Vorteile regionaler Wertschöpfungsketten im Maschinenbau
Einbrechende Exportmärkte, Beschaffungsschwierigkeiten, Umsatzausfälle – unter anderem als Auswirkungen der Corona-Krise und des Ukraine-Krieges – belasten den Maschinen- und Anlagenbau. In der Branche findet daher ein Umdenken in Richtung Re-Regionalisierung statt.
Ein hessischer Maschinenbauer setzt bereits seit vielen Jahren auf Regionalität und beleuchtet im Beitrag an mehreren Beispielen die Vorteile lokaler Wertschöpfungsketten im Maschinenbau. Das Ziel lautet dabei: schnelle Verfügbarkeit, kurze Reaktionszeiten, hohe Qualität und Kostenvorteile durch regionale Partnernetzwerke.
Breites Produktspektrum trotz überschaubarer Unternehmensgröße
„Ohne Zweifel ist die Zusammenarbeit mit Partnern und Lieferanten auch über Landesgrenzen hinweg von Vorteil. Gerade in Krisenzeiten werden jedoch Nachteile und Abhängigkeiten deutlich. Lieferverzögerungen, Qualitätsprobleme und erhöhte Kosten sind nur einige Beispiele. Daher pflegen wir bereits seit vielen Jahren ein enges Netzwerk mit Unternehmen in unserer Region. Dies zahlt sich heute aus, denn gerade jetzt sind kurze Lieferwege, verlässliche Partner und ein ausgeprägtes Spezialwissen wettbewerbsentscheidend“, erklärt Thomas Kozian, Geschäftsführer der LANG GmbH & Co. KG – eines mittelständischen Unternehmens des Werkzeugmaschinenbaus mit Weltruf.
Der 1972 gegründete Betrieb ist mit seinen 75 Mitarbeitern rund um die Geschäftsführer Volker und Thomas Kozian international erfolgreich. Neben CNC- Fräs- und Graviermaschinen zählen Automations-Systeme, Lasertechnologie, Digitalisiersysteme, Positionssteuerungen und CAD/CAM- Software zu den Produkten, die in eigener Regie entwickelt, produziert und weltweit erfolgreich vertrieben werden. Mit der Automobil-, Münz-, Spielwaren-, Wafer- und Verpackungsindustrie sowie Mikroskopie kann an dieser Stelle nur ein kleiner Ausschnitt der Bereiche aufgezählt werden in denen die Produkte zum Einsatz kommen. Um dabei durchgehend hohe Qualität und Verfügbarkeit zu gewährleisten, arbeitet der Betrieb mit regionalen Partnern zusammen.
Ohne Schaltschränke läuft im Maschinenbau nichts
Ein Beispiel ist die Rittal GmbH & Co. KG, Systemanbieter für Schaltschränke, Stromverteilung, Klimatisierung, IT-Infrastruktur sowie Software und Service. Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz im nur 35 Kilometer entfernten Haiger. „Wir arbeiten bereits seit Jahrzehnten mit Rittal zusammen und haben die Partnerschaft in den vergangenen fünf Jahren stark intensiviert. Wir schätzen bei den Lösungen aus Haiger unter anderem den hohen Digitalisierungsgrad und die weltweite Ersatzteilverfügbarkeit“, erklärt Thomas Kozian.
Lang bestellt jährlich bis zu 50 Schaltschränke bei den anerkannten Spezialisten. Die Anforderungen und Spezifikationen sind oft ungewöhnlich und meistens hochkomplex. Rittal bietet einen Konfigurator, der sich bei der Auslegung der gewünschten Komponente bestens bewährt hat. Damit lassen sich individuelle Schaltschränke einfach konfigurieren – mit passendem Zubehör, Plausibilitätsprüfungen zur Fehlervermeidung, 3D-Visualisierung, Bibliotheken mit vordefinierten Bohrbildern und mit einer direkten Anbindung an den Online-Shop.
„Die benötigten Bauteile im Online-Shop werden spätestens nach 48 Stunden geliefert, auch jetzt in Zeiten der globalen Lieferengpässe. Wir können uns auf die pünktliche Lieferung der bestellten Ware verlassen. Das ist für uns sehr wichtig, denn ohne Schaltschränke läuft im Maschinenbau nichts“, betont Dimitri Kungl, Konstruktion Elektrotechnik bei Lang.
Naturstein aus der Region sorgt für höchste Präzision
Seit mehr als 30 Jahren arbeiten die Hüttenberger außerdem mit der Reitz Natursteintechnik e.K, die in etwa 20 Kilometer Entfernung liegt, zusammen. Das Unternehmen stellt auf Grundlage des Werkstoffs Stein hochpräzisierte Maschinenkomponenten und Komplettsysteme her. „Durch die räumliche Nähe findet immer ein reger Austausch zwischen unseren beiden Unternehmen statt. Das von Reitz angebotene Naturhartgestein Granit bietet im Vergleich zu Stahl aufgrund seines geringen thermischen Ausdehnungskoeffizienten, seiner Abriebfestigkeit und der geringen Wärmeleitfähigkeit deutliche Vorteile in Bezug auf die geforderte Präzision im Mikrobereich. Hinzu kommt die hohe Schwingungsdämpfung des Werkstoffs. Dies sind Eigenschaften, auf die wir im Präzisionsmaschinenbau sehr großen Wert legen. Aus der langjährigen Partnerschaft resultieren zahlreiche gemeinsame Entwicklungen im Maschinenbau“, sagt Thomas Kozian.
Gemeinsam gewachsen: vom kleinen Anbieter zum Konzern
Ebenfalls knapp 20 Kilometer entfernt liegt die KEBA Industrial Automation Germany GmbH. Dies ist ein international tätiger Spezialist im Bereich Automatisierungslösungen. Das Unternehmen entwickelt spezielle Steuerungstypen, die von Lang eingesetzt werden und die auf die spezifischen Anforderungen zugeschnitten sind. Viele Jahre lang haben die Hüttenberger die neuesten Entwicklungen des Unternehmens getestet.
Thomas Kozian berichtet: „Mittlerweile ist KEBA zu einem weltweit tätigen Konzern angewachsen. Trotz der Größe sind nach wie vor hohe Flexibilität und sehr schnelle Reaktionszeiten gewährleistet – auch in diesen turbulenten Zeiten. Und wir profitieren heute unter anderem von dem hohen Digitalisierungs- und Automatisierungsgrad, der in Zeiten der Industrie 4.0 für uns immer wichtiger wird.“
Positives Fazit zum Thema regionale Beschaffung
Die genannten Beispiele sind nur drei Stück von vielen, die widerspiegeln, welchen Stellenwert Regionalität für Lang besitzt und welche Vorteile sich daraus ergeben. „Wir haben hier in Hüttenberg das Glück, so viele leistungsstarke Partner ganz in unserer Nähe zu haben, und schöpfen diesen Vorteil bereits seit Anbeginn unserer Unternehmensgeschichte aus. Mit den über viele Jahre aufgebauten, mittlerweile sehr intensiven, regionalen Beziehungen zu Partnern und Lieferanten sind wir schnell reaktions- und lieferfähig – und das bei sehr hoher Qualität“, erklärt Thomas Kozian.
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