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Editorial der Ausgabe 1/2-2025 04.03.2025, 08:25 Uhr

Resiliente Produktionssysteme gestalten und planen

Die zunehmende Dynamik und Volatilität des Geschäftsumfelds resultierten in einer gesteigerten Unsicherheit. Produzierende Unternehmen sehen sich in der VUKA-Welt, geprägt durch Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz, mit der Notwendigkeit kontinuierlicher Anpassung konfrontiert. Eine präzise Vorhersage zukünftiger Marktentwicklungen sowie daraus resultierender unternehmerischer Anpassungen ist jedoch nicht möglich. Um in diesem Umfeld wettbewerbsfähig zu bleiben und die Marktposition nachhaltig zu sichern, muss die Veränderungsfähigkeit integraler Bestandteil der Produktionssysteme sein. In Anbetracht der geschilderten Umstände erfährt der Aufbau resilienter Produktionssysteme, die auch bei unvorhersehbaren Marktveränderungen effiziente Abläufe gewährleisten, bei Unternehmen eine zunehmende Bedeutung.

WT - Werkstattstechnik online/01-02/2024/WT-Online_01-02_2024

Das Umfeld, in dem produzierende Unternehmen agieren, unterliegt einem rasanten Wandel, insbesondere durch die Globalisierung von Waren- und Informationsströmen, die durch Fortschritte in den Bereichen Logistik, Informatik und Digitalisierung vorangetrieben wird. Bis Ende 2019 konnte eine deutliche Spezialisierung einzelner Akteure auf dem Weltmarkt auf deren Kernkompetenzen festgestellt werden, wodurch ausgeprägte wechselseitige Abhängigkeiten entstanden. Spätestens seit der Corona-Pandemie, dem Krieg in der Ukraine und den damit einhergehenden Energie- und Rohstoffknappheiten werden die wechselseitigen globalen Abhängigkeiten in ein neues Licht gerückt. In der Folge stehen in diversen produzierenden Unternehmen nicht mehr die Möglichkeiten der Auslagerung von Unternehmensbestandteilen im Fokus, sondern die Frage der nachhaltigen Absicherung gegen derartige Probleme. Immer mehr Unternehmen sehen sich mit der Fragestellung konfrontiert, ob beispielsweise eine Erhöhung der Bestände zur Kompensation etwaiger Materialflussabrisse sinnvoll oder ob doch eher eine Überarbeitung des Produktionskonzepts erforderlich ist. Um den derzeitigen, durch eine hohe Reaktivität geprägten Umgang der Unternehmen mit derart großen Störereignissen zu überwinden, ist es erforderlich, unternehmerische Entscheidungen hinsichtlich der Produktion sowie der Fabrikplanung einer risikoabhängigen Bewertung zu unterziehen. Eine robuste und nachhaltige Gestaltung von Fabriken und des Produktionsprozesses erfordert in allen Planungsphasen eine Planung von innen nach außen, um damit den Anforderungen und Restriktionen des Wertschöpfungsprozesses gerecht werden zu können.

Die genannten Störereignisse repräsentieren zwar Extremszenarien des turbulenten Produktionsumfelds, doch Warnungen vor nächsten Krisen – sei es durch den Klimawandel, durch Unsicherheiten des Finanzsystems oder auch einen zunehmenden Protektionismus – sind bereits gegenwärtig. Dies verdeutlicht, dass sich die Frequenz disruptiver Einschläge auf Unternehmen vermutlich erhöhen wird. Um zukünftig ein erfolgreiches Partizipieren auf volatilen Märkten zu ermöglichen, ist eine nachhaltige Umstrukturierung und auch Digitalisierung der Produktionssysteme erforderlich, durch die ein Resilienzsniveau erreicht werden kann, der Unternehmen widerstands­fähiger gegen Krisen macht.

Im Rahmen des „Expertenforum PM“ bietet sich die Möglichkeit der Diskussion dieser Themen mit hochrangigen Vertretern aus Wissenschaft und Industrie auf dem Weg zu resilienten, digitalen und nachhaltigen Produktionssystemen von morgen. Die Auswahl mehrheitlich wissenschaftlich begutachteter Beiträge in dieser Ausgabe der „wt Werkstatttechnik online“ widmet sich bereits einigen dieser Themen sowie damit verbundenen Herausforderungen und Fragestellungen. Den Autoren der Fachbeiträge sei an dieser Stelle für ihr Mitwirken in der vorliegenden Ausgabe herzlich gedankt.

Von P. Nyhuis

Prof. Dr.-Ing. habil. Peter Nyhuis
ist stellvertretender Institutsleiter am Institut für Fabrikanlagen und Logistik (IFA), Produktionstechnisches Zentrum Hannover (PZH) der Leibniz Universität Hannover. Foto: Christian Wyrwa

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