Inhalte der Online-Ausgabe 9-2024
Mehr Automatisierung für die Automatisierung
M. Huber – Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, Stuttgart
KI ist gekommen, um zu bleiben – diese Feststellung, so banal sie auch zunächst daherkommt – hat für die Fertigungsindustrie immense Sprengkraft. ChatGPT und andere generative KI-Methoden, die etwa Texte oder Bilder erzeugen können, haben den Anspruch, den KI-Einsatz zu demokratisieren. Sie können mit wenig oder sogar ganz ohne KI-Expertenwissen Prozesse unterstützen oder ersetzen. Dies betrifft insbesondere administrative Tätigkeiten, weniger jedoch Tätigkeiten in der Produktion. Vielfach gilt: Je manueller die Tätigkeit, umso weniger wird KI sie direkt übernehmen. Und doch gibt es entlang der gesamten Wertschöpfungskette, also von der Auftragsplanung bis zur Auslieferung, vielfältige erfolgreiche Beispiele aus Unternehmen, wie KI, oft kombiniert mit Robotik, Produktionen autonomer, flexibler und effizienter machen kann. S. 460
Optimierte Produktion durch KI und Quantencomputing
C. Nitsche, X. Wu, D. Brajovic, L. Lörcher, M. Roth, P. Wagner, A. Yaman, J. Schwab, H. Monke, C. Hennebold, M. F. Huber – Fraunhofer IPA, Stuttgart
Für optimierte Produktionsprozesse und weniger Materialverschwendung in Fertigungen werden Künstliche Intelligenz (KI) und Quantencomputing immer wichtiger. Diese Methoden kommen über die gesamte Prozesskette von der initialen Blechproduktion über das Blechschneiden und -schweißen (zum Beispiel mittels Laser) bis hin zum abschließenden Lackieren der gefertigten Teile zum Einsatz. Dazu gehören auch Ansätze wie erklärbare KI für transparente Modelle, Quantencomputing zur Materialoptimierung, physikbasierte KI-Modelle für präzise Schneide- und Schweißprozesse sowie generative KI als virtueller Assistent und zur Generierung synthetischer Datensätze. S. 461
doi.org/10.37544/1436-4980-2024-09-05
Insert-Einbringung für die hybride Fertigung
T. Herrmann; M. Paes – Fraunhofer IPA, Stuttgart
Dieser Beitrag befasst sich mit der Entwicklung einer Vorrichtung, mit der eine Standard-Fräsmaschine metallische Gewindeeinsätze (vollautomatisiert) in beliebige Bauteile einsetzen kann. Dabei werden zunächst Voruntersuchungen für Prozessparameter angestellt, gefolgt von der systematischen Entwicklung der Vorrichtung. Abgeschlossen wird die Arbeit mit einer Validierung und dabei durchgeführten Versuchen zur Festigkeit der erzielten Verbindungen. S. 468
doi.org/10.37544/1436-4980-2024-09-12
Remanufacturing in der E-Mobilität
C. Weckendrup, A. Kluge-Wilkes, A. Göppert, R. H. Schmitt, M. Kweider – WZL | RWTH Aachen University; MAN Truck & Bus SE, Nürnberg
Für die Wiederverwendung gebrauchter Nutzfahrzeugbatterien sind aufgrund der vielfältigen Batteriesysteme und -zustände unterschiedlichste Herausforderungen im Remanufacturingprozess zu überwinden. Das Konzept der adaptiven, automatisierten Demontage mittels eines mobilen Großroboters für die größer dimensionierten Lkw-Batterien erweist sich als vielversprechender Ansatz, dessen Eignung anhand des Demontageschrittes der Modulentnahme in diesem Beitrag verdeutlicht wird. S. 482
doi.org/10.37544/1436-4980-2024-09-26
Synthetische Daten für die Automatisierung mit KI
I. Effenberger, F. Seiler, V. Eichinger – Fraunhofer IPA, Stuttgart
Die KI-basierte Bildverarbeitung ist eine Schlüsseltechnologie für die Digitalisierung und Automatisierung in der Produktion. Da erforderliche Bilddatensätze zum Beispiel für die Qualitätssicherung unter hohem Zeitaufwand an realen Aufbauten aufgenommen und annotiert werden müssen, bleibt erhebliches Automatisierungspotenzial bislang ungenutzt. Einen großen Zeit- und Kostenvorteil bietet die sensorrealistische Bildsimulation, die repräsentative Bilddatensätze für das Training KI-basierter Inspektions- oder Handhabungssysteme synthetisch erzeugt. S. 490
doi.org/10.37544/1436-4980-2024-09-34
Automatisiertes Demontagesystem für Schaltanlagen
A. Scheck, P. Bründl, H. G. Nguyen, J. Franke – Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik (FAPS)
Das Forschungsprojekt „Arkides“ adressiert die Herausforderungen der Kreislaufwirtschaft in der Elektronikindustrie durch die Entwicklung eines automatisierten Demontagesystems für Elektrogroßgeräte. Unter Einsatz von Robotik und fortgeschrittener Bilderkennungstechnologie ermöglicht dieses System die effiziente Trennung und Rückgewinnung von Bauteilen. Dieser Beitrag stellt die im Projekt entwickelten Lösungsansätze vor.
S. 497
doi.org/10.37544/1436-4980-2024-09-41
Vereinfachter Cobot-Einsatz dank Sensor-Add-on
J. Kapfer, J. Stoll, E. Schäfer, A. Schumacher – Fraunhofer IPA, Stuttgart
Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) können das Potenzial industrieller Cobots nur schwer ausschöpfen, da die Nutzung oft mit einem erhöhten Programmieraufwand verbunden ist und somit kleine Losgrößen nicht wirtschaftlich zu fertigen sind. Mit dem Ziel, die Vorteile der Automatisierung auch für Betriebe ohne Serienproduktion zur Verfügung zu stellen, arbeitet das Fraunhofer IPA an der Umsetzung eines automatisierten Schweißprozesses. Durch ein Sensor-Add-on wird die Schweißbahn in Echtzeit erkannt und passend zum Bauteil geregelt, während das vorliegende Bauteil real geschweißt wird. S. 503
doi.org/10.37544/1436-4980-2024-09-47
Qualitative In-situ-Stromflussmessung der Schweißzone
T. Reichenstein, A. Scheck, J. Franke; M. Meiners – FAU Erlangen-Nürnberg, FAPS; Schäfer Werkzeug- und Sondermaschinenbau GmbH, Bad Schönborn
Das Kondensatorentladungsschweißen ist ein Widerstandsschweißverfahren, das sich durch kurze Prozesszeiten und gutes Automatisierungspotenzial auszeichnet. Bisher erfasste Kenngrößen der Prozessüberwachung ermöglichen keine signifikanten Aussagen zur Gleichmäßigkeit der Verbindungsqualität. Dieser Beitrag stellt ein qualitatives In-situ-Stromflussmesssystem vor, welches das bisherige Prozessmonitoring ergänzt, den Aufbau von neuem Prozesswissen ermöglicht und durch das verbesserte Prozessverständnis neue Anwendungsfelder für das KE-Schweißen erlaubt. S. 509
doi.org/10.37544/1436-4980-2024-09-53
Automatisierte Montage vorkonfigurierter Kabel
S. Bartelt, B. Kuhlenkötter – Ruhr-Universität Bochum
Bei der Montage von Schaltschränken besteht ein hoher Bedarf, einzelne Produktionsschritte zu automatisieren. Der Beitrag fokussiert den Schritt der automatischen Verdrahtung. Essenziell ist die Entwicklung eines zuverlässigen Montagewerkzeugs. Es werden die Herausforderungen und Kriterien für die Entwicklung eines solchen Werkzeugs diskutiert. Die notwendigen Funktionen des Werkzeugs werden analysiert und darauf basierend wird ein Werkzeugkonzept abgeleitet. Das Design wird durch Tests an einem Demonstrator validiert. S. 515
doi.org/10.37544/1436-4980-2024-09-59
Montagemanipulator für die THT-Bestückung
M. Polikarpov, Y. Mehmood, D. Boiar, J. Deuse – Technische Universität Dortmund
In diesem Beitrag wird die Anwendung des parallelkinematischen Manipulators Hexaglide in der THT-Bestückung untersucht. Kostengünstige optische und taktile Sensoren ermöglichen präzises Referenzieren und Einstecken von Bauteilen. Eine kraft- und bildgeregelte heuristische Steuerungsstrategie sowie Reinforcement Learning wurden erprobt und die Tauglichkeit des Hexaglide für die Bestückung wurde experimentell gezeigt. S. 523
doi.org/10.37544/1436-4980-2024-09-67
Interaktives ML zur Adaption von KI-Systemen
M. Köhler, C. Jauch, D. Karelina – Fraunhofer IPA, Stuttgart
Flexible Produktionsprozesse und das Beherrschen von Variantenvielfalt werden für Unternehmen immer wichtiger. Künstliche Intelligenz unterstützt Unternehmen, um trotz dieser Anforderungen effizient zu agieren. Allerdings sind der Datenbedarf und die Intransparenz eine Hemmschwelle für den Einsatz von KI. Hierfür kann interaktives Maschinelles Lernen eine Lösung sein. Die Einbindung von Domänenexperten in das Training ermöglicht es, die Akzeptanz des Systems zu verbessern, während der Einsatz von Active Learning den Datenbedarf senkt. Montage und Qualitätssicherung sind nur zwei Einsatzbereiche. S. 533
doi.org/10.37544/1436-4980-2024-09-77
Additive Fertigung optimiert Beschichtungsprozesse
M. Haag, M. Santin – Hochschule Aalen
An der Hochschule Aalen wurde an einem neuen Maskierungsverfahren für thermische Beschichtungsprozesse geforscht. Eine präzise thermische Beschichtung ist für viele hochbeanspruchte Bauteile entscheidend. Dabei ist es wichtig eine möglichst exakte Kantenkontur des Beschichtungsbereichs zu erreichen. Es wurde ein Verfahren erforscht, dass durch mehrschichtige und flexible Maskierungen äußerst präzise Kanten ermöglicht. Der Prozess wurde industriell erprobt und implementiert. S. 538
doi.org/10.37544/1436-4980-2024-09-82
Dynamik der Wasseraufnahme von PA12-Pulver
M. Becker, M. Krichenbauer, S. Höhn, P. Springer – Fraunhofer IPA, Stuttgart
Die additive Fertigung von Kunststoffen, insbesondere das selektive Lasersintern (SLS), steht vor der industriellen Serienfertigung. Die Pulveraufbereitung spielt dabei eine entscheidende Rolle. Ein ungelöstes Problem ist die Befeuchtung des Pulvers, um die elektrostatische Aufladung zu reduzieren. Klare Richtlinien fehlen bisher. Diese Forschungsarbeit analysiert das Feuchtigkeitsverhalten von PA12, betrachtet Feuchtigkeitsaufnahme und -abgabe sowie deren Einfluss auf Pulvereigenschaften und den Druckprozess. S. 545
doi.org/10.37544/1436-4980-2024-09-89
Steuerungsbedarfe im operativen Betrieb von Matrixproduktionssystemen
K. Nordwig, S. Kärcher, T. Bauernhansl – Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Autoatisierung IPA; Universität Stuttgart, Institut für Industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb IFF
Matrixproduktionssysteme vereinen die Vorteile einer hohen Flexibilität und Produktivität, haben aber häufig eine höhere Komplexität in der Steuerung. Der Mensch übernimmt in Matrixproduktionssystemen oft kurzfristige Entscheidungsaufgaben, etwa bei Änderungen, Störungen oder Planungslücken. In diesem Beitrag werden bereits bestehende Ansätze in diesem Kontext diskutiert und Steuerungsbedarfe für den operativen Betrieb von Matrixproduktionssystemen abgeleitet sowie erste Handlungsfelder für eine neue Funktion zur Steuerung definiert. S. 555
doi.org/10.37544/1436-4980-2024-09-99
Wissensbasierte Auswahl von Exoskeletten
T. Drees, B. Kuhlenkötter; R. Weidner – Ruhr-Universität Bochum; Helmut-Schmidt-Universität, Universität Innsbruck
Die erfolgreiche Auswahl eines industriellen Exoskeletts erfordert für den Selektionsprozess eine fundierte Kenntnis über die betrachteten Arbeitsaufgaben. Dieser Beitrag beleuchtet zuerst den Status Quo bei Vorgehensweisen zur Auswahl eines Exoskelettes. Folgend wird ein Ansatz zur Überbrückung der Informationslücke zwischen der Aufnahme von Bewegungsdaten und der arbeitswissenschaftlichen Bewertung von Tätigkeiten vorgestellt, der als Start eines wissensbasierten Auswahlprozesses dient. S. 562
doi.org/10.37544/1436-4980-2024-09-106
Digitale Inhalte in physischen Prozessen verankern
K. Hönemann, B. Konopka, P. Brandt, M. Wiesche – TU Dortmund
In diesem Beitrag wird ein Konzept für ein Augmented Reality (AR) Entwicklungstool vorgestellt, das es Nicht-Entwicklern aus der Industrie ermöglicht, eigenständig AR-Anleitungen zu erstellen und die physische Umgebung mit digitalen Inhalten anzureichern. In einer Feldstudie mit 15 Expert*innen aus der Industrie wurde die Praxistauglichkeit, die Nutzerakzeptanz und die entstehende Arbeitsbelastung ermittelt. Als Ergebnis wurden Designempfehlungen erarbeitet, die als Blaupause für die Entwicklung ähnlicher Tools dienen. S. 569