Schienengüterverkehr: Erster Schritt zur automatischen Kupplung
Das European DAC Delivery Programme (EDDP) hat anfang September 2021 nach einer knapp einjährigen intensiven Testphase die erste Entscheidung über das künftig europaweit einheitliche Kupplungskopfdesign für den europäischen Schienengüterverkehr getroffen. Diese Entscheidung ist ein erster wichtiger Meilenstein für die Einführung der Digitalen Automatischen Kupplung in Europa.
Das Kupplungskopfdesign für den europäischen Schienengüterverkehr soll vereinheitlicht werden. Mark Topal-Gökceli, EDDP Programme Manager & CTO der ÖBB, beurteilt den erreichten Meilenstein so: „Die Digitale Automatische Kupplung ist eine Grundvoraussetzung, um in Europa den Güterverkehr auf der Schiene wettbewerbsfähiger zu machen. Eine erfolgreich implementierte DAK bringt signifikant mehr Produktivität, Kapazität und Qualität für Europas Güterbahnen. Durch die damit verbundene Verlagerung von Verkehr auf die Schiene, spielt die DAK eine zentrale Rolle um die ambitionierten Zielsetzungen des europäischen Green Deal Wirklichkeit werden zu lassen.“
DAK Demonstratorzug durch Europa
Im Laufe der weiteren Tests der Digitalen Automatischen Kupplung wird in den kommenden Monaten ein „DAK Demonstratorzug“ vorab durch Deutschland, Österreich und die Schweiz fahren, wo jeweils vor Ort betriebliche Tests mit dem neuen DAK-Kupplungsdesign durchgeführt werden. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse fließen in die erforderliche Weiterentwicklung der DAK ein. Im Februar/März 2022 wird der DAK Demonstratorzug auch in Österreich an verschiedenen Standorten Halt machen und betrieblich getestet. Organisiert wird der DAK Demonstratorzug vom DAC4EU-Konsortium.
Darum benötigt Europa die Digitale Automatische Kupplung
Clemens Först, Vorstandssprecher der Rail Cargo Group ÖBB und Vorsitzender der RailFreightForward Initiative, unterstreicht: „Die Digitale Automatische Kupplung bietet die einzigartige Chance den europäischen Schienengüterverkehr zu revolutionieren. Sie ist ein Schlüsselelement für die Transformation der Betriebsführung von Eisenbahnen.“ Da sie mithilfe von neuen Technologien und Innovationen mehr Kapazität für die Verlagerung auf die Schiene ermöglicht, schafft sie die Grundlage für Verlagerung und Klimaschutz. Sie gilt als Wegbereiter für die weitere Digitalisierung und Automatisierung des europäischen Bahnsystems und ist damit die Voraussetzung, um den Anteil des Schienengüterverkehrs europaweit signifikant zu erhöhen und die Ziele des Green Deals zu erreichen. Die DAK kann durch eine Strom- und Datenbusleitung im gesamten Zug eine Vielzahl von betrieblichen Prozessen bei Zug- und Verschubfahrten optimieren. Auch Zugintegritätsprüfungen sind mit der DAK realisierbar, die als infrastrukturelle Voraussetzung für die Einführung der nächsten Generation des europäischen Zugsicherungssystems (ETCS Level 3) gelten. Die DAK bildet die Grundlage für eine Vielzahl an Applikationen für Kunden, wirtschaftlichen Betrieb und optimierte Instandhaltung.
Das Testprocedere
Im Zuge des Konsortiums DAC4EU wurden vier Prototypen der DAK nach einem festgelegten Testprocedere auf Herz und Nieren getestet. Dellner Couplers AB, Voith GmbH & Co. KGaA und Wabtec Corporation entwickelten zwei Scharfenberg-Designs und ein Schwab-Design. Ein SA 3-Design wurde schon zu einem früheren Zeitpunkt aus dem Prozess zurückgezogen. So wurde u.a. das Verhalten der verschiedenen DAK in Gleisbögen mit unterschiedlichen Gleisradien genauso getestet, wie das Kuppeln bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten und unter verschiedenen Beladezuständen. Diese Ergebnisse wurden für die Bewertung der Prototypen in das von dem europäischen Förderprogramm Shift2Rail (S2R) ermöglichte EDDP eingebracht. Um eine Entscheidung für ein europaweit einheitliches Kupplungskopfdesign vorzubereiten, setzte das EDDP einen Prozess startend mit der Definition der Kriterien für den Auswahlprozess auf. Rund 100 EDDP-Expert:innen aus 36 europäischen bahn-affinen Unternehmen bewerteten für jede Kupplung im Sommer dieses Jahres die Ergebnisse zweier Testprogramme (DAC4EU und Trafikverket/Swedish Winter Tests). Die Entscheidung über das künftig europaweit einheitliche Kupplungskopfdesign für den europäischen Schienengüterverkehr fiel auf das Scharfenberg-Design. In der nächsten Phase werden von den Herstellern konkrete Lösungen zur Abdeckung der restlichen Anforderungen vorgestellt, Lebenszykluskosten ermittelt und die notwendigen Schritte zur Serienfertigung vorbereitet.
Das europäische Konsortium DAC4EU
Das Konsortium DAC4EU, bestehend aus dem Konsortiumsleader DB AG, den Güterbahnen ÖBB Rail Cargo Group, DB Cargo und SBB Cargo sowie den Wagenhaltern Ermewa, GATX Rail Europe und VTG, setzt sich dafür ein, Züge in ganz Europa mit der Digitalen Automatischen Kupplung auszustatten. Mit Juni 2020 hat das Konsortium seine Arbeit aufgenommen. Bis 2030 sollen Züge in ganz Europa mit der neuen Technologie ausgestattet sein und dazu beitragen, dass der Schienengüterverkehr eine wesentliche Rolle im europäischen Mobilitätssystem der Zukunft spielt. Das deutsche Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) finanziert das Projekt in der Projektlaufzeit von zweieinhalb Jahren mit rund 13 Millionen Euro.
Shift2Rail Joint Undertaking
Das Shift2Rail Joint Undertaking (S2R JU) trägt zu intelligentem und nachhaltigem Wachstum bei, indem es innovative Lösungen entwickelt, um Eisenbahnsysteme der Zukunft für Personen- und Güterverkehr zu schaffen. Das im Rahmen des Horizon 2020 Programm der Europäischen Union finanzierte Shift2Rail JU, geht auf die sich wandelnden Bedürfnisse der EU-Bürger:innen ein, zielt auf die Lebenszykluskosten und die Effizienz von Bahnsystemen ab und entwickelt die notwendigen Technologien, um den einheitlichen europäischen Eisenbahnraum zu verwirklichen und so zu einer klimaneutralen Europäischen Gesellschaft beizutragen. Das S2R R&I Programm konzentriert sich auf Demonstrationsaktivitäten und die Verbreitung relevanter Ergebnisse für die Markteinführung, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Eisenbahnindustrie zu fördern und gleichzeitig einen Multiplikatoreffekt der EU-Mittel zu erzielen.