Ist die Logistik-Branche schon ausreichend digitalisiert?
Digitalisierung in der Logistik – ein Thema das in aller Munde ist! Wunsch oder Wirklichkeit? Oftmals passen Eigenanspruch und subjektive Wahrnehmung nicht zum tatsächlichen Bild. Wie digital ist die Branche wirklich?
Wer kennt das nicht: Man wacht morgens auf, geht ins Bad und beim Blick in den Spiegel fällt einem auf, dass man erneut keinen Tag gealtert ist und immer noch so aussieht wie vor Jahren. Bei genauerer Betrachtung stimmt das natürlich nicht, aber so ist das eben mit der eigenen Wahrnehmung. In der Theorie geht man vom perfekten Zustand aus. Der Logistikbranche scheint es dabei genauso zu gehen. Beim Thema Digitalisierung ist jeder weit Vorne. Dabei dürften Sätze wie: „Wir investieren doch bereits 5 % unseres Gewinns in die IT“ oder „In der Abrechnung versenden wir Rechnungen gerne auch per E-Mail“, jedem bekannt vorkommen. In der täglichen Arbeit taucht dieses Phänomen also regelmäßig auf. Es kommt dabei aber auf den Standpunkt oder Blickwinkel an.
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Digitalisierung hat viele Facetten
Auf Nachfrage sagen viele Unternehmen, dass sie über eine ausgeklügelte, individuelle und gut passende operative Software verfügen. Darüberhinausgehende Vertriebsprogramme und Abrechnungs- sowie Buchhaltungstools natürlich ebenso. Und wer sie aktuell noch nicht hat, diese eierlegende Wollmilchsau, der weiß schon, wo und wie er sie kaufen kann. So gibt es bekanntermaßen eine Vielzahl von Softwareanbietern, von denen jeder für sich in Anspruch nimmt, das mit seinem Produkt die Digitalisierung ein Kinderspiel wird. Bei anderen Logistikern findet Digitalisierung derzeit in Form von Emails, Excel-Tabellen und digitalen Frachtenbörsen statt. Letztere werden dann in der Regel manuell „gefüttert“, um die Verhandlung zum Transport am Ende per E-Mail oder Telefon durchzuführen. Alle Bausteine haben dabei zweifellos ihre Berechtigung und ihren Nutzen, aber ist das wirklich Digitalisierung?
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Digitalisierung in der Logistik ganzheitlich abbilden
Um Digitalisierung ganzheitlich abzubilden und umzusetzen, braucht es doch vermutlich mehr als Software und einzelne Insellösungen – oder etwa nicht? Was ist in dieser Gleichung eigentlich mit den Daten? Daten die in verschiedensten Softwaresystemen gesammelt, verwaltet und schließlich ausgewertet werden. Sind diese Daten miteinander verknüpft und kann man sie auf Knopfdruck einheitlich nutzen oder liegen sie einfach – um in der Sprache der Logistik zu bleiben – in unterschiedlichen Lagerstätten und warten darauf, irgendwann abgerufen und analysiert zu werden? Nur um anschließend für unzureichend und qualitativ minderwertig erklärt und zurück in die Lagerstätte verbannt zu werden. Bedeutet also Digitalisierung nicht auch, dass man die Daten im Unternehmen ganzheitlich nutzt und sinnvoll miteinander verbindet? Auch wenn sie aus unterschiedlichen Quellen stammen und in verschiedenen Lagerstätten liegen.
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Der Mensch als wichtigster Faktor der Digitalisierung
Zu guter Letzt tritt in die Gleichung noch ein weiterer Faktor ein. Möglicherweise der wichtigste in der Digitalisierung. Der Mensch! Warum? Man will ja „eigentlich“ die manuellen Eingriffe reduzieren, wenn man über Digitalisierung nachdenkt. Und jetzt soll der Mensch auf einmal der wichtigste Faktor bei der Umsetzung einer Digitalisierungsstrategie sein? Natürlich ist das so! Und gleichzeitig wird dem Menschen beim Thema Digitalisierung die geringste Aufmerksamkeit gewidmet. In den heutigen Speditions- und Logistikunternehmen (auch den Digitalen) arbeiten viele Menschen. Viele Experten, die durch die Anwendung und Entwicklung von Software, Nutzung von Daten und entsprechender Führung, Höchstleistungen für das jeweilige Unternehmen erbringen können. Nur durch motivierte, überzeugte, geschulte, erfahrene und gezielt geführte Mitarbeitende kann die Digitalisierung gelingen. Es ist also ein Dreiklang nötig, um alle Beteiligten -Systeme und Daten genauso wie Menschen- bei der Digitalisierung mit auf den Weg zu nehmen und in Einklang miteinander zu bringen. Wie digital ist die Logistikbranche also wirklich?
Fabian Rogalla ist seit mehr als 20 Jahren in der Transport- und Logistikbranche tätig. Er absolvierte eine Ausbildung zum Speditionskaufmann, Studium an der DAV in Bremen, danach Vertriebsleiter bei der Intime Express Logistik. Von 2016 bis 2021 leitete Rogalla als Geschäftsführer die Unternehmen der Schwerdtfeger Transport Gruppe in Deutschland und Rumänien. Im Jahr 2021 gründete er sein eigenes Unternehmen, die Fabian Rogalla Consulting (FRC) und unterstützt heute u.a. Kunden aus der Transport- und Logistikbranche. Dabei steht vor allem die Digitalisierung und ihre vielfältigen Möglichkeiten im Fokus. Aber auch das Thema Fachkräftesicherung bildet einen wesentlichen Tätigkeitsschwerpunkt von FRC. Dabei werden Management, Strategie, Mitarbeitende, Organisation und Prozesse pragmatisch durchleuchtet, um Bestandsmitarbeitende langfristig an das Unternehmen des Kunden zu binden.