Arbeiten im Ausland
Deutschlands Unternehmen suchen nach Ärzten, Ingenieuren und Informatikern, doch gleichzeitig wandern immer mehr Hochqualifizierte aus. Sie lockt der Ruf der Ferne.
Deutschland verliert seine Talente ans Ausland. Binnen eines Jahres, nämlich von 2015 auf 2016, verdoppelte sich zunächst die Anzahl deutscher Auswanderer – maßgeblich aufgrund einer veränderten Zählweise. Auf diesem Niveau ist die Emigration deutscher Staatsbürger seither geblieben und lag 2018 bei 261.851 Personen, so das Statistische Bundesamt. Das Wanderungssaldo ist bereits seit 2015 negativ, d.h. es wandern mehr Deutsche aus als nach Deutschland ein.
Besonders erschreckend ist die Abwanderung von Talenten, von Fachkräften und Spezialisten, wie sie hier in Deutschland in vielen Branchen gebraucht würden, etwa im Maschinen- und Fahrzeugbau, in der Elektrotechnik, der Versorgungs- und Entsorgungstechnik, der IT sowie Softwareentwicklung. Sie wandern in Länder mit besseren Arbeits-, Aufstiegs- und Forschungsbedingungen aus.
Wer wandert aus Deutschland aus?
Nun wandert natürlich nicht jeder, der im Ausland arbeitet, direkt aus. Es gibt Grenzpendler, die sich täglich oder immer zum Wochenanfang ins Ausland absetzen, ihren Lebensmittelpunkt aber in Deutschland haben. Diese Gruppe wird in diesem Artikel nicht behandelt. Wir nehmen Menschen in den Blick, die für die Arbeit ihre Heimat Deutschland hinter sich lassen. Sie gehen auf unbestimmte Zeit in ein neues Land oder werden von ihren Arbeitgebern als Expats entsendet. Im Jahr 2016 kehrte rund die Hälfte der Auswanderer nach einigen Jahren wieder zurück – allerdings nur jeder vierte Akademiker.
Das ist nicht verwunderlich: Die meisten der auswandernden Akademiker sind jung, familiär ungebunden oder kinderlose Paare. Als besonders mobil erweisen sich außerdem Deutsche mit Migrationshintergrund. Die Statistiken der Auswanderungen aus Deutschland legen nahe, dass insbesondere junge, gut ausgebildete Menschen mit türkischen Wurzeln Deutschland in den letzten Jahren den Rücken kehrten und in das Heimatland ihrer Eltern und Großeltern zogen. Viele von ihnen sprechen mindestens drei Sprachen und finden sich in zwei Kulturkreisen zurecht. Für international tätige Unternehmen sind sie damit gern gesehene Arbeitskräfte. Ihre Motivation einer Rückkehr ist eingeschränkt, zumal wenn sie in ihrer Wahlheimat gute Arbeitsbedingungen vorfinden und ihr Arbeitgeber sich nebenbei um die soziale Integration vor Ort kümmert.
Motive für das Arbeiten im Ausland
Es gibt tausend Gründe, warum Menschen sich entschließen, ihr Glück im Ausland zu suchen. Eine Studie des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration hat vor einigen Jahren herausgefunden, dass deutsche Auswanderer vor allem neue Erfahrungen machen wollen. Dicht gefolgt wird dieses Argument von den Aussichten auf bessere Berufschancen und ein höheres Einkommen. Das tifft häufig auch auch auf Expats zu. Durch ihren Einsatz an internationalen Standorten kehren sie mit einem erweiterten Netzwerk und neuen Fähigkeiten zurück.
Gerade Ingenieure gehen häufig als Expats ins Ausland. Das heißt, ihr in Deutschland ansässiger Arbeitgeber schickt sie für eine gewisse Zeit ins Ausland. Häufig werden Spezialisten für ein bestimmtes Fachgebiet oder junge Berufseinsteiger als Expats zu anderen Unternehmensstandorten oder Tochtergesellschaften geschickt. Ganz im Sinne des Employer Branding bieten mittlerweile auch viele mittelständische Unternehmen ihren Mitarbeitern die Möglichkeit, im Ausland zu arbeiten. Der Einsatz von Expats im Ausland ist zeitlich begrenzt, die meisten Ingenieure kehren nach Abschluss ihres Projekts oder der erfolgreichen Einarbeitung lokaler Kollegen nach Deutschland zurück.
Anders verhält es sich bei Wissenschaftlern und Führungskräften. Wie die OECD zeigt, zieht es vor allem einflussreichere Wissenschaftler dauerhaft ins Ausland. Die Arbeitsbedingungen in der Forschung sowie die Aufstiegsbedingungen an deutschen Hochschulen scheinen nicht mit der Attraktivität ausländischer Standorte mithalten zu können. Die Hauptzielländer von Wissenschaftlern und Führungskräften sind außerhalb Europas zu finden: Es sind vor allem die Vereinigten Staaten, die Schweiz und Kanada. Bei jungen Wissenschaftlern rückt zudem Israel zunehmend in den Fokus.
Zielland Nr. 1: Die Schweiz
Das Zielland Nummer eins unter deutschen Auswanderern ist die Schweiz. Im Jahr 2017 lebten 305.000 deutsche Staatsbürger in der Schweiz –vor allem in der deutschsprachigen Schweiz. In Zürich und Bern etwa stammt ein Drittel der Professoren aus Deutschland. Die Einwanderung in die Schweiz ist für EU-Bürger relativ einfach seit die vollständige Personenfreizügigkeit im Jahr 2007 umgesetzt wurde. Ihnen reicht ein Personalausweis. Damit haben EU-Bürger 3 Monate Zeit, sich im Land nach einer Arbeitsstelle umzusehen. Ingenieure und Informatiker können sich entweder direkt bei einem Schweizer Unternehmen bewerben oder als Expat in der Schweiz arbeiten. Wer sich direkt bewirbt, dem helfen Empfehlungsschreiben.
Wie das Recruiting in der Schweiz funktioniert und welche Gehälter Ingenieure erwarten, lesen Sie in unserem Artikel „Arbeiten in der Schweiz“
Zielland Nr. 2: Die USA
Das Land der Träume vieler Arbeitsmigranten sind die USA. Die Einwanderung ist durch ein strenges Quotensystem geregelt, an dem kein arbeitswilliger Einreisender vorbeikommt. Aber, kein Grund zu verzagen: Ingenieure und Wissenschaftler haben schließlich den Vorteil eines Hochschulabschlusses in der Tasche. Der ist bei amerikanischen Einwanderungsbehörden gerne gesehen.
Wer von seiner Firma geschickt wird, hat am wenigsten zu tun: Das eigene Unternehmen dürfte den Arbeitsplatzwechsel weitgehend organisieren. Ingenieure, die es selbstständig auf dem amerikanischen Arbeitsmarkt versuchen wollen, brauchen ein konkretes Arbeitsangebot, bevor sie ein Visum beantragen können. Das häufigste Arbeitsvisum H1-B gilt für 3 Jahre und kann auf maximal 6 Jahre verlängert werden. Danach müssen deutsche Arbeitnehmer die USA für mindestens 1 Jahr verlassen oder auf eine unbefristete Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis, die Green Card, hoffen.
Bewerbungsunterlagen für eine Arbeit in den USA sollten übersichtlich und prägnant sein. Angaben, welcher Religion oder welcher Ethnie man angehört, haben in den Unterlagen für die USA nichts verloren. Ebenso wenig Bewerbungsfotos. Der eigene Werdegang wird so verfasst, dass die letzte Beschäftigung als Erstes und die Schulbildung ganz am Ende auftaucht. Nützliche Helferlein für eine Bewerbung in die USA sind Referenzen. Dabei sollte man aber einige Regeln beachten. Sinnvoll ist es auch, sich über die zu erwartenden Gehälter vorab zu informieren. Für Ingenieure liegen sie in der Regel etwas niedriger als in Deutschland, zudem gibt es in den USA keinen vergleichbaren Kündigungsschutz. Der Urlaubsanspruch liegt meist bei 10 Tagen, wer gut verhandelt, kann zusätzliche „personal days“ rausschlagen. Für große Reisen über den Atlantik reicht das aber nicht. Insofern ist Arbeiten im Ausland eben immer ein kleines Stück Auswandern.
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