Inhalte der Online-Ausgabe 3-2020
Industrie 4.0 – und was nun?
G. Reinhart; T. Bauernhansl – Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften (iwb), Technische Universität München und Fraunhofer-Institut für Gießerei-, Composite- und Verarbeitungstechnik IGCV, Augsburg; Institut für Industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb IFF, Universität Stuttgart und Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, Stuttgart
Seit 2013 kennen wir den Begriff Industrie 4.0. War es nun eine industrielle Revolution mit disruptiver Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie? Oder gilt eher das Produktivitätsparadoxon, wie es in der Studie der Impuls-Stiftung behauptet wird (www.impuls-stiftung.de/studien)? Diese stellte Ende 2018 fest, dass der deutsche Maschinenbau einerseits bei Umsätzen, Löhnen und Beschäftigung wirtschaftlich sehr erfolgreich war, auf der anderen Seite jedoch die Arbeitsproduktivität merklich unter dem Wert von vor der Krise von 2011 bis 2015 blieb.
Technologieradar für die autonome Produktion*
S. Schumacher, D. Bauer, R. Kurz, T. Bauernhansl - Fraunhofer IPA, Stuttgart
Industrie 4.0 strebt anhand der Vernetzung mit cyber-physischen und autonomen Systemen in Richtung autonomer Produktion. Ein bestehendes technologieunabhängiges Stufenmodell für die autonome Produktion soll um die systematische Identifikation von Technologien erweitert werden. Für dieses Vorhaben wird ein allgemeingültiges methodisches Vorgehen vorgestellt. Die Technologien werden mittels Technologiesteckbriefen und „Concept Maps“ für thematische Merkmalsfelder identifiziert und durch ein Technologieradar eingeordnet. Zudem werden technologische Entwicklungsfelder für die autonome Produktion aus der Analyse abgeleitet und der weitere Forschungsbedarf aufgezeigt.
Wertschöpfungsnetzwerk und Produktion integrieren*
D. Bauer, T. Bauernhansl; A. Sauer – Fraunhofer IPA, Stuttgart; Institut für Energieeffizienz in der Produktion EEP, Universität Stuttgart
Von der Integration von Wertschöpfungsnetzwerk und Produktion versprechen sich produzierende Unternehmen eine schnellere Reaktion auf Ereignisse und signifikante Kosteneinsparungen. Der Beitrag zeigt einen adaptiven Regelkreis als technischen Lösungsbaustein für solch eine vertiefte Integration.
Predictive Maintenance in der Produktion*
C. Nentwich, M. Benker, J. Ellinger, S. Zhai, R. Kleinwort, G. Reinhart, M. F. Zäh – iwb, TUM
Ungeplante Maschinenausfälle führen zu Stillständen in der Produktion, die große Auswirkungen auf die Wertschöpfungskette eines Unternehmens haben. Der Einsatz von Predictive Maintenance (PdM) entlang dieser Kette erhöht die Maschinenverfügbarkeit und sichert einen reibungslosen Produktionsablauf. Im Rahmen verschiedener Forschungsprojekte am iwb werden Anwendungsfälle für PdM in der Fertigung, der Montage und der Produktionssteuerung betrachtet. Dieser Beitrag beleuchtet individuelle Herausforderungen, Lösungsansätze und Grenzen von PdM im produktionstechnischen Umfeld.
Digitale Assistenzsysteme in der Produktion
C. Bayer, R. Makhlouf, J. Metternich – Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW), Technische Universität Darmstadt
Die Diversifikation von Produkten erhöht die Komplexität in der Produktion, wodurch die Anforderungen an die Beschäftigten steigen. Durch den Einsatz digitaler Assistenzsysteme kann die menschliche Arbeit in der Produktion unterstützt werden. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit den relevanten Funktionen eines digitalen Assistenzsystems als Diskussionsgrundlage bei deren Einführung.
Framework kognitive Produktionsarbeit 4.0
S. Schumacher; B. Pokorni – Fraunhofer IPA, Stuttgart; Fraunhofer-Institut für IAO, Stuttgart
Das Future Work Lab ist ein Innovationslabor für Arbeit, Mensch und Technik am Standort Stuttgart mit Fokus auf Künstlicher Intelligenz (KI) und vernetzter Arbeitsorganisation. Ein zentraler Bestandteil ist das Framework kognitive Produktionsarbeit 4.0, das als Referenzmodell für das Themenfeld Produktionsarbeit 4.0 dienen soll. Ein entsprechendes Konzept wurde in einem interdisziplinären Projektteam entwickelt. In diesem Beitrag wird das Grobmodell vorgestellt und die weitere Forschungsagenda präsentiert.
Edge- und cloudbasierte Prozessüberwachung*
B. Schmucker, M. Busch, R. Kleinwort, M. F. Zäh – iwb, TUM
Methoden der Systemidentifikation ermöglichen, das dynamische Verhalten von Werkzeugmaschinen zu ermitteln und Prozessparameter während der Bearbeitung zu optimieren. Der Verwendung cloudbasierter Ansätze erlaubt dabei die Auswertung großer Datenmengen und die Aggregation von Informationen über verschiedene Anlagen und Produktionsstandorte hinweg. Um die Bereitschaft der Maschinenbetreiber zu erhöhen, diese Daten über Unternehmensgrenzen hinaus bereitzustellen, müssen die Informationen noch innerhalb des Unternehmens anonymisiert und verschlüsselt werden.
Digitale Planung symbiotischer Montagesysteme*
P. Voit, B. Voringer, T. Neuhäuser, A. Hohmann, G. Reinhart – Fraunhofer IGCV, Augsburg
Zum Erreichen der Klimaziele hat die europäische Kommission eine Senkung der CO2-Emissionen für Lastkraftwagen festgelegt. Nutzfahrzeughersteller müssen also zeitnah elektrifizierte LKW am Markt anbieten. Um dieser Herausforderung mit wettbewerbsfähigen Produktionskonzepten zu begegnen, wird ein Vorgehensmodell zur digitalen Planung eines symbiotischen Montagesystems vorgestellt, welches die gemeinsame Herstellung elektrifizierter und konventioneller LKW ermöglicht.
Monetäre Bewertung eines Anreizsystems*
R. Sochor, L. Merkel, S. Braunreuther, G. Reinhart; F. Greiter – Fraunhofer IGCV, Augsburg; Technische Universität München
Digitale, kognitive Assistenz- und betriebliche Anreizsysteme können zusammen Leistungsvoraussetzungen und -bereitschaft manueller Montagemitarbeiter fördern. Dieser Beitrag liefert eine Methode zur unternehmensspezifischen Quantifizierung des wirtschaftlichen Mehrwertes einer Anreizimplementierung zur Stimulation von Montagequalität, -produktivität und Wissensweitergabe.
Über das Potenzial von Secondary Encodern zur Vermessung*
M. Neubauer, P. Mesmer, A. Lechler, A. Verl – Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen ISW, Universität Stuttgart
Industrieroboter werden zunehmend für Anwendungen eingesetzt, in denen es wichtig ist, die programmierte Bahn exakt einzuhalten. Hierfür ist vorwiegend das dynamische Verhalten der Roboterachsen entscheidend. Stetig steigende Anforderungen an die dynamische Bahngenauigkeit motivieren die Analyse und Quantifizierung der Achsdynamik. In diesem Beitrag wird ein neuer Ansatz vorgestellt, bei dem das dynamische Verhalten von Roboterachsen mithilfe von Secondary Encodern ermittelt wird.
Einsatz von Industrierobotern in der Zerspanung*
T. Götz, A. Gebhardt, S. Kleinhenz, M. Schneider – Fraunhofer IPA, Stuttgart
Der zunehmende Einsatz von Industrierobotern in der Zerspanung setzt eine deutliche Erhöhung der Bearbeitungsgenauigkeit voraus. Dies bedingt aufgrund der Steifigkeitseigenschaften von Robotern eine Optimierung der Bearbeitungsstrategien und Zerspanparameter. Der Beitrag beschreibt die experimentelle Untersuchung des radialen Arbeitseingriffs bei der Kunststoffzerspanung, um über die Wahl geeigneter Eingriffsgrößen das Schwingungs- und Abdrängungsverhalten des Roboters und damit die Bearbeitungsqualität zu verbessern.
Methode zur Bestimmung der notwendigen Automatisierung von LKT-Systemen
M. Müller, A. Behrend, M. Stonis – IPH Institut für Integrierte Produktion Hannover GmbH
Die Auswahl von Lager-, Kommissionier- und Transportsystemen (LKT-Systeme) ist aufgrund der hohen Anzahl an zur Verfügung stehenden Systemen am Markt und zu betrachtenden Einflussfaktoren sehr komplex. Ein wichtiger Einflussfaktor ist die Automatisierung. Zur Einordnung der Automatisierungsgrade von LKT-Systemen und zur Bestimmung der individuell notwendigen Automatisierung wird folgend eine Methode vorgeschlagen.
Industrielle Mensch-Roboter-Interaktion in KMU*
M. Baumgartner, T. Kopp, S. Kinkel – Institut für Lernen und Innovation in Netzwerken (ILIN), Hochschule Karlsruhe, Technik und Wirtschaft
Die industrielle Mensch-Roboter-Interaktion (MRI) eignet sich nach Einschätzung von Experten vor allem für die spezifischen Produktionsbedingungen kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU). Nichtsdestotrotz finden sich MRI-Lösungen derzeit vorwiegend in Großunternehmen. Eine empirische Befragung von 81 Vertretern deutscher Industrieunternehmen legt die Vermutung nahe, dass es sich hierbei nicht nur um ein Umsetzungsdefizit handelt. Vielmehr scheinen KMU die Potenziale von MRI-Lösungen systematisch zu unterschätzen.
Lebensdauer von Profilschienenführungen – Teil 2*
S. Ihlenfeldt, J. Müller, D. Staroszyk – Institut für Mechatronischen Maschinenbau Dresden
Teil 1 dieses Beitrags behandelte eine analytische Berechnung von Wälzkontaktkräften in Führungswagen von Profilschienenführungen bei Nick- und Giermomenten. Mit der wälzkontaktbezogenen Lebensdauerberechnung lassen sich damit realistischere Lebensdauerwerte berechnen, als mit konventionellen Berechnungsmethoden. Der zweite Teil des Beitrags beschreibt eine einfache numerische Methode, um die Elastizität des Führungswagens bei der Bestimmung der Wälzkontaktkräfte zu berücksichtigen und damit die Genauigkeit der Lebensdauervorhersage weiter zu erhöhen.
Verzugskompensation beim Schleifen*
C. Schieber, M. F. Zäh; M.-A. Hettig, C. Heinzel – iwb, TUM; Leibniz-Institut für Werkstofforientierte Technologien IWT, Bremen
Der Schleifprozess ist bedeutend für die Endbearbeitung von Bauteilen und erzeugt hohe Oberflächengüten. Durch die Wärmeentwicklung an der geschliffenen Oberfläche können Zugeigenspannungen in das Bauteil eingebracht werden, welche wiederum in Bauteilverzügen resultieren. Zur Abbildung dieser unerwünschten Eigenschaften werden im Folgenden mittels der Finite-Elemente-Methode Wirkmechanismen im Bauteil modelliert. Auf Basis der Simulationsergebnisse können nachfolgend mechanische und thermische Richtprozesse ausgelegt werden.
ETAL – Logistikkonzept für Leichtmetall-Gießereien
M. Kujath, B. Sander, H. Seidel – Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF, Magdeburg
Technologische Antworten dürften die überzeugendsten im Kampf gegen den anthropogenen Klimawandel sein. Insbesondere dann, wenn die Investitionsentscheidung der durch steigende Energiekosten im Standort bedrohten kleinen und mittleren Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie nicht nur durch die bloße Einsparung von Energie bestimmt ist, sondern auch durch die einhergehende Verbesserung der innerbetrieblichen Prozessabläufe versüßt wird.
Bei den mit einem Stern gekennzeichneten Beiträgen handelt es sich um wissenschaftlich begutachtete und freigegebene Fachaufsätze („reviewed paper“).