Online-Fertigung erhält weiteren Schub
Eine aktuelle Marktanalyse zeigt: Der Trend zur Digitalisierung und Individualisierung in der Fertigung nimmt weiter zu. Ebenso sind Konzepte für mehr Flexibilität in der Logistik von extern hergestellten Bauteilen gefragt.
Die „Online-Fertigung“ hat durch die Corona-Pandemie im Jahr 2020 weiter an Fahrt aufgenommen. Die Anzahl an Fertigungs-Dienstleistern steigt und Firmen wie wie Spanflug, Protolabs, CNCTeile24 oder mipart erleben einen Boom an Nachfragen. Worauf die Kunden besonders Wert legen, hat der Dienstleister Facturee, Berlin, mithilfe einer Auswertung der im Jahr 2020 erhaltenen Anfragen ermittelt und leitet daraus spannende Prognosen ab.
Neue Methodik setzt sich immer mehr durch
Bei dem modernen Marktangebot können Kunden Modelle ihrer benötigten Bauteile auf der Webseite des gewählten Anbieters hochladen und erhalten nahezu sofort ein Angebot mit einem gut kalkulierten Preis. Als Lieferant tritt entweder ein spezialisierter einzelner Anbieter auf, oder aber ein Netzwerk aus Werkstätten, die sich die Arbeit entsprechend ihrer Fähigkeiten aufteilen. Die Anbieter der Dienstleistungen können bei einigen Portalen aus allen 27 Ländern der EU stammen. Für den Anwendungsfall passende Werkstoffe wie Edelstähle, Kupfer, Aluminium, Titan oder Kunststoffe werden nach der Auftragserteilung mittels CNC-Fräsen, -Drehen, -Bohren oder Laserschneiden und gegebenenfalls eine Oberflächenbehandlung passend bearbeitet – und schon in kurzer Zeit steht das fertige Produkt bereit.
Immer mehr Anbieter konzentrieren sich zudem – unterstützt durch die wachsende Anzahl an Anlagen, Verfahren und Werkstoffen – auf Teile, die mithilfe der Additiven Fertigung produziert werden. Kunststoffteile sind in diesem Bereich vorherrschend; metallische Teile mit komplexen (Innen-)Geometrien jedoch „im Kommen“. Diverse Firmen haben so viel Know-how aufgebaut, dass sie in der Lage sind, ihre Kunden mit konstruktiven Verbesserungsvorschlägen zu unterstützen und darüber hinaus bei Neuprodukten den Time-to-Market zu beschleunigen.
Nachfrage belegt Trend zur Individualisierung
Der Online-Fertiger Facturee (www.facturee.de) macht durch die Nachfrageanalyse in seinem Unternehmen Trends für die Branche ab dem Jahr 2021 aus. Demnach geht die Entwicklung nach Auswertung der Berliner unter anderem vermehrt in Richtung Individualisierung – beispielsweise durch Großprojekte sowie eine höhere Teilekomplexität. Des Weiteren wird eine immer höhere Flexibilität seitens des Anbieters gefragt sein, was zum Beispiel die Logistik betrifft. Denn neben einer schnellen Arbeitsvorbereitung und Fertigung ist die rasche Zulieferung an den Kunden gleichermaßen wichtig.
Im Jahr 2020 hat Facturee verschiedene Veränderungen – auch getrieben durch Corona – festgestellt und gibt einen Ausblick auf die Entwicklung in 2021. Viele Zulieferer sind im laufenden Jahr weggebrochen und Produktionen kamen aufgrund fehlender Teile zum Erliegen. „Die Corona-Pandemie und die dadurch ausgelöste Krise im Maschinenbau hat praktisch wie ein Katalysator für die Digitalisierung – und damit auch für die Online-Fertigung – gewirkt. Die Bereitschaft, alternative Beschaffungsprozesse zu testen, ist definitiv gestiegen. Unsere Prognose ist, dass die Online-Fertigung auch im Jahr 2021 weiter an Fahrt gewinnt und unser Marktanteil ebenfalls noch deutlicher zunimmt“, erklärt Benjamin Schwab, Leitung Marketing & Sales der cwmk GmbH, die unter dem Markennamen Facturee als Online-Fertiger operiert. Mithilfe von Digitalisierung, Automatisierung und Vernetzung macht der Dienstleister eine zeitgemäße Beschaffungsstrategie von Fertigungsteilen möglich. Das Produktionsnetzwerk umfasst über 1000 Fertigungspartner aus den Bereichen CNC-Bearbeitung, Blechbearbeitung, 3D-Druck und Oberflächentechnik. Mehr als 8000 Maschinen stehen konstant für Projekte bereit. Selbst im Falle der kompletten Schließung eines Fertigungsbetriebs kommt es nicht zu einem Totalausfall, da aufgrund der Vielzahl an Partnern stets die Möglichkeit besteht, Kapazitäten flexibel umzuverteilen.
Serienfertigung nimmt zu, Teilekomplexität steigt
Die wachsende Relevanz der Online-Fertigung hat auch die Anforderungen verändert. Benjamin Schwab erklärt: „Im Bereich Prototyping – der erstmaligen Erstellung eines neuartigen Werkstücks – hat sich die Online-Fertigung bereits gut etabliert. Inzwischen werden von unseren Kunden jedoch auch zunehmend Serienfertigungen und entsprechende Rahmenverträge nachgefragt. In diesem Bereich launchen wir daher auch zeitnah ein neues Produkt.“
Insgesamt wickelt Facturee mittlerweile deutlich mehr Großprojekte mit einem hohen Umsatzvolumen und Bauteile mit einem großen Gewicht ab. Auch die Komplexität der gefertigten Teile steigt. Da damit der logistische Aufwand wächst, hat das Unternehmen im Jahr 2020 neue Logistikmethoden eingeführt. Es nutzt zum Beispiel mehrere verschiedene Versanddienstleister und setzt auf variable Transportarten und -wege, vom Lkw über die Schiene bis zur Luftfracht.
Zukünftig ist Internationalisierung gefragt
Ein weiterer Trend ist, dass zunehmend Kunden aus neuen Märkten stammen. Außerdem hat sich der geografische „Aktionsradius“ deutlich erweitert. „Unsere Kunden kommen zwar zu einem Großteil immer noch aus Bereichen wie dem klassischen Maschinenbau und dem Automotive-Sektor, ein Trend hin zur boomenden E-Mobility-Branche ist jedoch zu erkennen“, erläutert Schwab. „Darüber hinaus wickeln wir immer mehr Projekte aus der Nicht-DACH-Region (DACH = Deutschland, Österreich und Schweiz) ab. Auf diese Entwicklung reagieren wir ab Januar 2021: Unter anderem ergänzen wir den bisher deutsch-, englisch- und spanischsprachigen Kundenservice um einen französischsprachigen Support.“
Um hohe Standards zu erfüllen, unterziehen sich alle Partner von Facturee einem kontinuierlichen datengetriebenen Qualitätsmanagementsystem, das nach ISO 9001 zertifiziert ist. Erfahrungen liegen aus den unterschiedlichsten Bereichen wie Maschinenbau, Medizintechnik, Modellbau, Robotik, Automotive sowie Luft- und Raumfahrt vor. Führende Industrieunternehmen wie Siemens und Parker Hannifin, aber auch kleinere Firmen, Forschungseinrichtungen und Universitäten zählen zu den Kunden.
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Dr.-Ing. Birgit Etmanski ist Chefredakteurin der VDI-Z.