Inhalte der Online-Ausgabe 5-2022
Notwendiger denn je: Adaptive und wandlungsfähige Produktionssysteme
A. Verl – Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen (ISW), Universität Stuttgart (Editorial)
Mehr denn je muss für eine wirtschaftliche Produktion adaptiv und sogar wandlungsfähig auf äußere Einflüsse reagiert werden können. Um die Produktion möglichst schnell auf Änderungen von beispielsweise Stückzahlen, Produktanforderungen oder Zulieferteilen anpassen zu können sind neben organisatorischen auch technische Maßnahmen notwendig. Nur wenn Produktionssysteme in der Lage sind, sich automatisch und schnell anzupassen, ist eine wirtschaftliche Lieferfähigkeit sichergestellt. Hierzu finden sich in dieser Ausgabe der wt Werkstatttechnik online aktuelle und innovative Themen zur Adaption und Wandlungsfähigkeit von komplexen Produktionssystemen. S. 275
Fehlerfreie Produktion durch flexibilisierte Prozesse*
D. Dietrich, M. Neubauer, A. Lechler, A. Verl – ISW, Universität Stuttgart
Um wettbewerbsfähig zu bleiben, streben Unternehmen eine effiziente, fehlerfreie Produktion an. Neben der End-of-Line-Qualitätskontrolle mit anschließender Nacharbeit, bestehen Ansätze, um Prozessparameter entlang des Materialflusses für eine Fehlerkompensation anzupassen. In einer software-definierten Fertigung nimmt dieser Planungsraum durch Enabler der Industrie 4.0 weiter zu. Dieser Beitrag zeigt eine Konzeption für die iterative Planung der Fertigungsprozesse, um das vollständige Potenzial des Produktionssystems für die Produktion individueller fehlerfreier Produkte zu nutzen. S. 276
Vorspannungsnachstellung an Kugelgewindetrieben*
O. Jud, N. Helfesrieder, A. Lechler, A. Verl – ISW, Universität Stuttgart
Die Vorspannung ist eine zentrale Größe für Kugelgewindetriebe, da sie Umkehrspiel und Nachgiebigkeit minimiert, gleichzeitig jedoch die Reibung und den Verschleiß erhöht. Die Vorspannungsnachstellung an Kugelgewindetrieben bietet die Möglichkeit, Verschleißerscheinungen zu minimieren und die Lebensdauer bei gleichbleibendem Betriebsverhalten zu erhöhen. In diesem Beitrag werden passive, rein mechanische Konzepte zur belastungsgerechten Vorspannungsnachstellung vorgestellt, die gegenüber bestehenden Lösungsansätzen vorteilhaft hinsichtlich der Kosten und des Integrationsaufwandes sind. S. 282
Ganzheitliche Entwicklungsmethodik für Leichtbauansätze
S. Bucherer, J. Liebertseder, S. Reuter, S. Heß, L. Berg; A. Zabirov – Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT, Karlsruhe; FEV Vehicle GmbH, Aachen
Bei neuen Antriebssystemen für einen treibhausgasneutralen Verkehr der Zukunft spielt der Leichtbau eine bedeutende Rolle. Im vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderten Verbundprojekt „LeiMot – Gewichtsreduzierung eines Verbrennungsmotors durch Strukturoptimierung und Verwendung von Hybrid Metall- und Kunststoff-Komponenten“ wurde unter industrieller Federführung eine ganzheitliche Entwicklungsmethodik zur Umsetzung innovativer Leichtbauansätze für leichte und effiziente Antriebe der Zukunft demonstriert. Auch die Nutzung nicht-fossiler Kraftstoffe, zum Beispiel Wasserstoff, sind durch diese Entwicklung möglich. S. 288
Additive Fertigung hybrider Hüftimplantate
M. C. M. Fischer; J. W. Schlasche; S. Schröder, J. P. Kretzer, M. M. Innmann, T. Renkawitz – AQ Solutions GmbH, Hürth; 3DSystems GmbH, Bremen; Labor für Biomechanik und Implantatforschung, Orthopädische Universitätsklinik Heidelberg
Unter Verwendung der additiven Fertigungstechnologie lassen sich Implantate in biomechanisch angepasster, hybrider Leichtbauweise mit einer dem natürlichen Knochen angenäherten Steifigkeit herstellen. Der Einsatz eines Homogenisierungsansatzes für die optimierten Implantatbereiche mit Gitterstrukturen erlaubt durch eine deutliche Verkürzung der Simulationszeiten eine Integration einer verzugskompensierenden und temperaturstabilisierenden Prozesssimulation der additiven Fertigung in eine individualisierte Serienproduktion. S. 292
Neuer Simulationsansatz für Maschinenkomponenten*
C. Brecher, F. Kneer, A. Steinert, J. Weber, S. Neus – Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen
Aufgrund des hohen Wirkungsgrads und der hohen Positioniergenauigkeit und Steifigkeit sind Kugelgewindetriebe die am häufigsten eingesetzten Vorschubantriebe moderner Werkzeugmaschinen. Zur Verbesserung der Auslegung und Optimierung von Kugelgewindetrieben wird in diesem Beitrag ein Simulationsansatz vorgestellt, der es ermöglicht, den Zusammenhang zwischen der durch Reibung entstehenden Verlustleistung und der Erwärmung im Kugelgewindetrieb abzubilden. Dazu wird ein Reibmodell verwendet, das sich bei der Betrachtung von Spindellagern bewährt hat. Die Übertragbarkeit des Reibmodells auf Kugelgewindetriebe wird in Versuchen bestätigt. S. 297
Neuartiger Ansatz zur Kühlung von Motorspindeln*
M. Lorenz, J. Burkhardt, R. Müllner, C. Birenbaum – Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, Stuttgart
Aus Gründen des Gesundheitsschutzes und zur Steigerung der Produktivität müssen in der Holzbearbeitung Späne zuverlässig abgesaugt werden. Durch einen zusätzlichen Ventilator lässt sich der Erfassungsgrad der Absauganlage verbessern. Der erzeugte Luftstrom kann zusätzlich zur Kühlung einer Motorspindel verwendet werden. In numerischen Strömungsberechnungen werden die Einflüsse eines Absaugventilators untersucht und die Kühlwirkung des Absaugstroms auf die Motorspindel betrachtet. S. 302
Simulationsgestützter Betrieb von Indoor-Flugrobotern*
T. von Bergen, C. Hert, S. Röck; L. Klingel; F. Jaensch; A. Verl – Virtual Automation Lab (VAL), Hochschule Esslingen; ISW, Universität Stuttgart
Dieser Beitrag präsentiert ein Konzept für den simulationsgestützten Betrieb von Flugrobotern im dynamischen Produktionsumfeld einer wandlungsfähigen Fabrik. Zentrale Bedeutung wird dabei dem digitalen Zwilling beigemessen, der ein Umgebungsmodell inklusive Realdatenanbindung bereitstellt. Darauf basierend können Dienste implementiert werden, die den Betrieb eines Flugroboters unterstützen, beispielsweise zur Lokalisierung, Bahnplanung oder Mensch-Flugroboter-Interaktion. S. 309
Digitale Transformation in global produzierenden Unternehmen*
G. Steier, L. Schäfer, S. Moser, M. Kandler, G. Lanza – wbk Institut für Produktionstechnik, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
In der vergangenen Dekade wurden zahlreiche Industrie 4.0-Prototypen entwickelt, die große Erwartungen hinsichtlich des Potenzials der Digitalisierung schürten. Es zeigt sich aber, dass aufgrund der fehlenden Skalierung in globalen Produktionsnetzwerken (GPN) diese Erwartungen unerfüllt bleiben. Damit stellt sich die Frage, wie die digitale Transformation in GPN zu gestalten ist. Zu diesem Zweck wurde eine quantitative Studie durchgeführt. Dieser Beitrag präsentiert ausgewählte Ergebnisse zur strategischen und organisatorischen Gestaltung der digitalen Transformation. S. 314
OPC-UA-Domänenmodelle heute und morgen*
T. Heinemann, S. Friedl, A. Lechler – ISW, Universität Stuttgart
Im Kontext Industrie 4.0 ist oft von OPC UA zu hören. Mehr und mehr werden hier Domänenmodelle entwickelt und angewandt. Diese legen für eine Art von System, zum Beispiel eine industrielle Pumpe, fest, welche Werte und Funktionen über OPC UA zur Verfügung stehen. Diese Festlegung schafft Mehrwert, da sie für alle Pumpen gilt. Dieser Beitrag behandelt die Hintergründe zur Entstehung von Domänenmodellen, beleuchtet, durch wen die Entwicklung vorangetrieben wird, und zeigt Trends der Modellentwicklung auf. S. 320
Flexible Cloudanbindung von Brownfieldanlagen*
M. Belke, P. Blanke, S. Storms, W. Herfs – WZL, RWTH Aachen
Die Nutzung von Daten zur Optimierung der Fertigung und zur Erhöhung der Maschinenverfügbarkeit verspricht großes Potenzial. Demgegenüber stellt der Zugriff auf die Daten älterer Maschinen eine nicht zu vernachlässigende Herausforderung dar. Vor allem die hohe Heterogenität der Schnittstellen von Brownfieldanlagen in kleinen und mittleren Unternehmen erschweren das Erfassen der Daten zusätzlich. Durch ein konfigurierbares, kostengünstiges Gateway wird das Anbinden verschiedenster Anlagen erleichtert. S. 325
Hybride Intelligenz – Mensch und KI im Zusammenspiel*
O. Petrovic, M. Belke, J. Ochel, C. Brecher; A. Engels, G. Bransky; N. Pillen, L. Figueiredo, H. Hölzl – WZL, RWTH Aachen; aiXbrain GmbH, Aachen; Youse GmbH, Berlin
Die Zusammenarbeit von Menschen und künstlicher Intelligenz (KI) hat große Potenziale für die Flexibilisierung und Produktivität von Produktionsanlagen. Um diese Potenziale ausschöpfen zu können, bedarf es eines Paradigmenwechsels bei der Entwicklung KI-gestützter Produktionsprozesse. Hier stoßen klassische Methoden der Prozessentwicklung häufig an ihre Grenzen. Dieser Beitrag zeigt die relevanten Handlungsebenen für einen menschzentrierten KI-Ansatz sowie mögliche Anknüpfungspunkte für die weitere Forschung auf. S. 330
Auswahl von IIoT-Plattformen in der Produktion*
V. Jelschow, M. Schneider, M. Reibetanz, E. Gross, O. Schöllhammer, T. Bauernhansl; P. Kübler – Fraunhofer IPA, Stuttgart; com2m GmbH, Dortmund
Der Einsatz von IIoT-Plattformen bietet Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau neue Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung in der Produktion. Die erfolgreiche Auswahl einer IIoT-Plattform setzt ein klares Verständnis über die Ziele und unternehmensspezifischen Rahmenbedingungen voraus. Dieser Beitrag diskutiert im Rahmen eines methodischen Vorgehens eine Reihe von strategischen Fragestellungen, die Unternehmen bei der Auswahl einer IIoT-Plattform unterstützen. S. 336
Skill-based Smart Services in der Produktion*
S. Roggendorf, S. Storms, C. Brecher; V. Schubert; M. Königs – WZL, RWTH Aachen; Seeburger AG, Karlsruhe; Exapt Systemtechnik, Aachen
Inhalt des Beitrags ist die Bereitstellung und Nutzung fähigkeitsbasierter datengetriebenen Services in der Produktion mit Fokus auf dem Zusammenspiel verteilter Software- und Hardwarekomponenten für Dienstleistungen im Bereich von Werkzeugmaschinen und Robotern. Die Veröffentlichung findet im Rahmen des BMBF-Projektes „Seamless: Simulationsgestützte, assistenzsystem-basierende Engineering- und Maintenance-Dienstleistungen für Lean Aftersales-Services“ statt [1]. S. 342
Green Factories: Maßnahmen zur Neuausrichtung*
P. Burggräf, T. Adlon, J. Salzwedel, M. Ebade Esfahani, C. Weiler, F. Paßlick – Universität Siegen sowie WZL, RWTH Aachen
Zukünftig steigende CO2-Preise bedingen eine stärkere Verknüpfung ökonomischer und ökologischer Ressourceneffizienz. Einer entsprechenden Gestaltung der Produktionsstätten von Industrieunternehmen kommt daher eine Schlüsselrolle zu. Der Beitrag skizziert in zwei Teilen einen Ordnungsrahmen für Green Factories auf verschiedenen Hierarchie- und Funktionsebenen. Abschließend werden die Folgen einer zukünftig zunehmenden Relevanz der Thematik für die Fabrikplanung sowie aufgeworfene Forschungsfragen diskutiert. S. 348
* Bei den mit einem Stern gekennzeichneten Beiträgen handelt es sich um Fachaufsätze, die von Experten auf diesem Gebiet wissenschaftlich begutachtet und freigegeben wurden (peer-reviewed).