Das Fraunhofer IMM macht Ammoniak fit für die Energiewende
Bevor Ammoniak für die Energieversorgung genutzt werden kann, muss es in Wasserstoff und Stickstoff aufgespalten werden. Das Fraunhofer IMM arbeitet an Lösungen für Industrie, Straßen- und Schiffsverkehr.
Ammoniak gilt als einer der Hoffnungsträger bei der Umstellung von fossilen Brennstoffen auf klimafreundliche Energieträger. Die chemische Verbindung aus Wasserstoff und Stickstoff ist leicht zu transportieren und leicht zu speichern. Allerdings ist Ammoniak für die direkte Verbrennung nicht geeignet, da es an der Luft praktisch unbrennbar ist. Es muss zuvor aufgespalten werden. Das Fraunhofer-Institut für Mikrotechnik und Mikrosysteme IMM zeigt auf der Hannover Messe, welche Möglichkeiten es gibt, Ammoniak für die Energieversorgung in den Bereichen Infrastruktur, Verkehr und Industrie zu nutzen.
Speicherung und Transport von Wasserstoff ein Problem
Die Zeit fossiler Energieträger neigt sich langsam dem Ende entgegen, die Zukunft liegt bei regenerativer Energie und regenerativen Brennstoffen. Forschende des Fraunhofer IMM in Mainz arbeiten an der mobilen und dezentralen Bereitstellung und Speicherung elektrischer Energie mit nachhaltigen Energiequellen. Allerdings gibt es noch einige Herausforderungen zu meistern, wie Dr. Gunther Kolb, Bereichsleiter Energie sowie stellvertretender Institutsleiter am Fraunhofer IMM, erklärt:
„Eine Alternative zu den fossilen Energieträgern sind Power-to-X-Kraftstoffe, die aus elektrolysebasiertem Wasserstoff synthetisiert werden. Der wichtigste Power-to-X-Kraftstoff ist derzeit der Wasserstoff selbst. Doch bevor Wasserstoff als Energieträger flächendeckend eingesetzt werden kann, sind noch erhebliche Hürden bei Transport und Speicherung zu überwinden. Dazu gehören entweder ein hoher Platzbedarf für die Lagerung oder anderweitig energetisch ungünstige Bedingungen. Ammoniak (NH3) kann zu einer Alternative werden, die es ermöglicht, den benötigten Wasserstoff leicht zu speichern und zu transportieren.“
Ammoniak hat einige Vorteile gegenüber Wasserstoff
Bis vor Kurzem kannten die meisten Ammoniak sicherlich lediglich als Düngemittel aus der Landwirtschaft. Das hat sich geändert, viele wissen nun, dass die Verbindung aus Wasserstoff und Stickstoff (NH₃) sich sehr gut als hochwertiger Energieträger eignet. Ammoniak ist insbesondere für Wasserstoff ein ideales Speichermedium.
„Da Ammoniak bereits bei einer moderaten Temperatur von -33 °C verflüssigt werden kann, ist sein volumetrischer Wasserstoffgehalt deutlich höher als der von komprimiertem Wasserstoff bei 700 bar. Im Vergleich zu Wasserstoff erleichtert verflüssigtes Ammoniak den Transport großer Mengen zum Ort der Nachfrage. Da Wasserstoff aus Ammoniak keine Kohlenoxide oder Methan enthält, ist er außerdem frei von Treibhausgasen“, erläutert Kolb.
Nutzung als grünes Spaltgas
Die Umwandlung von Wasserstoff in Ammoniak gilt als praktikable Option, dieses als Energiequelle zu nutzen. Das können industrielle Prozesse im großen Maßstab sein, aber auch dezentrale Anwendungen wie zum Beispiel in der Logistikbranche. Da es jedoch an Luft so gut wie nicht brennbar ist, muss Ammoniak erst wieder aufgespalten werden. Und hier kommt das Fraunhofer IMM ins Spiel, das an genau diesen Lösungen arbeitet.
„Ammoniak kann in einem Spaltreaktor an geeigneten Katalysatoren in Stickstoff und Wasserstoff gespalten werden. Ein Gemisch aus Ammoniak, Wasserstoff und Stickstoff ist brennbar und kann als brennbares Gas, das sogenannte ‚Spaltgas‘, als Energieträger verwendet werden“, erklärt Kolb.
Aktuell arbeiten Forschende des Fraunhofer IMM zusammen mit Projektpartnern an einer Brennertechnologie für dieses Gasgemisch, die zum Brennen von Mauerziegelsteinen verwendet werden soll. Nach Ende des „Projekts Spaltgas“ soll es möglich sein, die gesamte Prozesskette der Ziegelherstellung kohlendioxidfrei zu gestalten. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Programms „KlimPro-Industrie“.
Ammoniak für den Antrieb von Brennstoffzellen
Mit Ammoniak können – nach Umwandlung in Wasserstoff – auch Brennstoffzellen angetrieben werden. Diese treiben zum Beispiel Landfahrzeuge an. Dafür braucht es jedoch dezentrale Anlagen, welche das Ammoniak direkt an der Tankstelle in Wasserstoff umwandeln. Das wäre wahrscheinlich günstiger und einfacher als der Wasserstofftransport.
Genau dafür entwickelt das Fraunhofer IMM einen Crackreaktor, in dem reiner Wasserstoff aus Spaltung und anschließender Reinigung aus Ammoniak hergestellt wird. Der Wasserstoff kann anschließend in PEMBrennstoffzellen eingespeist werden.
„Durch die integrierte PSA-Abgasverbrennung erreichen wir beim Rückverwandlungsprozess einen Wirkungsgrad von 90 Prozent im Vergleich zu 70 Prozent bei herkömmlichen Technologien. Außerdem ist unser AMMONPAKTOR-Reaktor viel kompakter gebaut als konventionelle Reaktoren, sodass er eine Größenreduzierung um 90 Prozent erzielt. Das ist wichtig vor allem für mobile und platzbeschränkte Anwendungen. Und schließlich hat unsere Technologie einen geringeren Kohlendioxid-Fußabdruck im Vergleich zu elektrisch beheizten Reaktorkonzepten, weil wir die Abgase aus dem Spaltungsprozess zur Energiegewinnung nutzen“, erläutert Kolb.
AMMONPAKTOR-Reaktor weist höchste Effizienz auf
Der vom Fraunhofer IMM entwickelte Crackreaktor für die Spaltung von Ammoniak in Wasserstoff und Stickstoff weist nach eigenen Angaben die höchste Effizienz im internationalen Vergleich auf. Bereits im Reaktor der ersten Generation wurde demnach die zweithöchste jemals veröffentlichte spezifische Wasserstoffproduktionsrate erreicht, und der Chrackreaktor der zweiten Generation ist noch besser: Er produziert 70 Kilo gereinigten Wasserstoff pro Tag bei einer Ammoniakzufuhr von 25 Kilogramm pro Stunde.
Ammoniak kann jedoch nicht nur für die Wasserstoffzufuhr bei Landfahrzeugen genutzt werden, auch für maritime Antriebssysteme ist es interessant. In der Schifffahrt lassen sich die CO2-Reduktionsziele mit herkömmlichen Kraftstoffen nicht erreichen. Komprimierter und verflüssigter Wasserstoff stellt für die meisten Anwendungen auch keine Alternative dar. Anders sieht es bei teilweise gespaltenem Ammoniak aus. Auch hier entwickelt das Fraunhofer IMM eine Lösung – und zwar gemeinsam mit 13 europäischen Verbundpartnern. Ziel ist die weltweit erste Brennstoffzelle auf Basis von Ammoniak für Schiffe.
Auf der Hannover Messe vom 17. bis 21. April gibt es das Modell eines AMMONPAKTOR-Reaktors zu sehen – und zwar auf dem Fraunhofer-Gemeinschaftsstand in Halle 16, Stand A12.
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