Zuverlässig inspizierte Turbolader dank Bildverarbeitung
Abgasturbolader dienen der Leistungssteigerung von Verbrennungsmotoren und verfügen über eine komplexe Geometrie. Entsprechend bedeutsam, aber auch aufwendig ist die sorgfältige Prüfung dieser Baugruppen. Moderne Industriekameras erfüllen zusammen mit einem Bildverarbeitungssystem diese Aufgabe zuverlässig.
Im Entwicklungszentrum und im Fertigungswerk eines weltweit führenden Anbieters von innovativen Pkw- und Nutzfahrzeug-Abgasturboladern sorgt seit kurzem ein neues Bildverarbeitungssystem namens „Resident 1200 Visual Inspection“ für eine vollautomatische 100%-Prüfung kompletter Turbolader-Baugruppen und stellt somit – kurz vor dem Versand zum OEM (Original Equipment Manufacturer) – eine zuverlässige Endkontrolle sicher. Das Bildverarbeitungssystem von Vision On Line aus Langenselbold sowie Industriekameras von SVS-Vistek garantieren gemeinsam bei dem führenden Turbolader-Hersteller die bestmögliche Qualitätssicherung.
Was leisten Turbolader?
„Den Turbo zuschalten“ – nicht viele Kfz-Bauteile haben es geschafft, sich mit einer Redewendung im allgemeinen Sprachgebrauch zu etablieren. Turbolader stehen als gebräuchliches Synonym für mehr Leistung, und das ist auch in ihrem ursprünglichen Einsatzgebiet ihre Hauptaufgabe. Durch die Verdichtung von Verbrennungsluft, die dem Motor zugeführt wird, lassen sich im Vergleich zu Saugmotoren höhere Motorleistungen bei gleichzeitig niedrigerem Verbrauch und besseren Emissionswerten erzielen. Dass die Qualität dieser Produkte angesichts der hohen Belastungen im jahrelangen Einsatz absolut einwandfrei sein muss, versteht sich von selbst.
Vor der Installation des Systems von Vision On Line- waren für diese Aufgabe nach dem Vier-Augen-Prinzip zwei Mitarbeiter im Einsatz, um die gefertigten Turbolader zu prüfen. Diese manuellen Kontrollen waren nicht wirtschaftlich und zudem fehleranfälliger als eine automatisierte Qualitätsinspektion. Da Kundenreklamationen bei nicht erkannten Fehlern schnell sehr hohe Administrationskosten nach sich ziehen können, wollte der Hersteller diesen Prozessschritt im vergangenen Jahr unbedingt optimieren.
Dass der Turbolader-Hersteller sich bei diesem Projekt auf die Experten-Unterstützung verlassen hat, ist kein Zufall: Vision On Line arbeitet bereits seit mehreren Jahren mit diesem Unternehmen zusammen und ist inzwischen als Bildverarbeitungslieferant für viele seiner Standorte freigegeben. „In enger Zusammenarbeit mit den technischen Experten unseres Kunden haben wir unter anderem die Integration von Bildverarbeitungsbibliotheken in sein PC-basiertes Automatisierungssystem realisiert“, erläutert Geschäftsführer Andreas Schaarschmidt. „Auf diese Weise ist die Bildverarbeitung ohne zusätzliche Schnittstelle inzwischen tief im System des Turbolader-Herstellers verankert und deckt dabei von konventionellen Tools bis hin zu Künstlicher Intelligenz (KI)-Anwendungen die gesamte Bandbreite der benötigten Funktionen ab.“
Was gehört zu der umfangreichen Prüfung?
Im Fall der Turbolader-Prüfung mussten die Langenselbolder Automatisierungsexperten ein umfangreiches Paket schnüren, um alle erforderlichen Merkmale zu untersuchen. „Turbolader sind hochkomplexe Bauteile mit zahlreichen Details, die im Zuge der von uns gewünschten kompletten Qualitätsprüfung unter die Lupe genommen werden müssen“, unterstreicht Schaarschmidt. „Unter anderem zählen dazu die Inspektion der eingesetzten Komponenten wie der Turbine, der Ladedruckregelklappe, konstruktiver Merkmale wie dem Spaltmaß zwischen Gehäuse und Turbinenrad, geometrischer Vorgaben und vieler weiterer Details.“
Neben der vollständigen Automatisierung der Prüfzelle und der gewünschten 100%-Prüfung bestand eine weitere Herausforderung darin, die Dokumentation sowohl der Ergebnisse als auch der aufgenommenen Bilder sicherzustellen. Darüber hinaus war es erforderlich, genügend Flexibilität der Anlage zu gewährleisten, um bei Produktänderungen individuelle Anpassungen durchführen zu können.
Auf Basis dieser Vorgaben erstellte Vision On Line für seinen Kunden zunächst ein Konzept und übernahm anschließend die Konstruktion, den Sondermaschinenbau, die Integration aller Kameras und Beleuchtungen inklusive der erforderlichen Halterungen und unterstützte ihn bei der Programmierung. Die finale Programmierung von Steuerungstechnik und Bildverarbeitungsprüfung erfolgte dann durch den Anwender selbst.
Komponenten der leistungsfähigen Lösung
In der im Herbst 2022 ausgelieferten Anlage ist ein ausgefeiltes Bildverarbeitungssystem integriert. So kommen darin insgesamt acht Industriekameras von SVS-Vistek vom Typ „exo264“ und „exo183“ zum Einsatz. „Diese GigE-Kameras weisen eine Reihe von technischen Eigenschaften auf, die sie für diese Anwendung besonders prädestinieren“, erläutert Oliver Herrmann, ebenfalls Geschäftsführer der Vision On Line und zuständig für die CAD-Konstruktion der Anlagen. „Eine echte Besonderheit ist dabei die Möglichkeit, die in der Anlage integrierten Beleuchtungen direkt aus den Kameras heraus betreiben zu können. Dadurch konnten wir den Bildverarbeitungs-Part ohne die üblicherweise erforderlichen Blitz-Controller realisieren und auf diese Weise Kosten und Aufwand für den Anwender reduzieren.“
Als weitere Pluspunkte der eingesetzten Kameras von SVS-Vistek nennen die Vision On Line-Geschäftsführer die hohen Auflösungen von 5 bzw. bis zu 31 Megapixeln, die zuverlässig eine hohe Bildqualität und damit die optimale Grundlage für die nachfolgende Auswertung der Bilder lieferten. Sie erfolgt durch die Bildverarbeitungs-Software „Halcon“ von MVTec auf Industrie-PCs von Siemens. „Dieses Setup erlaubt auf Basis der internationalen Standards in der Bildverarbeitungsbibliothek alle Freiheiten bezüglich der Bildaufnahme in 2D, 2,5D und auch 3D sowie die optionale Einbindung verschiedener Standardtechnologien. Dazu gehören Pattern-Projektion, Shape from Shading oder Methoden der Künstlichen Intelligenz. Damit war es möglich, alle vorgegebenen Anforderungen des Anwenders an eine schnelle Verarbeitung zu erfüllen und somit die Grundlage für kurze Zykluszeiten zu schaffen“, so Herrmann. „Wir konnten mit dieser Anlage und der Auswahl der integrierten Komponenten ein optimales Kosten-Nutzenverhältnis erzielen und ein Gesamtsystem realisieren, das auch für zukünftige Anforderungen technologieoffen und flexibel ist.“
Schlüsseltechnologie Bildverarbeitung
Bildverarbeitung hat sich in den vergangenen Jahren immer mehr zu einer Schlüsseltechnologie für den Turbolader-Hersteller entwickelt, betont ein Vertreter des Unternehmens: „Die industrielle Bildverarbeitung ist zur Qualitätssicherung in der Turboladerproduktion essenziell. Wir haben in unseren Fertigungsanlagen unzählige Kameras im Einsatz. Um bei Bedarf schnell auf Veränderungen in unseren Prozessen reagieren und beispielsweise neue Qualitätsprüfstationen einrichten zu können, haben wir eine Reihe von BV-Spezialisten im Haus und erweitern deren Know-how mit Unterstützung von Vision On Line in Form von Schulungen und technischen Workshops ständig.“ Die enge Partnerschaft mit den Langenselboldern zahlt sich also nicht nur bei der Realisierung aktueller Projekte, sondern auch langfristig aus.
Über die Entwicklungspartner
Vision On Line ist auf bildverarbeitungsbasierte Automatisierungslösungen und multidimensionale Bildverarbeitung spezialisiert. Das Unternehmen ist aus dem Zusammenschluss der Cretec GmbH und der Vision Online S.L. entstanden, um eine europaweite Antwort auf den Bedarf globalisierter und lokaler industrieller Produktionsunternehmen nach besseren, schnelleren und zuverlässigeren Inspektionslösungen zu geben. Langjährige Erfahrungen gibt es beim Einsatz von KI, Industrierobotern und Cobots. Auf dieser Grundlage entstehen leistungsfähige Lösungen für Handling, Inspektion und Montage.
Als innovativer Hersteller hochwertiger Industriekameras verfügt SVS-Vistek aus Gilching seit mehr als 35 Jahren über großes Know-how in der industriellen Bildverarbeitung. Das Unternehmen entwickelt und produziert eine breite Auswahl an Standardkameras sowie Kameras mit höchsten Auflösungen und Geschwindigkeiten, überdurchschnittlicher Bildqualität und allen relevanten Schnittstellen.
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