Fertigungsplattformen bieten Beschaffungsvorteile „in Serie“
Die in Serie produzierenden Unternehmen befinden sich aktuell in einer noch nie dagewesenen Situation, was das Thema Beschaffung anbetrifft. Die Zukunft des Einkaufs von Serienteilen liegt in Plattformen und Ökosystemen, wie eine Analyse zeigt. Und für die CNC-Teile-Beschaffung setzt ein Schweizer Betrieb sogar auf KI.
Unsicherheiten und Krisen schaffen erschwerte Bedingungen und machen selbst kurzfristige Planbarkeiten oftmals unmöglich. Gleichzeitig gilt es, sich im Zuge der Digitalisierung neu auszurichten. Das Ziel sollte sein, sich auf die ständig verändernde Wettbewerbssituationen rasch einstellen zu können.
Zuverlässigkeit der Lieferanten ist unabdingbar
Bei der Beschaffung von Serienteilen ist Verlässlichkeit besonders wichtig – dokumentierbar durch langfristige Verfügbarkeit, gleichbleibend hohe Qualität und beständige Preise. Oftmals fehlt es jedoch an Rohmaterial. Einschneidende Krisen wie die Corona-Pandemie und der Russland-Ukraine-Krieg wirken sich in der ohnehin schwierigen Beschaffungslage zusätzlich äußerst negativ auf die internationalen Lieferketten und Handelsströme aus. In der Konsequenz ist die Preisentwicklung für Rohstoffe steigend. Hinzu kommen explodierende Energiekosten.
Die gegenwärtige Entwicklung bekommen Fertigungsunternehmen vor allem hinsichtlich der Preise bei Materialhändlern und Lohnfertigern zu spüren. Die Bedingungen für industrielle Einkäufer haben sich dadurch stark erschwert. Insbesondere bei Großserien machen sich Preissteigerungen deutlich bemerkbar.
Abhängigkeiten und Blockaden aufbrechen
Die Produktions- und Lieferprobleme seitens der konventionellen Lohnfertiger führen Herstellern immer mehr ihre Abhängigkeit vor Augen und blockieren die erforderliche Agilität. Der Online-Fertiger Facturee aus Berlin möchte daher neue Wege für die Serienfertigung demonstrieren: Die „Online-Herstellung“ biete nach Ansicht des Dienstleisters zum Beispiel die sichere und flexible Beschaffung, Preisstabilität und -vorteile, eine hohe Qualität sowie einfache digitale Anfrage- und Bestellprozesse. Benjamin Schwab, Co-Founder und CMO (Chief Marketing Officer) bei Facturee, erklärt: „In vielen industriellen Bereichen stößt die konventionelle Lohnfertigung an ihre Grenzen, daher ist zunehmend ein Ausweichen auf alternative Beschaffungs- und Absatzmärkte zu beobachten. Auch der gleichwertige Ersatz kritischer und endlicher Ressourcen wird verstärkt geprüft. Zudem werden effizientere Herstellungsprozesse angestrebt.“
Deutlich geringeres Risiko von Lieferausfällen und Verzögerungen
Die Online-Fertigung ist Ausdruck des Strategiewechsels in der Beschaffung. Diese moderne Beschaffungsform ermöglicht einfache digitale Anfrage- und Bestellprozesse und hält das Risiko von Lieferausfällen und Verzögerungen deutlich geringer, als dies bei der konventionellen Lohnfertigung möglich ist. Ein Online-Fertiger mit einem großen Netzwerk an Fertigungspartnern kann sich an aktuelle Gegebenheiten schneller anpassen – beispielsweise durch die Umverteilung von Fertigungskapazitäten. Lieferengpässe werden minimiert und anspruchsvolle Großprojekte, beispielsweise in der CNC-Serienfertigung, möglich gemacht.
Benjamin Schwab sagt: „In der Serienfertigung wird es immer wichtiger, neue digitale Wertschöpfungspotenziale zu nutzen. Das Konzept bündelt die Stärken verschiedener Fertigungsspezialisten auf einer B2B-Plattform. So entsteht ein breites Spektrum an Netzwerkpartnern, Fertigungstechniken und Oberflächenbehandlungen. Für jede Anforderung kann auf Basis einer KI-gestützten Auswahl der am besten geeignete Fertiger gefunden werden. Für Einkäufe in der Serienfertigung bedeutet das unter anderem eine sichere und flexible Beschaffung in Krisenzeiten sowie Preisstabilität und Preisvorteile.“
Die cwmk GmbH mit Sitz in Berlin operiert unter dem Markennamen Facturee als (nach eigenen Angaben) erster Online-Fertiger. Das Ziel lautet, den Kunden durch Digitalisierung, Automatisierung und Vernetzung die zeitgemäße Beschaffung von Fertigungsteilen zu bieten. Dafür sorgt ein umfangreiches Produktionsnetzwerk von rund 2.000 Fertigungspartnern aus nahezu allen Bereichen – wie CNC-Bearbeitung, Blechbearbeitung, 3D-Druck, Guss- und Schmiedeverfahren sowie Oberflächentechnik. Rund 15.000 Maschinen stehen konstant für Projekte bereit. Vorhaben im Bereich Prototyping können ebenso durchgeführt werden wie Klein- und Großserienfertigungen. Der Kundenstamm umfasst Maschinenbau, Medizintechnik, Modellbau, Robotik, Automotive sowie Luft- und Raumfahrt und schließt führende Industrieunternehmen ebenso wie KMU, Forschungseinrichtungen und Universitäten ein.
Vernetzung und Qualität auf allen Ebenen
Alle Fertigungspartner unterliegen bei der Plattform einem kontinuierlichen datengetriebenen Qualitätsmanagementsystem, das nach ISO 9001 zertifiziert ist. Dieses prüft und gewährleistet eine hohe System-, Prozess- und Produktqualität. Auch die Logistikpartner werden auf Zuverlässigkeit geprüft und entsprechend ausgewählt.
Das Modell der Online-Fertigung kommt den Bedarfen von produzierenden Unternehmen entgegen, die immer flexibler auf Veränderungen im Markt reagieren müssen – nicht nur in Krisenzeiten. Es unterstützt nachhaltige Effizienzsteigerungen und dient Unternehmen als eine wichtige Komponente auf dem Weg zur Industrie 4.0. Vernetzung hält nicht nur im technischen Sinne Einzug in die Industrie, sondern gilt auch für die Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Akteuren. Die Zukunft in der Beschaffung gehört daher Plattformen und Ökosystemen. Weitere Informationen zum Thema „Online-Fertigung – Beschaffungsvorteile in Serie“ im kostenfreien Whitepaper unter: www.facturee.de/whitepaper-serienfertigung/
KI-basierte Beschaffung von CNC-Teilen
Auch das Schweizer Start-up Orderfox, Zürich, bietet Einkäufern von Teilen für die CNC-Fertigung eine digitale Plattform für die weltweite Beschaffung. Der neue Service „Partfox“ – eine smarte Herstellersuche – analysiert technische Zeichnungen mithilfe von KI (Künstlicher Intelligenz). Nach dem Hochladen einer PDF- oder STEP-Datei findet die Plattform weltweit und in Echtzeit CNC-Fertigungsbetriebe mit perfekt passenden Maschinen, Produktionskapazitäten und Kompetenzen. Anwender können gezielt regionale Hersteller suchen, wenn sie die Auswirkungen gestörter globaler Lieferketten umgehen wollen. Im Beschaffungsprozess lassen sich bis zu 40 Prozent Zeit sparen.
Das Feature erstellt für Einkäufer in der Metallindustrie mithilfe von KI eine Auswahl an Herstellern mit dem passenden Maschinenpark und freien Produktionskapazitäten für das gesuchte Produkt. Die KI „versteht“, welches Teil der Nutzer sucht, welche Technologie und welche Maschinen für die Herstellung nötig sind und welches Unternehmen dieses Produkt liefern kann. In einer Datenbank mit über 213.000 Herstellern lässt sich weltweit der perfekt passende Maschinenpark ermitteln.
Die Datenbank basiert auf zwei Säulen: 28.000 Fertigungsbetriebe haben sich registriert und angegeben, für welche Technologien und Produktionsmöglichkeiten sie Anfragen erhalten möchten. Darüber hinaus durchsucht die Software automatisiert das Internet und analysiert die Websites relevanter Fertigungsbetriebe. Partfox hinterlegt für jeden Hersteller ein Profil, das Auskunft zur Maschinenausstattung gibt. Kaspar Helfrich, CEO (Chief Executive Officer) der Orderfox AG, sagt: „Unseres Wissens nach greift kein anderer Anbieter für seinen Service auf eine vergleichbar umfassende Datenbasis zu.“
So finden Einkäufer die passenden technischen Teile
Einkäufer laden für jedes Einzelteil des Produkts per „Drag and Drop“ eine Datei bei hoch und geben weitere Parameter wie die gewünschte Menge ein. Die Algorithmen der Plattform gleichen die Eingaben und verschiedene Informationen der technischen Zeichnung mit der Datenbank ab: Werkstückdetails, Maschinen, benötigte Zertifikate und Technologien wie Bohren oder Fräsen, aber auch Rahmenbedingungen wie die vorhandenen Produktionskapazitäten. Auf dieser Basis wird ein Überblick der am besten geeigneten Fertigungsbetriebe geliefert. Der Einkäufer kann seine Auswahl treffen und seine Kontaktdaten hinterlassen. Partfox informiert nun automatisch alle passenden Hersteller per E-Mail und fordert sie auf, ihre „Requests for Quotation“ (RFQs) zu senden. Schließlich wird eine übersichtliche Liste dieser RFQs geliefert. Der Einkäufer kann ausgewählten Herstellern weitere Angaben machen und die Anfrage verfeinern, bis er den perfekten Lieferanten gefunden hat.
Plattform spart Zeit und trägt zu stabilen Lieferketten bei
Bislang haben Einkäufer diese aufwendige Recherche manuell erledigt: Sie mussten mit Google Fertigungsunternehmen suchen und jede einzelne Website auf ihre Kriterien hin überprüfen. Jetzt laden sie lediglich eine Datei hoch und die KI trifft automatisch eine Vorauswahl der Hersteller. In der Regel benötigen Einkäufer drei Angebote pro Produktionsteil. Auf der Plattform können sie beliebig viele Anfragen stellen. Helfrich erklärt: „Angesichts der aktuellen Preissteigerungen ist es sehr wichtig, Kosten zu sparen. Zudem erzielen wir im Beschaffungsprozess eine deutliche Zeitersparnis. Nicht nur dadurch ergibt sich eine Kosteneinsparung: Die Preise der Anbieter lassen sich leicht vergleichen, sodass günstiger eingekauft werden kann.“
Darüber hinaus leidet die Branche unter gestörten Lieferketten. Wenn Hersteller vom Markt verschwinden, stehen Einkäufer vor der Herausforderung, kurzfristig Ersatz zu finden. Mit der gezielten Suche nach Produzenten aus der eigenen Region findet Partfox in Sekunden Alternativen, mit denen Einkäufer globale Lieferprobleme umgehen können. Hersteller können die Plattform auch als Akquisitionsinstrument nutzen, um neue Kunden und passende Ausschreibungen zu finden. Nach der Registrierung fungiert sie als persönlicher „Showroom“ der Hersteller. Sie sind somit besser sichtbar für interessierte Einkäufer und erhalten wertvolle Markteinblicke.
Spezielles Angebot: Marktplatz für Bildverarbeitungs-Lösungen
Zu Beginn des neuen Jahres hat das Angebot „visionpier“ einen Meilenstein erreicht: Die einhundertste Bildverarbeitungslösung ist auf dem Marktplatz online gegangen. Mit jeder neuen Anwendung zeigt sich, wie vielfältig die Einsatzmöglichkeiten im B2B-Markt sind. Durch die verschiedenen Anbietenden kann der Marktplatz bereits eine große Bandbreite an Themen abdecken.
Lösung Nr. 100 beschäftigt sich mit der Qualitätskontrolle von Kunststoffteilen und gliedert sich damit ideal in das bestehende Angebot ein. Die Themen auf dem Marktplatz reichen von Industrie-Anwendungen über den Retail bis zu „Smart Farming“. Vermittelt wird das Potential von Bildverarbeitung (BV) für neue Projekte. Spannende Anwendungen lassen sich mit nur einem Klick anfragen. Dabei ist kein eigenes Fachwissen notwendig, denn die Anbietenden begleiten das Projekt vom „Proof of Concept“ bis zur Systemintegration. Dabei bietet visionpier auch Start-ups eine Bühne, um ihre BV-Lösungen zu präsentieren.
Ein Großteil der Lösungen arbeitet mit KI. Doch: „Es gibt nach wie vor Projekte, bei denen regelbasierte Bildverarbeitung die bessere Technologie ist, wie beispielsweise bei Vermessungen“, erklärt Sigrid Rögner, Head of Business Innovation and Ecosystem beim Mutterkonzern IDS Imaging Development Systems in Obersulm. „Wir gehen davon aus, dass Suchende kein bestimmtes Verfahren, sondern die einfachste Lösung für ihr Problem bevorzugen. Aktuell haben wir mehr Ideen, als wir auf einmal umsetzen können. Am wichtigsten ist uns derzeit die Verbesserung des Nutzungserlebnisses für beide Seiten. Darüber hinaus freuen wir uns weiterhin über jede neue Lösung.“
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