Zum E-Paper
Supply Chain Management 29.11.2021, 15:39 Uhr

Effiziente Prozessoptimierung stärkt die Lieferketten

Einkäufer und Supply Chain Manager hatten in den letzten beiden Jahren nicht viel Grund zur Freude. Neben der Materialknappheit sehen sich die Verantwortlichen für Einkauf und Supply Chain mit weiteren Lieferkettenstörungen sowie neuen Anforderungen des Risikomanagements, beispielsweise im Rahmen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG), konfrontiert. Supply Chain-Spezialist DSV IMS hat aktuelle Herausforderungen zusammengefasst, um zu betrachten, wie sich der Aufwand reduzieren lässt, ohne an Qualität einzubüßen.

Der Druck auf Supply Chain Manager steigt. Fünf aktuelle Herausforderungen machen deutlich, wo Prozessoptimierungen greifen können. Foto: panthermedia.net/everythingpossible

Der Druck auf Supply Chain Manager steigt. Fünf aktuelle Herausforderungen machen deutlich, wo Prozessoptimierungen greifen können.

Foto: panthermedia.net/everythingpossible

45 % der im April 2021 vom Ifo Institut befragten Industriefirmen hatten in den vergangenen beiden Jahren mit Lieferengpässen zu kämpfen – der mit Abstand höchste Wert seit 1991(https://www.ifo.de/node/63076). Besonders prekär ist die Verknappung von Halbleitern, die quer durch alle Branchen fehlen. Neben der Materialknappheit sehen sich die Verantwortlichen für Einkauf und Supply Chain mit weiteren Lieferkettenstörungen sowie neuen Anforderungen des Risikomanagements, beispielsweise im Rahmen des Lieferketten-sorgfaltspflichtengesetzes (LkSG), konfrontiert. Sie stehen also vor der Herausforderung, nicht nur immer mehr Lieferanten betreuen, sondern auch bei jedem Zulieferer immer mehr Vorgaben berücksichtigen zu müssen. Die wenigsten Manager erhalten für diesen erweiterten Aufgaben-Bereich zusätzliches Personal, denn auch Supply Chain Fachkräfte sind Mangelware(https://www.bme.de/wachsende-herausforderungen-fuer-den-einkauf-3962/). In vielen Unternehmen fehlt zudem die Transparenz, um erfassen zu können, wie sich Prozesse optimieren lassen könnten. Supply Chain-Spezialist DSV IMS hat aktuelle Herausforderungen zusammen-gefasst, um zu betrachten, wie sich der Aufwand reduzieren lässt, ohne an Qualität einzubüßen.

Laut einer Studie des „Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik“ (BME) (http://assets.bme.de/public/uploads/d104a7387f471e7bdcf2e761598ee5a3215c114e356f4f7d8cf33ed6954e),waren im vergangenen Jahr 86 % der Unternehmen von Lieferkettenunterbrechungen betroffen. Verantwortlich waren vor allem direkte Lieferanten, aber auch Sub-Lieferanten verursachen immer häufiger Störungen. Fast alle befragten Unternehmen beklagen fehlende Transparenz bei der Lieferkettensteuerung sowie eine fehlende Digitalisierung von Lieferkettenprozessen. Um der Materialknappheit und Lieferkettenstörungen entgegenzuwirken, sahen sich die meisten Verantwortlichen bisher gezwungen, zusätzliche Lieferanten in ihr Portfolio aufzunehmen.

„Wenn Sie heute beispielsweise bei einem Halbleiterunternehmen mit einem Jahresumsatz von über 500 Millionen US-Dollar für den Einkauf verantwortlich sind, arbeiten Sie wahrscheinlich mit 1.500 bis 2.000 Lieferanten und bearbeiten jedes Jahr 8.000 bis 9.000 Bestellungen sowie mehr als 10.000 SKUs (Stock Keeping Units) zur Steuerung und Verwaltung des Lagerbestands“, erläutert Sam Samson, Global VP und Managing Director EMEA bei DSV IMS. „Das Management verlangt, dass der Warenfluss sichergestellt ist und möglichst auch Kosten reduziert werden, hat aber oft keinen Überblick über die gestiegenen Anforderungen und die dadurch zusätzliche Arbeitsbelastung.“

Fünf wachsende Herausforderungen

  • Mehr Störungen im Warenfluss – Gerade in den vergangenen zwei Jahren war es für den Einkauf immer schwieriger sicherzustellen, dass Materialien und Teile rechtzeitig sowie in der geforderten Qualität und Menge verfügbar waren. Die stärkere Globalisierung von Supply Chains sowie schwer vorhersehbare Ereignisse werden auch in Zukunft die Steuerung von Lieferketten massiv beeinflussen. Supply Chain Manager müssen sich daher zunehmend mit Marktanalysen und Risikobewertung beschäftigen, um beispielsweise Engpässe vorauszusehen und kommende Risiken zu analysieren. Bereits heute informieren sich viele Einkäufer bei Rating-Anbietern und externen Experten, da sie intern nicht alle Bewertungen abdecken können.
  • Kostenkontrolle und Kapitalbindung– Eine der Kernaufgaben im Supply Chain Management ist die Kostenkontrolle, die wesentlich über die Profitabilität eines Unternehmens entscheidet. Kommt es jedoch zu Lieferengpässen, lassen sich höhere Kosten im Einkauf häufig nicht vermeiden. Denn wenn die für die Produktion notwendigen Materialien fehlen, stockt die Produktion, was zu noch höheren Verlusten führt. Einer der wenigen Hebel, um solchen Engpässen entgegenzuwirken, ist bisher die Zusammenarbeit mit immer mehr Lieferanten, um Ausweichoptionen zu haben. Dies zieht jedoch zusätzliche Arbeitsprozesse nach sich. Der zweite Hebel ist die Vorratshaltung von Material. Wer jedoch zu viel Lagerbestand hat, ist im Wettbewerb oft nicht effizient genug. Denn das bindet zu viel Kapital und trägt außerdem noch zur allgemeinen Warenverknappung bei, wenn Material, das anderweitig dringend benötigt würde, als totes Kapital im Lager liegt.
  • Zusätzliche Lieferanten – Die Erweiterung der Supply Chain ist mit erheblichem Aufwand verbunden. Denn es ist nicht damit getan, Lieferanten zu finden, die die gefragten Materialien oder Teile bereitstellen. Für die Qualitätssicherung ist auch eine Prüfung der Waren notwendig. Hinzu kommt eine Überprüfung des Lieferanten an sich, beispielsweise in Hinsicht auf seine Zuverlässigkeit, aber auch in Bezug auf die Einhaltung rechtlicher Vorgaben.
  • Steigende Compliance Anforderungen: Bei der Überprüfung der Lieferanten gilt es sowohl Branchenvorgaben als auch regionale Gesetzgebungen, Zollbestimmungen und viele weitere Faktoren zu berücksichtigen. Im Zuge des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) müssen Unternehmen außerdem sicherstellen, dass alle direkten Lieferanten Menschenrechts- und Umweltstandards einhalten. Die Umsetzung dieser Vorgaben erfordert eine immer höhere Transparenz sowie die Erweiterung des Risikomanagements auch auf CSR-Risiken. Dafür ist eine Anpassung bestehender Compliance- und Vertragsregelungen sowie die Implementierung wirksamer Kontrollmechanismen erforderlich.
  • Hoher administrativer Aufwand – Durch die steigende Zahl der Lieferanten und Vorgaben erhöht sich der Aufwand bei der Betreuung und Administration enorm. Neben dem Onboarding neuer Zulieferer steigt auch die Zahl der Verhandlungen über Preise und Lieferkonditionen. Die Anzahl der einzelnen Bestellungen und P.O.s (Bestellnummern), Rechnungen und SKUs (Stock Keeping Units) explodiert und alle Vorgänge müssen revisionssicher dokumentiert werden.

Betrachtet man alle diese Aufgaben und zusätzlichen Anforderungen, ist leicht ersichtlich, dass die Verantwortlichen im Einkauf entlastet werden müssen, um ihre Kernaufgaben weiterhin erfüllen zu können. Es stellt sich daher die Frage, wie man den Aufwand reduzieren kann, ohne an Qualität einzubüßen. Eine Digitalisierung und teilweise Automatisierung von Prozessen kann in bestimmten Bereichen Routineaufgaben erleichtern. Allerdings zeigen die erwähnten Studien, dass die Digitalisierung noch nicht sehr weit fortgeschritten ist. Das ist einerseits dem erheblichen Aufwand bei der Implementierung über die unterschiedlichen Prozessketten hinweg geschuldet. Andererseits lohnt sich die Investition aber auch nicht für jeden Anwendungsfall.

Fokussierung auf Kernlieferanten eröffnet neue Perspektiven

„Wir haben bei der gemeinsamen Analyse mit unseren Kunden festgestellt, dass in fast allen Fällen maximal 20 % der Lieferanten wirklich entscheidend für das Unternehmen und die Wettbewerbsdifferenzierung sind, denn sie liefern rund 80 % der benötigten Waren“, erklärt Samson. „Diese Kernlieferanten sollten auf jeden Fall von den internen Experten in den Unternehmen betreut werden. Für die Betreuung der anderen Lieferanten lohnt es sich zu prüfen, ob sich hier die Zusammenarbeit mit einem spezialisierten Partner rentiert.“

Die Auslagerung der Betreuung von nicht geschäftskritischen Materialien und Lieferanten entlastet die Supply Chain Verantwortlichen erheblich. So können sie ihre Expertise auf die Kernlieferanten konzentrieren, denn diese Beziehung trägt entscheidend zum Geschäftserfolg bei. Ein auf Supply Chain Management spezialisierter Partner kann als sogenannter „Super Supplier“ die zentrale Betreuung aller anderen Lieferanten übernehmen. Das reduziert nicht nur den Aufwand, sondern auch die Risiken erheblich. Der interne Einkauf in Unternehmen hat nun eine Anlaufstelle und einen Verantwortlichen für rund 80 % seiner früheren Lieferanten-Koordination. Der Super Supplier übernimmt die Verantwortung dafür, dass die Waren rechtzeitig geliefert werden und erstellt Marktanalysen für das Risikomanagement. Zudem bindet er, wenn notwendig, nach Absprache zusätzliche Lieferquellen ein, verifiziert diese und hilft dabei, die Kosten zu reduzieren. Noch entscheidender ist jedoch, das nicht mehr so viel Kapital im Lagerbestand gebunden ist und nun zur Verfügung steht.

„Wichtig ist es sicherzustellen, dass ein solcher Partner eine vollständige Transparenz ermöglicht“ betont Samson. „Das ist nicht nur die Basis für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und den Schutz aller Lieferantenbeziehungen, sondern auch für die Einhaltung aller rechtlichen Vorgaben und Audits. Ist dies gewährleistet, kann eine solche Zusammenarbeit erhebliche Vorteile realisieren. Wir konnten beispielsweise den monatlichen Rechnungsaufwand bei Kunden von 750 Einzelrechnungen auf zwei Rechnungen an uns reduzieren.“

Folgende Beiträge könnten Sie ebenfalls interessieren:

Der Hafen der Zukunft ist jetzt

Logistik schmiedet in der Krise starke Lieferketten

Einsatz von digitalen Technologien steigt signifikant

Logistikplanung effizienter gestalten

Von RMW