So werden günstige Sensoren intelligent
Mit preiswerten Sensoren und einer intelligenten Programmierung lassen sich große Mengen an Messsignalen verarbeiten, ohne dass es dafür leistungsfähige Rechner braucht. Ein Team der Universität des Saarlandes stellt diese Technologie vor.
Wenn hochempfindliche Sensoren winzigste Schwankungen des Erdmagnetfelds erfassen, ist eine enorme Rechnerleistung nötig, um die Signale zu verarbeiten. Ein Wissenschaftsteam um den Nanostrukturforscher Uwe Hartmann von der Universität des Saarlandes hat nun eine Methode entwickelt, wie dies auch ohne großen Rechenaufwand geht. „Das ist nun kein sehr praxisrelevantes Beispiel, aber wir konnten jüngst etwa die Vorbeifahrt eines Zuges in Scheidt von hier aus registrieren“, erläutert Physiker Uwe Hartmann. „Hier“ meint sein Institut in Saarbrücken; der Zug rauschte in einer Entfernung von ca. 1,25 km Luftlinie vorbei. Über diese Distanz hinweg erfassten die intelligenten Sensoren die vom vorbeifahrenden Zug verursachten Änderungen des Magnetfeldes.
Nur die Abweichungen vom Normalzustand berechnen
Der Clou dabei: Die Sensoren können für kleines Geld zu haben sein, es liegt allein an der Programmierung der Hardware, die für die Auswertung der Signale zuständig ist. „Wir haben die Künstliche Intelligenz so programmiert, dass sie nicht alle Messsignale ungefiltert berechnen muss, sondern nur die Abweichungen vom Normalzustand“, erklärt der Informatiker Ishwar Mudraje.
Ein Großteil der üblichen Rechenleistung entfällt also, weil zwischen Sensor und Prozessor weniger relevante Daten ausgetauscht werden. Und: „Die Künstliche Intelligenz lernt mit der Zeit, Signale voneinander zu unterscheiden“, sagt Mudraje.
Versuche sind nachvollziehbar und reproduzierbar
Wie das funktioniert, zeigt Hartmanns Team an einem Zaun, der mit einem Sensorkabel verbunden ist. „Wir haben im Sensorkabel, das im Zaun integriert ist, mehrere eigenständige Sensoren mit unserer intelligenten Programmierung auf einer einfachen Hardware miteinander vernetzt, sodass sie den Zaun an jeder Stelle überwachen können“, erläutert Hartmann. Dann „bearbeitet“ ein einfacher Roboter den Zaun, so, als würde ein Mensch ihn rütteln oder auf ihm herumklettern. Der Vorteil: Die Versuche sind nachvollziehbar und reproduzierbar.
„Am Ende konnten die vernetzten Sensoren mit 87,5 % Wahrscheinlichkeit korrekt auseinanderhalten, ob ‚jemand‘, also der Roboter, am Zaun rüttelt oder ihn zu überklettern versucht“, freut sich der Wissenschaftler. Das System habe mit der Zeit gelernt, die Bewegungsmuster auseinanderzuhalten.
Neue Perspektiven für die Sensortechnik
Das eröffnet neue Perspektiven für die Sensortechnik, meint Hartmann, denn: „Heutige hochempfindliche Sensoren sind sehr teuer und brauchen zudem eine leistungsfähige Hardware.“ Bisher setzt man teure Sensoren ein, deren Daten von ebenso kostspieligen Computern vor Ort ausgewertet werden. In vielen Bereichen ist das nur eingeschränkt machbar und sinnvoll, etwa wenn Geodaten in abgelegenen Regionen erfasst und ausgewertet werden sollen.
„Man könnte nun drahtlos verbundene Sensornetzwerke platzieren, die mit autarker Energieversorgung jahrelang Daten sammeln und auswerten, ohne dass man dafür eine aufwendige Infrastruktur vorhalten und aufrecht erhalten müsste“, meint Uwe Hartmann. So ließen sich Aktivitäten der Sonne bei einem Sonnensturm genauer erfassen und so möglicherweise Störungen der Strominfrastruktur auf der Erde verhindern.
Vorhersage von Schäden an Windkraftanlagen
„Ich sehe aber auch ein großes Anwendungsfeld in der Medizintechnik und im Maschinenbau“, sagt der Wissenschaftler. Dabei hat er die Erfassung von Veränderungen der Herz- und Hirnaktivitäten mit preiswerten Sensoren ebenso im Sinn wie die Vorhersage von Schäden an Windanlagen. „Davor kommt es oft zu Veränderungen im Vibrationsmuster einer Windkraftanlage. Mit unseren Sensoren könnte man diese Veränderungen bereits im Vorfeld auf eine einfache und kostengünstige Art feststellen.“
Auf der Hannover Messe zeigt das Saarbrücker Forschungsteam, wie ihre Technologie mit Magnetfeldsensoren arbeitet. „Aber die Herangehensweise ist übertragbar auf jede Art von Sensor, seien es Magnetfeldsensoren, Beschleunigungs-, Bewegungs- oder andere Sensoren. Es kommt auf die intelligente Programmierung an“, so Hartmann. (ber)
Universität des Saarlandes, Halle 2, Stand B28
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