Einblicke in die Gestaltung nachhaltiger Produktionstechnik
Der Erhalt wirtschaftlichen Wohlstands angesichts begrenzter globaler Ressourcen, zunehmender Störungen und demografischer Veränderungen stellt Unternehmen im Produktionssektor vor erhebliche Herausforderungen. Um weiterhin erfolgreich zu sein, müssen diese Unternehmen ihre Produktionsmethoden neu ausrichten, um nachhaltiger und widerstandsfähiger zu werden. Digitalisierung spielt hierbei eine zentrale Rolle, die in komplexen sozio-technischen Systemen den Menschen einbezieht. Die schiere Menge an Daten reicht nicht aus, um die Industrie zu revolutionieren. Wir sprechen nicht mehr nur von „Industrie 4.0“, sondern auch von einer menschen-zentrierten Vision, die die europäische Gesellschaft bewogen hat, die evolutionäre Stufe als „Industrie 5.0“ zu bezeichnen. Die aktuelle Ausgabe des Heftes 11/12 fokussiert genau diesen Wandel und bietet tiefgreifende Einblicke in die Gestaltung einer nachhaltigen und widerstandsfähigen, weil anpassungsfähigen Produktionstechnik.
Eine entscheidende Rolle spielen hybride und autonome Systeme, die Mensch, Maschine und virtuelle Technologien miteinander verknüpfen. Diese Systeme können Daten aus verschiedenen Quellen verarbeiten und sind in der Lage, übergeordnete Ziele wie Nachhaltigkeit zu unterstützen. Die Implementierung solcher Systeme erlaubt gezielte Maßnahmen, um die gewünschten Ergebnisse in Bezug auf Widerstandsfähigkeit und Nachhaltigkeit durch situative Reaktion und Anpassungsfähigkeit zu erzielen.
In Zukunft wird die Qualität nicht mehr nur anhand technischer Spezifikationen gemessen. Wirtschaftliche, ökologische und soziale Auswirkungen verbinden sich mit der Zufriedenheit der Kunden jenseits der produktionsseitigen Erfüllung technischer Anforderungen. Ein modernes Qualitätsmanagement kann diese Anforderungen in konkrete Ziele umsetzen.
Hierzu gehört die sensorische Wahrnehmung dessen, was sich wo und in welchem Zustand in der Produktion befindet – die Messtechnik spielt dabei eine entscheidende Rolle. Sie entwickelt sich weiter, um nicht nur objektive Produktmerkmale, sondern auch die subjektive Wahrnehmung von Qualität zu erfassen. Auf dieser Wahrnehmung und Erfassung relevanter Qualitätsmerkmale können umfassendere datengesteuerte Methoden operieren, um Entscheidungen auf allen Unternehmensebenen zu unterstützen.
Die Verbindung der Fertigungsmesstechnik mit hybriden, autonomen Systemen eröffnet Möglichkeiten für Synergien in verschiedenen Unternehmensbereichen, darunter Design (zum Beispiel CAD), Betriebsmanagement (zum Beispiel ERP), Process Mining, Fertigung (zum Beispiel Maschinendaten), Produktprüfung und Vertrieb (zum Beispiel Kundenfeedback). Dies schafft einen messbaren Mehrwert in Bezug auf Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit für produzierende Unternehmen.
Prof. Dr.-Ing. Robert H. Schmitt
Inhaber des Lehrstuhls für Fertigungsmesstechnik und Qualitätsmanagement; Mitglied des Direktoriums des WZL | RWTH Aachen und des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie IPT. Foto: WZL | RWTH Aachen