Maschinensicherheit steigern mit Standardisierung und Kollaboration
Der Maschinenbau ist bereits intensiv reguliert von Gesetzen, Normen und Richtlinien. Die Corona-Krise hat jetzt nun das Thema „Sicherheit“ auch in dieser Branche ganz nach oben auf die „To-Do-Liste“ katapultiert.
Trends zeichnen sich im Maschinenbau meistens längerfristig ab. Die Corona-Krise fungiert nun als Treiber und Beschleuniger für Entwicklungen, die Unternehmen schon länger beschäftigen: Die Bedeutung von Maschinen- und Arbeitssicherheit steigen und die Grenzen zwischen beiden Ressorts verschwimmen. Die Digitalisierung – und mit ihr Möglichkeiten von Standardisierung und Kollaborations-Lösungen – gewinnen zunehmend an Bedeutung.
Maschinen und Anlagen besser nutzen
Der Maschinenbau erschafft die Geräte für neue Technologien – entsprechend gab und gibt es schon immer Technologie-Trends wie beispielsweise die Servo-Antriebstechnik, um hydraulische Systeme zu ersetzen und mit höheren Geschwindigkeiten genauer arbeiten zu können. Neue Bauteilgenerationen werden entworfen. Die Sicherheitstechnik entwickelt sich weiter und macht neue Formen der Zusammenarbeit wie die Mensch-Roboter-Kollaboration möglich. Mensch und Maschine rücken näher zusammen, kein Zaun trennt sie mehr und Prozesse wie Handreichungen werden „machbar“, was die Produktionsabläufe verbessert.
Natürlich beschäftigen aktuelle Trends der Industrie, wie Industrie 4.0 und Big Data, auch die Maschinenbauer: Anlagen können darüber besser genutzt, Prozessdaten erfasst und Lieferketten optimiert werden. Alle diese Innovationen sind aber keine Umstürze, sondern kommen Schritt für Schritt. Umstellungen auf neue Prozesse erfordern Zeit. Der deutsche Maschinenbau hat seine Stärken in puncto Qualität und Perfektion – Treiber von Innovation und Trends sind dagegen nur wenige Unternehmen.
Trend: Mit Software lassen sich Abläufe vereinfachen
Mit Blick auf die Softwareunterstützung zeichnet sich allerdings ein klarer Trend ab. Unternehmen nutzen selbstverständlich Tools für Buchhaltung, Warenwirtschaft und Einkauf. Allerdings werden Arbeitsschritte wie Konstruktion, Einkauf der Teile, ihre Fertigung und Auslieferung, die Integration von Dienstleistern, der Aufbau der Anlage und ihre Abnahme oft noch mit Word oder Excel abgebildet. Diese Abläufe werden nun verstärkt gebündelt und zusammengeführt, um sie zu optimieren und sich schlanker aufzustellen. Hier zeichnet sich die Tendenz ab, keine weiteren Insellösungen einzuführen, sondern die „Landschaften“ zu konsolidieren. Der Trend geht eindeutig hin zu Kollaborationslösungen, um Abläufe zu standardisieren und zu vereinfachen.
Die Sicherheitsexperten von CE-Con (www.ce-con.de) stellten außerdem fest, dass Konformitätsbewertungsverfahren und CE-Kennzeichnung ernster genommen werden. Es gibt nach wie vor Unternehmen, denen es in der Vergangenheit gelang, die gesetzlichen Verpflichtungen zur Maschinensicherheit durch alternative Interpretation der Gesetze zu umgehen. Hier ist ein Wandel erkennbar: Die Kunden fordern mehr Sicherheit von den Herstellern, die Qualität ihrer Anfragen steigt und der Markt orientiert sich an diesem Wandel.
Die Corona-Krise gab diesem Trend weiteren Schub: Unternehmen stand mehr Zeit zur Verfügung, sich um sonst eher vernachlässigte Themen wie Maschinensicherheit und Risikobewertung zu kümmern. Die Arbeit der Verbände VDI, VDMA und des Zentralverbands Elektroindustrie, die seit Jahren auf Notwendigkeiten für sichere Produkte aufmerksam macht, trägt nun Früchte. Für 2021 wird zudem die Neuauflage verschiedener Richtlinien erwartet, um sie dem technischen Fortschritt anzupassen. Sie wird sich Corona-bedingt aber wahrscheinlich verzögern.
Auswirkungen für Unternehmen eingrenzen
Die Risikobeurteilung im Konformitätsbewertungsverfahren für die CE-Kennzeichnung ist die Basis jeglicher Sicherheit. Sie wird konstruktionsbegleitend erstellt, sodass der Steuerungsbau und die Fertigung zeitnah das verwirklichen können, was festgelegt wurde. Dabei ist das Verständnis zentral, dass CE nicht nur aus einer Konformitätserklärung besteht: Dokumentationspflichten für Hersteller werden zukünftig eher steigen als sinken. Das Umdenken – weg von Einzeltools hin zu homogenen Lösungen ohne Brüche – wird damit zur Notwendigkeit, um alle Schritte auch im Nachhinein nachvollziehen zu können. Gerade wenn Tools wie Excel oder Word als Datenbanken verwendet werden, schleichen sich schnell Fehler in Dokumentationen ein.
Verbände wie der VDMA weisen seit Jahren auf die Bedeutung des Themas hin: eine gute Dokumentation ist schließlich auch eine Versicherung des Herstellers im Schadensfall. Mangelhafte oder nicht kongruente Dokumentationen lassen dagegen Rückschlüsse auf Fahrlässigkeit zu. Unternehmen müssen sich diesen Aufgaben stellen – das Bewusstsein dafür steigt. In der Praxis kommt es nach wie vor zu Reibungsverlusten: Es passiert, dass Elektrik und Konstruktion zu wenig kommunizieren, die technische Redaktion noch keine Betriebsanleitung aufgesetzt hat, weil sie keine Kenntnis über die Auslieferung der Maschine hat, oder die Fertigung nicht weiterarbeiten kann, weil maßgebliche Teile fehlen. Passt am Ende die Risikobeurteilung nicht auf das Produkt, kann die Maschine nicht betrieben werden. Teure Umbauten und Erweiterungen werden notwendig.
Prozesse frühzeitig zukunftssicher ausarbeiten
Wer seine Prozesse dagegen heute schon so aufstellt, dass alle an der Produktsicherheit beteiligten Personen zusammenarbeiten können, wird den Prozess nicht nur effektiver, sondern auch effizienter gestalten können. Ein Tool sollte also nicht nur die Risikobeurteilung der Konformitätsbewertung abdecken, sondern den gesamten Konstruktionsprozess kollaborierend aufbauen.
Für den Anwender ist eine Cloud-Software eine einfache Lösung, um diese Vernetzung der Prozesse zu gewährleisten: Das Tool 2CE-Con Safety“ erlaubt zum Beispiel eine Zusammenarbeit unterschiedlicher Abteilungen und externer Dienstleister und Lieferanten. Die Mitarbeiter benötigen keine VPN-Tunnel mehr und haben trotzdem sicheren Zugriff auf jene Daten, die sie benötigen, um ihrer Tätigkeit nachzugehen – ein lokales System kann das nicht leisten. Verschiedene Benutzerrollen und das Rechtemanagement regeln die Zugriffe und sorgen dafür, dass Informationen nur jenen vorliegen, die sie benötigen und die berechtigt sind.
Eine Cloudlösung kann damit den gesamten Prozess von der Konstruktion bis zur Fertigung und CE-Kennzeichnung abdecken und dokumentieren. Die Verantwortlichen behalten den Überblick. Sie können den Prozess bestmöglich steuern, sodass bei der Auslieferung des Endproduktes auch tatsächlich die gesamte Dokumentation erstellt ist – und der Kunde nicht noch monatelang auf die Betriebsanleitung warten muss, die rechtlich Bestandteil der Maschine ist.
Corona-Krise und daraus resultierende Handlungsempfehlungen
Die Corona-Krise hat das Thema Sicherheit auch im Maschinenbau ganz nach oben auf die To-Do-Liste katapultiert: Die Arbeitsplätze sind schon bei der Konstruktion und dem Bau der Maschine so zu gestalten, dass sich zum Beispiel Infektionsrisiken minimieren lassen. Maschinenbauer und Betreiber müssen dafür eng zusammenarbeiten können.
So werden Sicherheitszonen oder separierte Bedienstellen geschaffen, um die Hygieneanforderungen zu gewährleisten. Die Grenzen von Arbeitssicherheit und Maschinensicherheit verschwimmen durch das mögliche Infektionsrisiko bei der Arbeit, das über die Konstruktion der Maschine ausgeschlossen werden kann. Die Gefährdungsbeurteilung des Betreibers und die Risikobeurteilung durch den Maschinenbauer betrachten zwar Risiken, die zusammenhängen, werden aber bisher getrennt durchgeführt. Eine Zusammenführung verspricht Synergieeffekte – mit dem Tool CE-Con Safety können zum Beispiel auch Gefährdungsbeurteilungen nach dem Arbeitsschutzgesetz und der Betriebssicherheitsverordnung vorgenommen werden.
Digitalisierung ist das „A&O“
Unternehmen müssen umdenken und massiv digitalisieren – aber mit Sinn und Verstand, ohne sich im „Kleinklein“ zu verlieren. Bevor ein Betrieb beginnt, seine Prozesse zu optimieren, sollte er sich Gedanken darüber machen, wie sie unter Einbeziehungen aller Abteilungen abzubilden wären. Die Corona-Krise schafft ein Fenster, um die unternehmenseigenen Abläufe auf den Prüfstand zu stellen und mit diesen Kenntnissen eine passende Software auszuwählen. Dabei müssen Fertigungstiefe und Anbindungen betrachtet werden – Unternehmen sollten weg gehen von Insellösungen, hin zu ganzheitlichen Tools. Denn diese gewährleisten einen schnellen ROI (Return on Investment).
Mit einem passend gewählten und gut eingeführten Tool können Unternehmen nicht nur Prozesse optimieren, sondern viel Geld sparen. Um die oft schon überlastete IT nicht weiter zu beanspruchen, sollte die Lösung niedrigschwellig und anwendungsfreundlich sein.
Fazit
Steigende Dokumentationspflichten verursachen für Maschinenbauer einen Mehraufwand und stellen eine Herausforderung von verschiedenen Treibern der Digitalisierung dar. Durch Kollaboration vernetzte Prozesse auf Basis sinnvoller Tools senken die Projektdurchlaufzeit und bieten eine Kostenersparnis. Die Digitalisierung bedeutet für Unternehmen also, sowohl Effizienz als auch Effektivität verbessern zu können – und zusätzlich rechtlich auf der sicheren Seite zu sein. Die Unternehmen, die die Krise als Chance betrachten und auf Digitalisierung und Kollaboration setzen, werden am Ende unter den Gewinnern sein.
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