Mehr Lieferkettenunterbrechungen und höhere Transportpreise erwartet
Die Folgen des Klimawandels - etwa Dürren wie aktuell in Panama - führen zu Lieferverzögerungen und treiben Logistikkosten nach oben. Die SCM-Fachleute von Setlog raten Politik und Unternehmen zügig Vorkehrungen zu treffen – unter anderem bei Infrastrukturprojekten.
Wachsende Logistikkosten, Warenengpässe, Lieferverzögerungen, höhere Sicherheitsbestände: Der Klimawandel wird künftig zu mehr Lieferkettenstörungen und negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft führen als bisher. Das prognostizieren anlässlich der aktuellen Durchfahrtbeschränkungen für Schiffe im Panamakanal die SCM-Experten des Bochumer Softwarehauses Setlog. Ihr Tipp an Politik und Unternehmen: Auch wenn die Situation in Mittelamerika aktuell keine spürbaren Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft hat, sollten Vorkehrungen für die Zukunft getroffen werden– beispielsweise für den Rohstoff- und Warentransport auf Wasserstraßen bei Niedrigwasser.
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Klimawandel führt zu Lieferkettenunterbrechungen
Hintergrund: Aktuell stauen sich Dutzende Frachtschiffe an beiden Seiten des Panamakanals, da aufgrund einer langen Dürre in Mittelamerika Wasser für die Schleusenprozesse aller wartenden Schiffe fehlt. Die zuständige Behörde beschränkte daher von Ende Juli bis Anfang September die täglichen Durchfahrten auf 32 Schiffe. Normalerweise dürfen jeden Tag 36 Frachter die Wasserstraße befahren. Der Tiefgang ist auf 13,41 m beschränkt. Die Folge: Es bilden sich Staus, Medien berichten von Wartezeiten von bis zu drei Wochen.
Für jede Schiffsdurchfahrt werden laut Fachleuten für die zwölf Schleusen im 80 km langen Kanal insgesamt 200 Millionen Liter Wasser benötigt. Weil es in der Region rund um den Gatunsee, der unter anderem die Schleusen mit Wasser speist, dieses Jahr aber nur halb so viel regnete als normalerweise, entschlossen sich die Kanalbehörde Panamas zu den Maßnahmen. Die Wasserstraße spielt für die Versorgung der US-amerikanischen Wirtschaft eine wichtige Rolle. Daher schlugen einige Unternehmen bereits Alarm, weil sowohl die Preise für Container als auch die Transportpreise für bestimmte Relationen auf dem Spotmarkt steigen. Das kann auch Setlogs Kooperationspartner Shippeo bestätigen. Da aktuell keine Hochsaison ist und genug Kapazitäten zur Verfügung stehen, gehen die Pariser Transportverfolgungsexperten davon aus, dass viele Firmen, die noch Zeit für Lieferungen haben, das Problem umschiffen werden. Sie ändern Transportrouten und Verkehrsträger.
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Klimawandel ist in der Lieferkette angekommen
Das kann auch Setlog-Vorstandsmitglied Ralf Düster bestätigen, nachdem er die Warenströme von US-amerikanischen Kunden in der SCM-Software OSCA von Setlog ausgewertet hat: Rund 20 % des Volumens, das ursprünglich an der Ostküste entladen werden sollte, wurde an die Westküste umgebucht – vor allem auf die großen Häfen von Long Beach und Los Angeles. Von dort geht es dann per Bahn oder Lkw in Richtung Osten oder, wenn die Flexibilität besteht, in andere Distributionslager. Dabei handelt es sich vorwiegend um Konsumgüter. Auf Deutschland hingegen haben der Stau im Panamakanal und seine Folgen laut Düster so gut wie keine Auswirkungen: „Nicht einmal zwei Prozent des Exports aus den deutschen Häfen sind für die Pazifikküste in Nord- und Südamerika bestimmt“, so Düster.
Er nimmt den Stresstest für die Logistikketten in Panama aber zum Anlass, Politik und Unternehmen darauf aufmerksam zu machen, dass Extremwetterereignisse wie Dürren oder Stürme die Supply Chains künftig öfter und heftiger als bisher stören werden. „Der Klimawandel ist in der Logistik angekommen. Die Prognosen der Klimaforscher zeigen, dass es höchste Zeit für Politik und Firmen ist, Vorkehrungen zu treffen“, betont Düster.
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Niedrigwasser schwächt die Lieferkette
In Deutschland muss man sich Düster zufolge vermehrt auf Niedrigwassersituationen in der Binnenschifffahrt einstellen. Besonders im Fokus der Politik müsse beispielsweise der Rhein stehen. Allein in Duisburg, Europas größtem Binnenhafen, wurden 2022 rund 42 Mio. t Fracht umgeschlagen. Düster erinnert in diesem Zusammenhang an die schwierigen Situationen im Rhein in den Sommern 2018 und 2022. Zwar werden hierzulande nur fünf Prozent der Güter per Binnenschiff transportiert. „Aber Analysen des Kiel Institut für Weltwirtschaft zu den Folgen niedriger Rheinpegel haben gezeigt, dass die Industrieproduktion in Deutschland in einem Monat mit 30 Tagen Niedrigwasser um rund ein Prozent sinkt. Für einige Branchen, etwa die Chemieindustrie, ist die Versorgung per Binnenschiff existenziell“, führt er an.
Lieferkette muss digitalisiert werden
Unternehmen rät er, zum einen auf die Digitalisierung der Lieferketten zu setzen, zum anderen auch Transportalternativen wie die Landbrücke, also die Umladung von Waren von Schiff auf Bahn oder Lkw, als Alternative in der Hinterhand zu halten. Seiner Ansicht nach müssen auch innovative Schiffe eingesetzt werden. In diesem Zusammenhang verweist er auf das im Mai 2023 in von der BASF in Betrieb genommenen Schiff „Stolt Ludwigshafen“, das selbst bei extremem Niedrigwasser den Rhein passieren kann.
Damit die Wirtschaft ohne Bedenken weiter auf das Binnenschiff setzen kann, ist Düster zufolge die Politik angehalten, die Forderungen aus den Firmen zügig umzusetzen – vor allem die Verbesserung der Wasserstands-Vorhersagen sowie die Bereitstellung von aktuellen Tiefendaten, die Prüfung wasserbaulicher Alternativen und die Optimierung von Abladestellen am Mittel- und Niederrhein.