Differenzierung in der Fertigungstechnik durch neuartige Services
Wettbewerbsvorteile in der Produktion unter internationalem Kostendruck erfordern technologische Alleinstellungsmerkmale, die dem Anwender einen Zusatznutzen bieten. Solche Alleinstellungsmerkmale können nur zum Teil durch eine verbesserte Mechanik erreicht werden. Der weitaus größere Hebel liegt in der systematischen und automatisierten Nutzung von Prozess- und Erfahrungswissen für die Fertigung. Die Fertigungsprozesse und das damit verbundene Maschinenverhalten sind derart komplex, dass der Schlüssel in deren Beherrschung durch technische Unterstützung in Form von Mehrwertdiensten als Services liegt.
Neben den Anschaffungskosten von Fertigungs- und Automatisierungssystemen sind insbesondere Zuverlässigkeit und Produktivität wesentliche Faktoren, die zu einer Kaufentscheidung bei Anwendern führen. Um diese Faktoren zu steigern, ist eine erhöhte Prozessstabilität von Bedeutung sowie das Beherrschen derer Grenzen in allen Lebensphasen von Maschinen.
Bereits bei der Prozessgestaltung und auch während des Betriebs gilt es, die extrem komplexen und vielschichtigen Zusammenhänge für einen produktiven Einsatz von Maschinen zu beherrschen. Nur so können Maschinen produktiv betrieben werden, ohne sie zu überlasten. Dies erfordert bereits bei der Auslegung der Komponenten beziehungsweise bei der Beschaffung von Maschinen geeignete Services, welche die Auswahlentscheidungen, abhängig vom Anwendungsfall, unterstützen. Auch beim Einrichten und Programmieren ist Wissen über die Parametrierung und Bahngenerierung erforderlich.
In der Betriebsphase sind Services notwendig, die möglichst autonom den Betriebszustand von Maschinen in einem produktiven Bereich halten oder zumindest überwachen und warnen, falls dieser verlassen wird. Dazu sind effiziente Methoden zu erforschen, mit denen digitale Zwillinge erzeugt werden können, die es den Services sowohl in der Auslegung als auch in der Betriebsphase erlauben, autonom Entscheidungen zu treffen oder zumindest Unterstützung zu bieten. Durch die Zunahme an Services und modulareren Systemen, die eine Anpassung an ein Optimum der Produktivität erlauben, steigt die Komplexität, die aber beherrschbar bleiben muss. Neben den digitalen Zwillingen an sich, die Wissen über Maschinenverhalten, Prozessstabilität und weitere komplexe Zusammenhänge enthalten, muss die technologische Grundlage von der gesamten Werkzeugkette im Engineering als auch von den steuerungstechnischen Werkzeugen geliefert werden. Denn die Services müssen effizient an notwendige Daten und Signale angebunden werden, aber auch möglichst flexibel austauschbar und ausführbar sein.
In der aktuellen Ausgabe 5-2024 werden einige der oben adressierten Konzepte für eine wettbewerbsfähige und effiziente Fertigung aufgezeigt.
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Alexander Verl
ist Professor an der Universität Stuttgart und Lehrstuhlinhaber für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen (ISW). Foto: ISW