Wachstumschancen des Produktionsstandorts Deutschland
Demographie, Digitalisierung und Nachhaltigkeit – diese drei bekannten Herausforderungen müssen gelöst werden, um den Wirtschaftsstandort wieder auf die Erfolgsspur zu bringen. Wertschöpfungserhalt und Produktivitätssteigerung in einer nachhaltigen Produktion sind dabei die zentralen Ziele. Handlungsfelder hinsichtlich der demographischen Entwicklung sind die Automatisierung beziehungweise die Kollaboration mit sozio-technischen Systemen. In der Digitalisierung steht die Nutzung durchgängiger Vernetzungslösungen, Datenanwendungen in souveränen Datenräumen beziehungsweise nutzenorientierte Anwendungen von künstlicher Intelligenz im Vordergrund. In der Nachhaltigkeit muss die Transformation der industriellen Produktion hin zu einer Kreislaufwirtschaft sozialverträglich und wirtschaftsorientiert vorangetrieben werden.
Insbesondere die Künstliche Intelligenz (KI) gilt als Wettbewerbsfaktor zum Erhalt und Ausbau der Produktivität in der industriellen Wertschöpfung. Ein Teilbereich, die generative KI mit den dazugehörigen Chatbots, ist aktuell in aller Munde. Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln prognostiziert in einer Studie aus dem Jahr 2023 einen zusätzlichen Beitrag durch generative KI zur Wertschöpfung von 330 Milliarden Euro, allerdings unter der Voraussetzung, dass mindestens die Hälfte der Unternehmen entsprechende Technologien einsetzt. Es besteht dringender Handlungsbedarf, denn derzeit setzen nur 17 % aller Unternehmen in Deutschland KI ein und das Produktivitätswachstum im verarbeitenden Gewerbe hat sich in den letzten Jahren teilweise sogar negativ entwickelt. Die in der Studie prognostizierte Einsparung von im Durchschnitt 100 Stunden im Jahr pro Mitarbeiter*in ist natürlich nicht die alleinige Lösung, gilt aber als ein Beitrag zur Produktivitätssteigerung.
Den Vorsprung in der Produktivität zu verteidigen bzw. wieder auszubauen muss zentrale Zielsetzung in der Produktion sein. Lassen Sie sich durch die Fachbeiträge in diesem Heft in Ihren eigenen Optimierungs- beziehungsweise Digitalisierungsideen durch zukunftsweisende Methoden und Lösungsansätze inspirieren. Passend zu den genannten Herausforderungen werden in den Beiträgen Ansätze beziehungsweise Lösungen in folgenden Themenschwerpunkte behandelt:
- Verbesserte Kollaboration durch digitale und physische Assistenzsysteme in der Planung und Ausführung von Produktionsprozessen,
- Datenbasierte, multikriterielle Optimierung und Regelung von Produktions- und Fertigungsprozessen,
- Nutzen und Anwendung des digitalen Zwillings in der Produktion: von der digitalen Nachverfolgbarkeit bis hin zu digitalen Geschäftsmodellen und
- Integrierte Lösungen der Energie- und Produktionssystemplanung bis hin zum einzelnen Asset
- Die Veränderungen in der Arbeitswelt durch den demographischen Wandel, voranschreitende Digitalisierung und die Transformation zur nachhaltigen Produktion bei sich verändernden Arbeitswelten erfordern ein neues Denken und neue Lösungen im Hinblick auf die Befähigung, die Entscheidungskompetenz und den generellen Einsatz des Menschen im Produktionsumfeld.
An dieser Stelle bedanke ich mich herzlich bei den mitwirkenden Autorinnen und Autoren für die interessanten Beiträge und wünsche den Leserinnen und Lesern viel Spaß mit den Themen der diesjährigen Märzausgabe der wt Werkstattstechnik online.
Prof. Dr.-Ing. Johannes Schilp
ist Leiter des Lehrstuhls für Produktionsinformatik, Universität Augsburg sowie Leiter Digitalisierung und KI in der Produktion, Fraunhofer für Gießerei-, Composite- und Verarbeitungstechnik IGCV. Foto: Fraunhofer IGCV