„TOP 100 der Logistik – Marktgrößen und Marktsegmente“ – die deutsche Logistikwirtschaft im Fokus
Die Arbeitsgruppe für Supply Chain Services des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS legte zum Deutschen Logistik-Kongress in Berlin vom 19. bis 21. Oktober 2022 ein Update des Zahlenwerks zur Größe und Struktur der Logistikwirtschaft in Deutschland vor.
Die Auswertung der jüngsten Daten zeigt: Mit einem Marktvolumen von 294 Mrd. € im Jahr 2021 konnte die Logistikwirtschaft in Deutschland ein deutliches Wachstum von 5,0% verzeichnen und den pandemiebedingten Einbruch vom Vorjahr mehr als ausgleichen. Trotz deutlich volatilerer Rahmenbedingungen und zahlreichen operativen Herausforderungen belegt die Logistikwirtschaft damit ihre tragende Rolle als einer der wichtigsten deutschen Wirtschaftsbereiche.
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Die deutsche Logistikwirtschaft ist im Jahr 2021 um 5,0% gewachsen
Die Corona-Pandemie brachte im Jahr 2020 für nahezu alle Logistik-Teilmärkte deutliche Störungen der Angebots- und Nachfragesituation mit sich. Dies hatte den ersten Rückgang des Gesamtmarktvolumens seit 11 Jahren zur Folge, der mit minus 1,8% jedoch auch im Vergleich zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung moderat ausfiel. Grund dafür war neben den im internationalen Vergleich relativ kurzen Lockdowns auch der boomende e-Commerce, der eine entsprechende Nachfrage nach operativen Logistikleistungen im Fulfillment- und KEP-Bereich nach sich zog. Im Jahr 2021 konnte dieser Rückgang angesichts einer weiterhin robusten Nachfrage aus Industrie und Handel mehr als wettgemacht werden: Die deutsche Logistikwirtschaft wuchs um überdurchschnittliche 5,0% und lag mit insgesamt 294 Mrd. € rund 3% über dem vor der Pandemie erreichten Marktvolumen.
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Echtes Wachstum der deutschen Logistikwirtschaft: Die Zuwächse wurden durch reale Leistungen erzielt
Die bereits im Jahr 2021 anziehende Inflation hatte dabei nur einen kleinen Anteil. Vielmehr ist das Wachstum des Logistikmarktes auf zusätzliche Beschäftigungsverhältnisse, neue Rekordwerte bei der Verkehrsleistung von Straße und Schiene sowie einem deutlichen Anstieg im KEP-Volumen und Preisen im Air- und Ocean-Cargo Bereich zurückzuführen. So waren 2021 mit insgesamt 3,36 Mio. Erwerbstätigen über 100 000 Personen mehr mit operativen und administrativen Logistikaufgaben beschäftigt als im Vorjahr. Am deutlichsten war dieser Zuwachs bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Bereich Lagerwirtschaft und Güterumschlag, allein hier sind über 60 000 Beschäftigungsverhältnisse hinzugekommen. Aber auch im Transport wurden Zuwächse realisiert. Während der Straßengüterverkehr mit 2,5 % nur unterdurchschnittlich gewachsen ist, konnte die Transportleistung der Bahn mit einem Wachstum von 13,5 % im Vergleich zum Vorjahr eine deutlich höhere Dynamik aufweisen. Verladerseitig hatten insbesondere die Bauwirtschaft und der Lebensmittel-Bereich sowie produktübergreifend der e-Commerce deutliche, teilweise 2-stellige Wachstumsraten zu verzeichnen.
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Nach der Krise ist vor der Krise für die deutsche Logistikwirtschaft
Die neuesten, statistisch fundierten Vermessungsergebnisse zeigen, dass die deutsche Logistikwirtschaft insgesamt sehr robust durch die von der Corona-Krise geprägten Jahre gekommen ist. Auch für das laufende Jahr 2022 ist von einem weiteren Anstieg des Marktvolumens auszugehen. Inwiefern dieser neben der starken Preissteigerung auch realwirtschaftlich untermauert ist, muss sich angesichts der aktuellen konjunkturellen Risiken aber noch zeigen.
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Die VUCA-Welt trifft die deutsche Logistikwirtschaft mit voller Wucht
Nach einem Jahrzehnt stabilen Wachstums ist auch die Logistikwirtschaft mit zunehmender Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität konfrontiert. Angesichts weltweit stockender Lieferketten, zunehmendem Personalmangel, knapper Lager- und Transportkapazitäten, steigenden Kosten, neuen geopolitischen Barrieren und konjunkturellen Risiken stehen lange gehegte Erfahrungswerte und vermeintliche Sicherheiten nun auf dem Prüfstand. Das äußert sich nicht nur in steigenden Beständen, sondern auch in einer Abkehr von allzu eng getakteten, Just-in-Time-orientierten Konfigurationen der Supply Chains. Gleichzeitig eröffnet die Digitalisierung und Automatisierung von operativen Logistikprozessen über den Einsatz von KI-Methoden im Demand-Forecasting bis hin zum plattformgetriebenen Supply Chain Management neue Chancen für die dynamische Planung und Steuerung von nachhaltigen, agilen und resilienten Lieferketten.
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Die „TOP 100 der Logistik“ auf dem Deutschen Logistik-Kongress 2022
Die Studienreihe »TOP 100 der Logistik« untersucht seit über 25 Jahren den deutschen und europäischen Logistikmarkt. Derzeit wird sie als digitale Daten- und Analyseplattform für den europäischen Logistikmarkt neu aufgesetzt. Prof. Dr. Ralph Blum, Leiter der Gruppe „Future Engineering“ und als neuer Kopf hinter der Studie auch verantwortlich für deren Weiterentwicklung, erläutert den Mehrwert dieses neuen Ansatzes: „Als digitale Daten- und Analyseplattform aufgesetzt, bietet die ›TOP 100 der Logistik‹ einen erweiterten Themenhorizont für den gesamten Logistikmarkt. Wir haben maschinelle Verfahren zur Verarbeitung natürlicher Sprache ergänzt, was uns nun erlaubt, große Mengen an fortlaufend neu veröffentlichten Text-Media-Informationen gezielt zu analysieren und in strukturiertes Marktwissen zu überführen. Dadurch, dass die Analyse an weitere Sekundär- und Primärerhebungsdaten geknüpft wird, können wir einen noch größeren Wissensfundus aufbauen, den wir nun, durchaus auch situativ, für Fragestellungen sehr unterschiedlicher Stakeholder-Gruppen des Logistikmarktes verfügbar machen können. In unserer Gruppe Future Engineering sind wir darauf ausgerichtet das bestehende Methodenspektrum der Markt-, Trend- und Szenarioforschung um Verfahren des ›Text Minings‹ zu erweitern. So können wir beispielsweise auch Markt- und Technologieentwicklungen KI-gestützt identifizieren, gezielt eben mit Blick auf das gesamte Umfeld des Logistikmarktes.“