht unterschätzen. Gut ausgebildete Experten und junge Talente schätzen hochmoderne Arbeitsumgebungen.“

Hochleistungssysteme verhindern VR-Seekrankheit

T-Mobile setzt in Tschechien bereits auf die Zusammenarbeit mit Virtuplex. „Wir nutzen die virtuelle Realität zur Gestaltung und Visualisierung unserer neuen Shops. Die Möglichkeit, durch das Gebäude zu laufen, bevor es physisch gebaut wird, ist erstaunlich und äußerst hilfreich. Durch die Augen unserer Mitarbeiter und Kunden können wir alles rechtzeitig prüfen und vor Ort direkt in der VR abstimmen“, sagt Michal Dvorský, Retail and D2D Sales Director, T-Mobile Czech Republic. „Früher konnten wir nur technische Zeichnungen nutzen und es dauerte normalerweise eine Woche, bis wir uns auf die endgültige Version geeinigt hatten. Außerdem mussten wir nach der Umsetzung manchmal aufwendige Nachbesserungen vornehmen. Dank Virtuplex sparen wir nun Zeit und Geld. Unsere Kunden profitieren dabei von ansprechenderen Shops.“

Mehrstufige Planungsprozesse

Die Umsetzung der VR-Simulationsmodelle erfolgt in einem mehrstufigen Planungsprozess. Ein typischer Anwendungsfall für P3 Logistic Parks ist die Umsetzung eines Logistikzentrums von den Vorarbeiten bis zur Realisierung. Projektverantwortliche und VR-Designer beschäftigen sich zunächst mit der Aufnahme des geplanten Gebäudes. Hierbei nutzen die Planer maßstabsgetreue CAD-Datensätze der Gebäudeplanung und entwickeln diese zu einem virtuellen Modell weiter.

„Die Herausforderung in dieser Entwurfsphase liegt in der präzisen virtuellen Abbildung des Gebäudes und seiner Einrichtung“, erklärt Martin Petrovický, CEO & Mitgründer von Vituplex. „Der Immersionseffekt tritt bei VR-Modellen nur dann ein, wenn die Umgebung so exakt dargestellt ist, dass die Nutzer sie als real empfinden. Für eine angenehme und realistische Illusion, auch bei schnellen Bewegungen und komplexen Umgebungen, nutzen wir deshalb High-End-VR-Brillen, die 180 Bilder pro Sekunde anzeigen. Motion Sickness, eine Art VR-Seekrankheit, ist dadurch nahezu ausgeschlossen.“

In dieses virtuelle Modell laden die VR-Designer dreidimensionale Einrichtungsgegenstände und animieren die Objekte nach verschiedenen Parametern. Waren bewegen sich automatisch über Förderstrecken, Regalbediengeräte nehmen Paletten auf und ordnen sie ein. Nutzer können währenddessen beispielsweise Förderbänder starten und anhalten. „Die Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit einer Anlage lässt sich in der virtuellen Anwendung schnell prüfen“, so Kewitz. „Außerdem können Unternehmen ihre geplanten Logistiksysteme oder Fabriken nach realistischen Annahmen punktgenau takten.“

Integrierte Teams arbeiten im virtuellen Logistikzentrum

Üblicherweise entwerfen die VR-Designer verschiedene Gebäudevarianten, die alle Beteiligten mittels A/B-Test bewerten. Hierbei vergleicht das Projektteam die Originalversion des Gebäudemodells mit einer leicht veränderten Alternativversion, um die optimale Ausführung zu ermitteln. Animierte Materialfluss-Simulationssysteme, Abmaße und Positionierung der Regalreihen, Lichtarchitektur oder Bodenbeschaffenheit lassen sich auf diese Weise anschaulich vergleichen und bis ins kleinste Detail anpassen. Durch Positionierungen und Verschiebungen von Förderstrecken, Hochregallagern oder anderen Gegenständen können Anwender sicher und einfach beurteilen, welche Ausgestaltungen für die weitere Modellierung in Betracht kommen. Miniaturansichten des Logistikzentrums erlauben die Prüfung des Gebäudes und dessen Umgebung, wie etwa Zufahrtswege und angrenzendes Gelände. Die favorisierte Modellvariante dient als Ausgangspunkt für die detaillierte Planung.

Kostenintensive Korrekturen werden vermieden

Während der Feinplanung prüfen integrierte Teams aus verschiedenen Fachrichtungen die virtuellen Prozessabläufe, Greifräume und Laufwege. Logistikmitarbeiter können sich am neuen Arbeitsplatz bewegen, Etiketten kleben, Kartons bereitstellen und anderen digitalisierten Tätigkeiten nachgehen. In der VR-Umgebung lässt sich einfach erkennen, wenn Regalebenen ergonomisch ungünstig angebracht sind oder ob es zu Kollisionen verschiedener Elemente kommt. „Viele Probleme bleiben auf dem 2D-Plan oder im CAD-Modell unerkannt und tauchen plötzlich auf, wenn man virtuell im Distributionszentrum oder an der Produktionsanlage steht“, sagt Petrovický. Die so ermittelten Fehler und Ineffizienzen senken das Risiko für kostenintensive Korrekturen nach dem Bau einer Anlage. Das Ergebnis ist ein passgenaues Gesamtmodell aus Gebäude, Gebäudetechnik, Betriebsmitteln, Logistikflächen und Transportwegen.

Schulungen und Präsentationen leicht gemacht

Dieses Modell kann weiteren Projektverantwortlichen zur Prüfung vorgelegt und dem ausführenden Bauunternehmen zur Realisierung übergeben werden. Außerdem lässt sich das Gesamtmodell für weitere Planungen und spätere Ausführungs- und Wartungsarbeiten wiederverwenden.

Des Weiteren eignet sich das virtuelle Logistikzentrum für Schulungen und Präsentationen. „Die interaktiven und intuitiven Umgebungen sind interessant und erhöhen die Lernbereitschaft der Teilnehmer“, so Petrovický. „Mitarbeiter können für neue Logistiksysteme geschult oder für bestehende Anlagen angelernt werden, ohne den Betrieb zu stören. Der Arbeitsbeginn in der physischen Umgebung läuft dadurch schneller und reibungsloser ab.“ Selbst kritische Situationen, wie Stromausfälle oder Personenschäden, lassen sich simulieren.

Fazit

Virtual Reality-Anwendungen können in der digitalen Logistik und Fertigung enorme Wertschöpfungspotenziale entfalten. Anlagen zunächst digital zu entwerfen und erst anschließend zu bauen, spart Zeit und Geld. Schließlich erhöht die Zusammenarbeit aller Beteiligten im virtuellen Raum die Transparenz und verbessert die Kommunikation, wodurch produktivere, sichere und fehlerfreie Planungen möglich sind. Auch Monitorings, Fortbildungen und Präsentationen mittels VR bieten wesentlichen Vorzüge gegenüber ihren analogen Alternativen. Virtuelle Technologien werden sich deshalb vermutlich immer stärker am Markt durchsetzen und in wenigen Jahren in vielen logistischen Bereichen als Industriestandard etablieren. Unternehmen, die jetzt in VR-Lösungen investieren, stärken ihre langfristige Wettbewerbsfähigkeit.

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Von RMW