Berufsalltag 05.04.2022, 10:53 Uhr

Vier-Tage-Woche: Diese Studie kann die Arbeitswelt umkrempeln

Studien aus Island zeigen, dass eine Vier-Tage-Woche Angestellte glücklich und produktiv macht. Warum die weltweit größten Feldstudien aus Skandinavien den Arbeitsalltag umwälzen könnten.

Hand an Würfel vier statt fünf Tage Woche

Eine isländische Studie hat erstaunliche Ergebnisse zu einem Feldversuch einer 4-Tage-Woche erzielt.

Foto: panthermedia.net/DmitriyDemidovich

Die klassische Fünf-Tage-Woche ist bei den meisten deutschen Unternehmen noch das Non-Plus-Ultra. Wer in Vollzeit arbeitet, ist von montags bis freitags am Arbeitsplatz. Dass Aufgaben auch in einer Vier-Tage-Woche produktiv erledigt werden können, hat eine aktuelle Studie aus Island bewiesen. Laut einer neuen Umfrage ziehen deutsche Arbeitnehmer eine kürzere Arbeitswoche sogar höherem Gehalt vor.

In Island arbeiten die Menschen überdurchschnittlich viel. 45 Stunden verbringen Isländer im Schnitt auf der Arbeit. Der europäische Durchschnitt liegt bei 37 Stunden in der Woche. Deutschland liegt hier mit 34,8 Stunden wohlgemerkt schon drunter. Im Rahmen von zwei Feldstudien erforschte ein Team, wie sich eine geringere Arbeitszeit auf die Leistungsfähigkeit der isländischen Arbeitnehmer auswirkt. Das Ergebnis überrascht.

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Die erste Studie begann schon 2015. 2.500 Angestellte nahmen an dem Feldversuch teil. Die zweite Untersuchung begann 2017 mit 400 Teilnehmenden. Ob Gesundheitswesen, Schulen oder Konzerne: Die Studienteilnehmer kamen aus verschiedenen Branchen. Die wöchentliche Arbeitszeit wurde in der Regel von 40 auf 35 oder 36 Stunden bei gleichem Gehalt reduziert.

Vier-Tage-Woche verbessert Work-Life-Balance

Die isländische Studie ergibt zwei grundlegende Punkte:

  1. Weniger Stress: Die Angestellten hatten laut eigenen Aussagen weniger Stress trotz reduzierter Arbeitszeit. Die Work-Life-Balance verbesserte sich, denn es blieb mehr Zeit für Familien und Hobbys.
  2. Produktivität bleibt mindestens gleich: Bei den meisten Arbeitsstellen blieb die Leistung der Studienteilnehmer gleich oder verbesserte sich sogar. Der Grund wird in einer strukturierteren Arbeitsroutine gesehen. Meetings wurden zum Beispiel kürzer abgehalten.

Forscher Will Stronge, der an den Feldstudien beteiligt war, sagt zu den Ergebnissen: „Diese Studie zeigt, dass der weltweit größte Versuch einer kürzeren Wochenarbeitszeit im öffentlichen Sektor in jeder Hinsicht ein überwältigender Erfolg war.“

Nach der Publikation haben zahlreiche isländische Gewerkschaften Arbeitszeiten neu verhandelt. 86 Prozent aller isländischer Arbeitnehmer haben die Möglichkeit erhalten, eine 4-Tage-Woche einzufordern.

An der Studie haben keine Vertreter aus der Ökonomie teilgenommen. Ob sich das Konzept der Vier-Tage-Woche auch auf komplexere Wirtschaftssysteme in Island übertragen lässt, wurde nicht erforscht.

Die weltweit größte Studie zur Vier-Tage-Woche wurde von der Alda (Association for Sustainable Democracy) und dem Thinktank Autonomy beauftragt.

Deutsche ziehen Vier-Tage-Woche einer Gehaltserhöhung vor

Das Technologie-Unternehmen HubSpot hat in der Studie „Hybrides Arbeiten 2022“ erhoben, dass deutsche Arbeitnehmer eine Vier-Tage-Woche einer Gehaltserhöhung vorziehen.  Über 4.000 Vollzeitbeschäftigte wurden befragt. 54 % entscheiden sich für eine kürzere Arbeitswoche, wenn sie zwischen mehr Gehalt und einer Vier-Tage-Woche wählen müssten. Um effektiv arbeiten zu können, brauchen die Angestellten Systeme und Tools, so die Studie. Zudem sprechen sich viele Befragte für weniger Meetings aus, die oft als Zeitfresser empfunden werden.

Vater mit Sohn spielen

Bei einer Vier-Tage-Woche bleibt mehr Zeit für die Familie.

Foto: panthermedia.net/AllaSerebrina

Podcast-Tipp: 5-Stunden-Tag bei vollem Gehalt: So funktioniert es

Lasse Rheingans freut sich über viele Bewerbungen. Ein Grund dafür mag sein, dass er in seiner Bielefelder IT-Agentur die 25-Stunden-Woche eingeführt hat: Um 13 Uhr ist Feierabend – bei vollem Gehalt. Klingt fast nach Schlaraffenland, ist aber die Zukunft der Arbeitswelt, sagt Rheingans im Gespräch mit Wolfgang Schmitz und Peter Sieben in der Folge des Karriere-Podcasts Prototyp: „Wir müssen Arbeit neu denken. Alle Branchen sind von Wandel und Digitalisierung betroffen. Dennoch halten so viele Unternehmen an alten Modellen fest. Das macht keinen Sinn.“

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Habe ich Anspruch auf Vier-Tage-Wochen?

Arbeitnehmer können in Deutschland nicht einfach eine Vier-Tage-Woche beantragen. Ob solch ein Modell angeboten wird, entscheidet der Arbeitgeber. Allerdings gibt es ein Recht auf Teilzeit. Wer länger als sechs Monate in einem Unternehmen tätig ist, kann Teilzeit beantragen.

Teilzeit vergeblich gesucht – Heiko Mell antwortet

Auf unserer Jobbörse gibt es Angebote zu Teilzeitstellen für Ingenieure und Ingenieurinnen.

Spanien probt die Vier-Tage-Woche

Ab Herbst 2021 startet das Modellprojekt Vier-Tage-Woche in Spanien. Kopf hinter dieser Initiative ist Iñigo Errejon, Chef der Linkspartei Más País.

„Spanien gehört zu den Ländern, in denen die Menschen europaweit die längsten Arbeitstage haben. Und dazu ist unser Land nicht besonders produktiv“, gibt er an.

Die spanische Regierung hat den Antrag gestattet und testet ab Herbst das neue Arbeitszeitmodell. 6.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von 200 KMU arbeiten ab dann einen Tag pro Woche weniger – für mindestens ein Jahr bei gleichem Gehalt. Das Ziel: Es sollen mehr Arbeitsplätze geschaffen werden. Unternehmen sollen angeregt werden, neue Leute einzustellen, um das Arbeitspensum abzufangen. Setzen fünf Beschäftigte jeweils einen Tag pro Woche aus, könnte ein weiterer Angestellter die restliche Arbeit übernehmen. Betriebe bekommen dafür vom spanischen Staat Geld. Die Finanzen sollen aus den Mitteln des Corona-Rettungspakets der EU kommen. Neue Jobs braucht das Land dringend. Im Februar 2021 hat die Zahl der Arbeitslosen die Vier-Millionen-Marke überschritten.

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Ein Beitrag von:

  • Sarah Janczura

    Sarah Janczura

    Sarah Janczura schreibt zu den Themen Technik, Forschung und Karriere. Nach einem Volontariat mit dem Schwerpunkt Social Media war sie als Online-Redakteurin in einer Digitalagentur unterwegs. Aktuell arbeitet sie als Referentin für Presse und Kommunikation beim VDI e.V.

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