Bioreaktor macht die Photosynthese von Algen in großem Stil effizient
Wie eine klimaneutrale Kreislaufwirtschaft gelingen kann, zeigt Festo auf der Hannover Messe mit dem Forschungsprojekt PhotoBionicCell.
Algen gelten als kleine Klimaretter. Bereits bei ihrer natürlichen Photosynthese im Freien sind sie äußerst effizient und binden zehnmal mehr Kohlendioxid als Landpflanzen. In Bioreaktoren mit entsprechender Sensorik, Regelungstechnik und Automatisierung kann die Effizienz der Algen auf das Hundertfache von Landpflanzen gesteigert werden. Daher steckt in ihnen erhebliches Potenzial für eine klimaneutrale Kreislaufwirtschaft. Mit dem Forschungsprojekt PhotoBionicCell zeigt Festo auf der Hannover Messe 2022 einen möglichen Ansatz für die industrielle Biologisierung von morgen.
Biologisierung der Industrie ist das Ziel
Die Biologisierung der Industrie wird damit in Hannover konkret. „Unser Anspruch ist, einen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität heutiger und kommender Generationen zu leisten – durch die Kultivierung von Biomasse im großen Stil durch unsere Automatisierungstechnik“, erklärt Elias Knubben, Vice President Corporate Research and Innovation.
Schon lange beschäftigt sich das Bionik-Team damit, Konzepte aus der Natur in technische Lösungen zu übertragen. Das gilt nun verstärkt auch für die Photosynthese. Auf der Messe zeigt Festo mit dem Projekt PhotoBionicCell ein Beispiel. In dem Photobioreaktor werden Algen automatisiert kultiviert. Ihr Wachstum wird dabei ständig kontrolliert. Algenzellen wandeln mittels Photosynthese in ihren Chloroplasten Sonnenlicht, Kohlendioxid (CO2) und Wasser in Sauerstoff und chemische Energieträger bzw. organische Wertstoffe um. So wird die Biomasse im geschlossenen Kreislauf hocheffizient und ressourcenschonend gezüchtet. Algen können mit Automatisierungstechnik von Festo nach Unternehmensangaben unter anderem durch optimale Begasung und Durchmischung einhundertmal mehr Kohlendioxid binden als Landpflanzen wie Bäume oder Mais.
Als Produkte ihrer Stoffwechselvorgänge produzieren die Algen Fettsäuren, Farbpigmente und Tenside. Diese dienen als Ausgangsmaterial zur Herstellung von Medikamenten, Lebensmitteln, Kunststoffen oder Kosmetika. Anders als Produkte auf Erdölbasis können die biobasierten Endprodukte meist biologisch abgebaut und immer klimaneutral rückgeführt werden.
Für die Arbeiten zu PhotoBionicCell haben sich die Forschenden aus dem Bionic Learning Network auf die Kultivierung der Blaualge Synechocystis fokussiert. Sie produziert Farbpigmente, Omega-3-Fettsäuren und Polyhydroxybuttersäure (PHB). Das gewonnene PHB lässt sich durch den Zusatz weiterer Stoffe unter anderem im 3D-Druck verarbeiten.
Quantentechnologie bestimmt die Menge der Biomasse
Die Menge der Biomasse in den Bioreaktoren genau zu bestimmen, ist bisher eine große Herausforderung. Genau hier setzt Festo nun an. Das Unternehmen nutzt dazu einen Sensor auf Basis von Quantentechnologie. Dieser kommt vom Start-up Q.ANT, einer Tochter der Technologiegruppe Trumpf. Der Sensor gibt präzise und in Echtzeit Auskunft über das Wachstum der Organismen. Die Algen werden dafür automatisiert und kontinuierlich zugeleitet. Das erfolgt durch spezielle mikrofluidische Komponenten von Festo, beispielsweise Pumpen zur präzisen Steuerung kleinster Flüssigkeitsmengen. Der Quantensensor ist in der Lage, einzelne Zellen optisch zu analysieren, sodass die Menge der Biomasse exakt ermittelt werden kann. Zusätzlich untersucht er die Zellen mithilfe von Künstlicher Intelligenz auf ihre Vitalität. Erst dadurch ist es möglich, vorausschauend auf Prozessereignisse zu reagieren und regelnd einzugreifen.
Software beschleunigt Laboranalysen
Bisher werden viele Analysen im Labor von Hand gemacht. Das ist aufwendig und kann zu Fehlern führen. Durch die Automatisierung der Laboranlagen ließen sich laut Festo zukünftig alle notwendigen Daten direkt und in Echtzeit ablesen. Daher haben die Forscher für PhotoBionicCell eine eigene Software entwickelt. Ihr Dashboard bildet mehrere Photobioreaktoren mit aktueller Datenlage und Live-Aufnahmen ab. So lassen sich rund um die Uhr auch aus der Ferne manuelle Parameteränderungen und die entsprechenden Auswertungen vornehmen. Das Personal an der Anlage kann damit jederzeit auf Veränderungen im Bioreaktor reagieren und beispielsweise die Produkternte zum optimalen Zeitpunkt einleiten. (ciu)
Festo: Halle 6, Stand C22
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