Wenn Obst nach Waschmittel schmeckt
Wenn Gegenstände aus recyceltem Kunststoff gefertigt sind, können sie nach den Produkten riechen, mit denen diese vorher in Kontakt gekommen sind. Ingenieure der Uni Saarland präsentieren neueste Sensoren, um Gerüche zweifelsfrei identifizieren zu können.
Das Leben ist voll von Kunststoffgegenständen, die Substanzen und Gerüche ausströmen. Bei den meisten ist nicht klar, ob sie schädlich sind – oder einfach nur unangenehm stinken. Diese Zweifel lassen sich in Zukunft beseitigen, wie Forschende der Universität des Saarlandes und der 3S GmbH, einer Ausgründung des Lehrstuhls für Messtechnik, auf der Hannover Messe zeigen.
Kunststoffe werden mittlerweile für viele Anwendungen recycelt. „Es gibt Autohersteller, die machen bereits heute Sitze aus wiederaufbereitetem Kunststoff“, sagt Andreas Schütze von der Uni Saarland. Was aber, wenn Produkte plötzlich fremde Gerüche annehmen? „Ich habe mal an einem Sack Kunststoffgranulat gerochen, der hat auch nach mehreren Reinigungen immer noch nach Waschmittel gerochen, denn das Granulat ist aus alten Waschmittelflaschen gewonnen worden“, erzählt der Professor für Messtechnik an der Universität des Saarlandes. Schnell war klar, dass dieser Kunststoff für kaum eine Verwendung geeignet war – vor allem nicht für Lebensmittelverpackungen.
Die Suche nach dem richtigen Rezyklat für die jeweilige Anwendung
Ingenieure wie Andreas Schütze könnten hier in Zukunft ihren Beitrag leisten, um das richtige Plastik für die richtige Wiederverwendung zu finden. Gemeinsam mit der 3S GmbH erforschen sie, wie sich Gerüche zuverlässig und zweifelsfrei selbst in geringsten Mengen mit Sensoren identifizieren lassen. Das könnte helfen, Kunststoffe zielgenauer wiederzuverwerten. So ließen sich zudem gesundheitsschädliche Stoffe erkennen und bewerten. Auf der Hannover Messe stellt das Team mögliche Einsatzfelder vor.
Die Luftqualität in Innenräumen zählt dazu, sowohl wegen möglicher Schadstoffe als auch wegen unangenehmer Gerüche. „Heutzutage verströmen viele Gegenstände, Möbel, Teppiche und nicht zuletzt auch wir Menschen in Innenräumen flüchtige organische Substanzen oder Volatile Organic Compounds, sogenannte VOC“, erklärt der Saarbrücker Forscher. Die genaue Zusammensetzung dieses Gasgemisches ist bisher nicht kontinuierlich messbar. „Wir wissen aber häufig nicht, um welche Verbindungen es sich genau handelt oder welche darüber hinaus auch gesundheitsschädlich sind und welche nicht“, erläutert Caroline Schultealbert von der 3S GmbH. Deshalb erarbeiten die Saarbrücker Ingenieure zurzeit eine Prüfnorm, die bei der Zulassung entsprechender Geräte möglicherweise zum Einsatz kommt.
Sensortechnologie kombiniert mit Methoden des Maschinellen Lernens
Sensorsysteme, die mit Methoden des Maschinellen Lernens aufgerüstet werden, könnten Gerüche und Schadstoffe zielgenau aufspüren. Einsetzen ließen sie sich in der Industrie, in Büros und auch in Privathaushalten sowie Außenbereichen. „Autohersteller haben zum Beispiel Teams aus bis zu fünf Fachleuten, die neue Modelle auf Gerüche hin prüfen“, erläutert Andreas Schütze. Dabei handele es sich um speziell ausgebildete Geruchsexperten. „Aber nach kurzer Zeit riechen die auch nicht mehr so genau. Das liegt an der menschlichen Nase, die nach einer gewissen Gewöhnung Gerüche nicht mehr so gut wahrnimmt.“
Anders verhält es sich mit Sensoren, sie arbeiten unermüdlich mit der gleichen Präzision. „Die menschliche Nase braucht man aber immer noch als Referenz“, erklärt Caroline Schultealbert. Sie sollen die Arbeit der Sensoren überwachen. Diese werden temperaturzyklisch betrieben und erzeugen so charakteristische Signalmuster.“
Das Forschungsteam verfügt über eine spezielle Gasmischanlage, die 18 unterschiedliche Gase in jeder möglichen Konzentration mischen kann. „Auf diese Weise können wir nahezu jedes denkbare Gasgemisch erzeugen, womit wir die Sensoren im Anschluss kalibrieren können“, sagt Dennis Arendes, der als Mitarbeiter von Andreas Schütze die Anlage wesentlich mit entwickelt hat.
Der Gasmischer erzeugt bei der Kalibrierung einige hundert völlig zufällige Gasgemische, mit denen der Sensor dann mittels Künstlicher Intelligenz lernt, auf welche Stoffe und Gemische er reagieren soll. „Diese Kombination aus komplexer Anlagentechnik, dynamisch betriebenen Sensoren und KI ist es, was unsere Sensorsysteme so einmalig macht“, ordnet Schütze diese Vorgehensweise ein. (ber)
Universität des Saarlandes, Halle 2, Stand B28
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