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Transport Management Systems machen die Leistungsfähigkeit von Strukturen, Prozessen und Dienstleistern messbar 01.06.2015, 00:00 Uhr

Der Weg zu einem integrierten Transportmanagement

Automobilhersteller und -zulieferer verfügen heute über komplexe globale Produktionsnetzwerke und stehen jeden Tag vor der Herausforderung, ihre Transport- und Logistikprozesse kostenoptimal zu planen, zu steuern und zu betreiben. Durch ein aktives Management der Transportnetzwerke von der Planung über die Steuerung bis zur Rechnungskontrolle lassen sich Kosten signifikant reduzieren und die Kontrolle zurück erlangen.

Mehr als 80 Teilnehmer diskutierten jüngst in München während des Automotive Logistics Day über den Themenschwerpunkt integriertes Transportmanagement. Bild: 4flow

Mehr als 80 Teilnehmer diskutierten jüngst in München während des Automotive Logistics Day über den Themenschwerpunkt integriertes Transportmanagement. Bild: 4flow

Unter dem Themenschwerpunkt integriertes Transportmanagement trafen sich jüngst rund 80 Teilnehmer zum Erfahrungsaustausch auf dem gemeinsam von der 4flow AG und der inet-logistics GmbH veranstalteten Automotive Logistics Day in München. In Vorträgen und Breakout-Sessions berichteten Projektleiter von OEM und Zulieferern, wie sie globale Transportnetzwerke optimiert, Prozesse standardisiert sowie Transportbündelungseffekte realisiert haben (Bild).

Weltweit Standards führen zu transparenten Prozessen

Bosch hat 2014 damit begonnen, sein Transportmanagement weltweit durch einen ganzheitlichen Prozess- und Strukturwandel zu optimieren. Das Ziel: rund 10 % der Transportkosten bei Bosch einzusparen. Daher entschied das Management Ende 2013, weltweit ein einheitliches Transportmanagement aufzubauen. Dazu werden vier verschiedene Geschäftsbereiche, 19 Abteilungen und 270 Standorte integriert. Christine Mezger-Behan, Director und Projektverantwortliche für die weltweite Implementierung eines integrierten Transportmanagement Systems bei Bosch, berichtete von den Herausforderungen dieses Projekts und gab Erfahrungen aus den erfolgreich abgeschlossenen Pilotprojekten in Europa und China an die Teilnehmer weiter. „Bosch hat ein sehr breites Spektrum an zu transportierenden Gütern – von Komponenten und Systemen für die Automobilindustrie bis hin zu Turbinen für Windräder. Das stellt sehr viele Anforderungen an unsere Transportmanagement-Prozesse“, erklärte Mezger-Behan.

Mit der Einführung des Bosch Transport Management Systems wird die Leistungsfähigkeit von Strukturen, Prozessen und Dienstleistern über verschiedene Kennzahlen messbar. Diese Transparenz erlaubt, das Transportnetzwerk kontinuierlich dynamisch zu optimieren, ständig zu verbessern und flexibel auf Schwankungen reagieren zu können. Die Einführung eines Informationssystems weltweit vereinfacht zudem den Abrechnungsprozesses und führt zur schnelleren Klärung von Unstimmigkeiten.

Transportnetzwerke optimieren

In den kommen Jahren wird Bosch weltweit insgesamt rund vier Bosch Transport Management Center einrichten. Dabei werden Mitarbeiter des Technologie- und Dienstleistungsunternehmens gemeinsam mit 4flow management jeweils vor Ort das Transportnetzwerk kontinuierlich optimieren. Darüber hinaus sind sie auch zuständig für die Planung und Implementierung neuer Routen bis hin zur täglichen Abwicklung mit Buchung der Transportkapazitäten oder der Frachtkosten-Abrechnung inklusive Controlling und Berichtswesen. Dabei werden die Teams softwareseitig durch ein integriertes Transportmanagementsystem (iTMS) von 4flow und inet-logistics unterstützt.

Die einzelnen Bosch-Standorte werden über eine Schnittstelle an einen Electronic-Data-Interchange-Manager angebunden, der die Daten an das iTMS weitergibt. Das hat den Vorteil, dass jedes Enterprise-Resource-Planning-System kostengünstig über eine Standardschnittstelle integriert werden kann.

Um die weltweite Akzeptanz des Systems zu erhöhen und möglichst viele Transportkonzepte und -prozesse bereits frühzeitig abzudecken, implementierte Bosch neben dem Pilotprojekt für Europa in drei Werken in Ungarn parallel ein Pilotprojekt mit vier Standorten in China. Die erfolgreiche Umsetzung hat gezeigt, dass trotz der unterschiedlichen Anforderungen der Regionen und Geschäftsbereiche aber auch der Inbound- und Outbound-Verkehre das System global eingesetzt werden kann.

In der schnellen Realisierung und Implementierung sieht Mezger-Behan einen wesentlichen Erfolgsfaktor: „Die Optimierung des Netzwerks, die Implementierung der neuen Prozesse sowie Inbound- und Outbound-Routen in nur sechs Monaten ist Benchmark. Gemeinsam mit 4flow haben wir es geschafft und profitieren von den Erfahrungen des Projekts.“ Im Januar 2015 startete bereits die Implementierung in Brasilien und Indien, weitere 20 europäische Werke folgen in diesem Jahr.

Mit Insourcing in kürzester Zeit zum Erfolg

Wie die Volvo Car Corporation ihr komplettes Inbound-Transportnetzwerk innerhalb von nur zehn Monaten komplett reorganisiert hat, berichtete der Director Global Logistics Network Design Lars Krafft. Seit 2010 gehört der schwedische Autobauer zum chinesischen Fahrzeugkonzern Geely.

Mit dieser Veränderung fand auch eine Neuausrichtung der Unternehmensstrategie statt. Diese rückte die Logistik als eigene Kernkompetenz und als Erfolgsfaktor für das geplante signifikante Wachstum wieder in den Fokus. Durch ein Insourcing der zuvor von einem externen 3PL geplanten und gesteuerten Logistik und dem Aufbau einer internen Logistikorganisation inklusive der Einführung eines iTMS sollten vor allem Transportkosten reduziert, die Transportplanung und Liefergenauigkeit verbessert sowie globale Logistikentscheidungen unterstützt werden.

Das komplexe Supply-Chain-Netzwerk von Volvo Cars umfasst über 1 500 Zulieferer, vier europäische und drei chinesische Werke sowie eine Montagefabrik in Malaysia und über 2 500 Autohändler in rund 100 Ländern. „Die Umstrukturierung umfasste drei Projekte: Erstens das Transport-Netzwerk, zweitens die Organisation und Prozesse sowie drittens das IT-System“, beschrieb Krafft das Vorhaben. Im ersten Schritt analysierte und optimierte der Autobauer seine gesamte Beschaffungslogistik innerhalb Europas und damit rund 1 500 Sendungen pro Tag beziehungsweise 330 000 Sendungen pro Jahr mit einem Transportkostenvolumen von insgesamt 180 Mio. Euro pro Jahr. Um die Transportkosten zu reduzieren, wurde entschieden, kleinteilige Sendungen über Cross-Docks nahe den Werken zu bündeln und hochfrequente Lieferungen über Milkruns zu optimieren. Zudem sind die Transportdienstleistungen separat für 16 definierte Regionen mit hohem Volumen und fünf Regionen mit wenig Volumen ausgeschrieben worden, um für jede Relation den günstigsten Anbieter zu finden.

Implementierung der neuen Prozesse

Im zweiten Schritt hat Volvo auf dieser Basis die Transporte neu ausgeschrieben und schließlich mit insgesamt 16 Dienstleistern Kontrakte abgeschlossen. Parallel dazu begann die Implementierungsphase der neuen Prozesse und IT-Systeme. 4flow consulting unterstützte Volvo Cars von der Strategie über den Organisationsaufbau bis hin zur Implementierung.

Zur nachhaltigen Transportplanung und zur Abwicklung aller Inbound-Transporte der Werke kommt das integrierte Transport- und Container-Managementsystem von 4flow und inet-logistics zum Einsatz. Die Transportplanung ermöglicht es, Veränderungen im Netzwerk zu erkennen und dynamisch die richtigen Transportkonzepte auszuwählen.

“Ein wesentlicher Erfolgsfaktor eines solchen Projektes ist ein gut strukturierter Kommunikationsplan mit umfassenden Schulungs- und Kommunikationsmaßnahmen für alle beteiligten Mitarbeiter sowie für die integrierten Lieferanten, Dienstleister und Transporteure. Für Informationen und Feedback sind regelmäßige Treffen und Gespräche unerlässlich – auch nach dem Go live“, resümierte Krafft. Daher richtete Volvo Cars zur Koordination der Nutzeranfragen einen Helpdesk sowie ein Ticket-System ein, um alle Fragen und Probleme der Anwender strukturiert bearbeiten zu können. Tägliche Steuerungsmeetings und ein enger Kontakt zu den Werken waren für die Lösung wiederkehrender Probleme ein wichtiger Erfolgsfaktor.

„Es ist uns gelungen, 15 bis 20 % Einsparungen zu erzielen und gleichzeitig haben wir eine bessere Kontrolle über unsere Transporte gewonnen.“, bilanzierte Krafft und sieht das System und die Prozesse 18 Monate nach Implementierung in Europa jetzt in der Feinabstimmung. Aufgrund dieses Erfolgs wird das Projekt auch bei Volvo Cars in China ausgerollt.

Kostenreduzierung durch Transportoptimierung

Transparenz und eine optimierte Transportplanung waren neben der Kostenkontrolle und -reduzierung die treibenden Faktoren für den Tier 1 Lieferanten Lear, das Projekt „One Lear Transportation Network“ ins Leben zu rufen. Der Hersteller von Autositzen im Premiumsektor sowie von elektrischen Verteilersystemen ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Ziel des Projektes war es, alle 54 Werke in Europa und Afrika mit ihren Inbound-Verkehren – rund 2 400 Lieferungen pro Woche – in ein Transportnetzwerk zu integrieren, dieses zu optimieren und Prozesse zu standardisieren. Dazu mussten mehr als 3 000 Nutzer, 1100 Lieferanten-Standorte und 60 Entladestellen sowie 35 Transporteure in ein System eingebunden werden.

Zentrale Transportorganisation senkt Kosten

„Unsere anfallenden Inbound-Transportkosten liegen jährlich im dreistelligen Millionenbereich. Bisher war jedes Werk selbst für die Transportoptimierung und die Verhandlung der Transportraten zuständig. Das war wenig transparent und ermöglichte kaum Bündelungen von Transporten“, schilderte Dennis Henning, Head of Logistics Europe and Africa & Global Head Materials Management Center of Excellence bei Lear, die Ausgangslage.

In einem ersten Schritt optimierte Lear mit verschiedenen Maßnahmen das Transportnetzwerk und die -kosten für zunächst 25 Werke. Im zweiten Schritt implementierte Lear eine zentrale Transportorganisation und ein Hub-Netzwerk mit fünf, in Kürze sechs Hauptumschlagplätzen, um vor allem bei den langen Transportwegen von Zulieferern aus Osteuropa und Nordafrika kleinere Sendungen zu bündeln und damit Kosten einzusparen. Ganzladungsverkehre werden über ein Full-Truck-Load-Netzwerk in Direktverkehren abgewickelt, während definierte kleinere Sendungen für die Werke über ein Milkrun-Netzwerk zusammengefasst werden.

Gemeinsam mit 4flow und inet führte Lear ein iTMS mit werksübergreifend standardisierten Prozessen ein. Das anschließend schrittweise für alle Werke, Lieferanten und Spediteure in Europa und Afrika implementierte TMS unterstützt die inzwischen über 3 000 aktiven Nutzer von der strategischen Transportnetzwerkplanung bis zur Frachtkostenabrechnung. Die einheitlichen Prozesse, Strukturen und IT-Systeme und die damit geschaffene Transparenz im Transportbereich mit der track&trace-Funktion bis auf Artikelebene vereinfachen die Abwicklung und Abstimmung für alle Parteien.

Zudem ist Lear in der Lage, lückenlos für jeden Artikel alle anfallenden Kosten zu erfassen sowie die Transportkosten und die Lagerkosten gemeinsam und nicht mehr isoliert voneinander zu optimieren.

Transportroute an den tatsächlichen Bedarf angepasst

Nach dem Konzept eines pull-gesteuerten Transportnetzwerkes werden die Lieferabrufe von allen Werken heute bei den einzelnen Lieferanten konsolidiert, gemeinsam abgeholt und mit anderen Lieferungen im nächsten Hub zusammengeführt. „4flow management plant als 4PL für uns kontinuierlich alle Lieferrelationen, identifiziert proaktiv optimale Routen auf Basis der Lieferabrufe und passt die Transportroute tagesgenau an den tatsächlichen Bedarf an.

Und das Transportmanagement, das vorher in der Verantwortung der einzelnen Werke lag, wird nun zentral effizienter und mit weniger Gesamtressourcen bewältigt. Dadurch konnten wir auch bessere Konditionen und Frachtraten aushandeln“, benannte Henning erste konkrete Erfolge. Durch die Verbesserung der Stammdaten würden sich zudem weitere Möglichkeiten ergeben auch interne Prozesse und Kapazitäten zu optimieren.

Fazit

Die Resonanz der Teilnehmer der Veranstaltung zeigte, dass in immer mehr Unternehmen die Optimierung der Logistik und dabei vor allem der Inbound- und Outbound-Verkehre in den strategischen Fokus rückt.

Dabei gilt es nicht nur Einsparpotenziale zu realisieren, sondern auch die Transparenz über das Transportnetzwerk und die Prozesse zu erlangen, um weiter profitabel wachsen zu können.

Von Anja Seemann