Drei Technologien, die der Industrie helfen, den Kostenanstieg zu bewältigen
Eine zunehmende Inflation und soziopolitische Unruhen auf internationaler Ebene haben zu einem plötzlichen Anstieg der Preise für fossile Brennstoffe geführt. Wie können Industriebetriebe ihre Produktion trotzdem aufrecht erhalten?
Die Summe der aktuellen „Störfaktoren“ hat dazu geführt, dass die Energierechnungen der Hersteller in allen Sektoren in die Höhe geschnellt sind. Das hat schwerwiegende Auswirkungen auf ihre Fähigkeit, die Fertigungsprozesse aufrecht zu erhalten – und das möglichst auch noch, ohne die zusätzlichen Kosten an ihre Kunden weiterzugeben. Aber wie können die Hersteller den Preisanstieg stemmen? Und kann Technologie dabei helfen? In diesem Artikel verrät Neil Ballinger einige hilfreiche Tipps. Er ist Leiter der EMEA-Region beim Zulieferer für Automatisierungsbauteile EU Automation mit deutschem Sitz in Mörfelden-Walldorf.
Wie lassen sich Auswirkungen von Krisen eingrenzen?
Seit dem Beginn der Covid-19-Pandemie hat die Fertigungsindustrie eine bemerkenswerte Fähigkeit gezeigt, mit dem Unerwarteten fertig zu werden und sich schnell an neue Arbeitsweisen anzupassen. Das Stichwort „Resilienz“ ist in aller Munde, und viele Betriebe haben sich mit passenden Maßnahmen erfolgreich auf die unerwartete Situation eingestellt. Jetzt müssen sich die Hersteller einer weiteren Herausforderung stellen – einem plötzlichen Anstieg der Energiekosten.
Mehrere Handels- und Wirtschaftsverbände haben kürzlich davor gewarnt, dass sich diese Situation für Unternehmen, die in energieintensiven Sektoren tätig sind, als äußerst schwierig erweisen wird. So sagte ein Sprecher der British Ceramic Confederation gegenüber der BBC, dass einige Mitglieder gezwungen sein werden, die Produktion einzustellen.
Glücklicherweise können Investitionen in die richtigen Technologien den Herstellern helfen, ihre Abhängigkeit von den schwankenden Preisen für fossile Brennstoffe zu minimieren und ihr Unternehmen langfristig zukunftssicher zu machen. Doch welche Technologien bieten den schnellsten Return on Investment (ROI)?
Maßnahme 1: Kohlenstoffarme Microgrids
Ein Microgrid besteht aus einem Verknüpfungspunkt (Point of Common Coupling, PCC), einer Energiequelle und einem be- und entladbaren Speichersystem, beispielsweise in Form von Batterien. Herkömmliche Microgrids sind auf fossile Brennstoffe angewiesen, während kohlenstoffarme Microgrids erneuerbare Quellen wie Solarpaneele oder Windturbinen nutzen.
Da die Preise sowohl für erneuerbare Energien als auch moderne Speicherlösungen sinken, können kohlenstoffarme Microgrids erhebliche Einsparungen bieten und gleichzeitig den CO2-Fußabdruck eines Unternehmens und damit seine Umweltsteuern reduzieren. Darüber hinaus bieten Microgrids eine zuverlässige, vom Hauptnetz unabhängige Energieversorgung und schützen Unternehmen vor Unterbrechungen, die durch Cyberattacken oder politische Turbulenzen entstehen können. Dies ist vor allem in Bereichen nützlich, in denen Sicherheit an erster Stelle steht, wie z. B. in Rechenzentren und Militärstützpunkten.
Maßnahme 2: Verfahren zur Energiegewinnung aus Abfall
Die Umwandlung von Produktionsabfällen in nutzbare Energie ist ein gutes Beispiel für die Kreislaufwirtschaft. Aus Abfällen kann mit verschiedenen Techniken Energie zurückgewonnen werden, um die Nebenprodukte von Produktionsprozessen in Strom, Wärme und sogar in Treibstoff umzuwandeln.
Die gängigste Methode zur Energiegewinnung aus Abfall ist die Verbrennung, aber diese Technik ist nicht umweltfreundlich. Aufkommende Technologien sind in der Lage, ohne direkte Verbrennung Energie aus Abfall zu gewinnen, wie z. B. Vergasung, Pyrolyse und thermische Depolymerisation. Diese Methoden erfordern jedoch immer noch hohe Temperaturen.
Nicht-thermische Technologien hingegen sind absolut umweltfreundlich. Unter ihnen ist die anaerobe Vergärung eine der beliebtesten, vor allem in lebensmittelverarbeitenden Betrieben. Diese Methode kann jede Art von organischen Abfällen verwerten, indem sie in einem sauerstofffreien Tank abgebaut und in Biogas und Biodünger umgewandelt werden. Daher ist sie ideal für Unternehmen, die große Mengen an organischen Abfällen produzieren, wie z. B. Lebensmittel verarbeitende Betriebe, Brauereien und Destillerien. Die Anfangskosten dieser grünen Technologie können im Allgemeinen in weniger als fünf Jahren amortisiert werden.
Maßnahme 3: Wärmerückgewinnung
Nach Angaben des Informationsdienstes der Gemeinschaft für Forschung und Entwicklung (CORDIS) werden zwischen 20 und 50 Prozent der in industriellen Prozessen verwendeten Energie einfach in die Atmosphäre abgegeben. Die bei industriellen Prozessen erzeugte Wärme kann jedoch aufgefangen und wiederverwendet werden, wobei die überschüssige Wärme verkauft wird. Das Verfahren ist relativ einfach und basiert auf der Gewinnung von Restwärme aus Abgasen, Flüssigkeiten oder heißer Luft mithilfe spezieller Technologien wie Wärmetauschern oder Wärmepumpen. Wärmetauscher sind besonders hilfreich und bieten hervorragende Möglichkeiten der Energierückgewinnung, die die Wärmeproduktion eines Kessels in manchen Fällen um über 20 Prozent erhöhen.
Dies ist besonders kritisch in Industrien, die routinemäßig bei sehr hohen Temperaturen arbeiten, wie z. B. Metallverarbeitung, Chemieanlagen, Keramik und Glas. Die zurückgewonnene Wärme kann in weiteren Schritten des Herstellungsprozesses verwendet werden, z. B. zum Vorheizen von Öfen und Schmelzöfen, oder sie kann zur Raumheizung genutzt werden.
Fazit
Angesichts der globalen Ereignisse, die sich auf die Kraftstoffpreise und die sonstigen Energiekosten auswirken, mögen sich viele Hersteller von industriellen Produkten aktuell machtlos fühlen. Aber die Investition in die richtigen Technologien ist der erste Schritt, um die Kontrolle zurück zu gewinnen.
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