Arbeiten in China
Shanghai gehört zu den bedeutendsten chinesischen Boomregionen. Gerade europäische und amerikanische Fachkräfte haben dort die Chance, einen guten Job zu finden. Doch auch wenn Ingenieure und Informatiker nicht gleich im Reich der Mitte arbeiten wollen: Das rasante Wirtschaftswachstum sorgt für zahlreiche Geschäftskontakte nach Asien. Was es dabei zu beachten gibt, lesen Sie hier.
- China: Branchen für Ingenieure
- Unternehmen in China
- Einblick in die chinesische Kultur
- Business-Knigge für China
China: Branchen für Ingenieure
Vor rund 20 Jahren waren es überwiegend Abenteurer, die nach Asien und besonders nach China strömten. Das ist heute anders. Chinas Bedeutung für die Weltwirtschaft wächst zunehmend. Vor allem deutsche und amerikanische Absolventen der Ingenieurwissenschaften finden in Asien immer öfter sehr attraktive Arbeitsbedingungen vor. Gerade Shanghai bietet für Ingenieure und Informatiker gute Beschäftigungsmöglichkeiten. Die deutsche Wirtschaft ist eng mit der chinesischen verbunden. Deutschland war 2016 das Hauptzielland für chinesische Direktinvestitionen in Europa. Umgekehrt haben viele deutsche Industrieunternehmen im Reich der Mitte einen Firmensitz und entsenden Fachkräfte nach Asien. Ingenieure und Informatiker, die für europäische Unternehmen in China arbeiten, bleiben meist nur einige Jahre.
Insbesondere die Automobilindustrie in China ist für deutsche Ingenieure und Informatiker interessant. Im Zuge wirtschaftlichen Wachstums ist der Autoabsatz in China seit dem Jahr 2008 stetig gestiegen. Der nach Umsatz mit Abstand größte Automobilhersteller Chinas ist SAIC Motor. China ist darüber hinaus, noch vor den USA, das Land mit dem weltweit höchsten Bestand an Elektroautos. Entsprechend ist es diese Branche, in der chinesische Investoren sich überwiegend an deutschen Firmen beteiligen.
- 20,5 % der chinesischen Firmenbeteiligungen in Deutschland erfolgten im Sektor der energiesparenden Autos und Autos mit alternativer Antriebstechnik.
- 18,8 % investierten in Energiesysteme
- 16,1 % in Biomedizin und teure Medizingeräte
Da die Chinesen überwiegend in diejenigen Schlüsselbranchen investieren, in denen das Land bis 2025 selbst eine international führende Position erreichen will, sollten Ingenieure und Informatiker, die Interesse an Businesskontakten mit China haben, diese Unternehmen auf dem Schirm haben.
Ingenieurarbeitgeber in China
Viele der boomenden chinesischen Unternehmen sind im Westen kaum bekannt. Dabei sitzen von den 500 umsatzstärksten Firmen der Welt mittlerweile 115 in der Volksrepublik. Dennoch tauchen in der Forbes-Liste der beliebtesten Arbeitgeber kaum chinesische Unternehmen in den Top-50 auf. Ausnahmen sind die CNOOC auf Platz 6 und die China Petroleum Engineering auf Platz 14. Zwei der 10 beliebtesten chinesischen Unternehmen haben ihren Sitz in der Sonderverwaltungszone Hongkong, der teuersten Stadt für Expatriates weltweit.
Die Top-10 der beliebtesten Arbeitgeber in China sind:
- CNOOC (Öl & Gas, Hongkong)
- China Petroleum Engineering (Öl & Gas)
- Wuliangye Yibin (Getränke)
- NetEase (Computer Services)
- Sinopec (Öl & Gas)
- Gree Electric Appliances (Haushaltsgeräte)
- Founder Securities (Investment)
- China National Nuclear Power (Elektrizität)
- Huaxia Bank (Finanzen)
- Hongkong Exchanges (Investment)
Eine der größten Industrieregionen im Südosten Chinas ist die Provinz Guangdong. Sie gilt außerdem als wichtigste Provinz für Handelsaktivitäten mit China (Import und Export). Die größten Städte dieser wirtschaftlich starken Provinz sind Guangzhou und Shenzhen mit jeweils mehr als 10 Millionen Einwohnern.
Einblick in die chinesische Kultur
Natürlich ist China nur ein Land in Asien. Doch ob seiner Ausdehnung könnte man meinen, man bereist einen eigenständigen Kontinent. Wer Chinas nördlichste Stadt Mohe in der Provinz Heilongjiang besucht, befindet sich etwa auf dem Breitengrad von Berlin. Heißt das Reiseziel Hainan, Chinas beliebte Ferieninsel, befindet man sich in Höhe der Südsahara. Um China von West nach Ost zu durchqueren, müsste man 5 Stunden fliegen. Das Land ist in insgesamt 22 Provinzen aufgeteilt, die in ihrer Größe und Bevölkerungszahl mit den mitteleuropäischen Staaten vergleichbar sind. Hinzu kommen 5 autonome Gebiete. Um das komplette Land zu erkunden würde man Jahre benötigen. Ingenieure und Informatiker auf Geschäftsreise sind jedoch meist in den großen Städten Shanghai, Peking und Hongkong sowie in der Industrieprovinz Guangdong.
Die Chinesen sind zu Recht stolz auf ihre alte Kultur, die eine der ältesten Kulturnation in Asien und der ganzen Welt darstellt. Wer als Deutscher im Reich der Mitte Geschäfte machen will, sollte sich daher ein fundiertes Basiswissen auch im Bereich Kultur aneignen. Gleiches gilt übrigens für das Thema Politik. Chinesen schätzen es sehr, wenn Ausländer zeigen, dass sie sich für die Sitten und Gebräuche im Land interessieren. Diese sind, trotz der Größe des Landes, überraschend homogen.
Ein Großteil der Chinesen sieht seine Wurzeln in der Zeit der Han-Dynastie. Von Minderheiten wie den Mongolen oder Mandschu wird erwartet, dass sie sich anpassen. Den Chinesen sind insbesondere 3 typische Angewohnheiten zu eigen:
- Sie legen Wert darauf, ihr Gesicht zu wahren
- pflegen zwischenmenschliche Beziehungen
- praktizieren eine ausgewählte Höflichkeit
Die kompromisslose Durchsetzung eigener Interessen gilt in China als unmoralisch. Daran sollten vor allem Geschäftsreisende denken. Vielmehr gilt es als üblich, eine für alle zufriedenstellende Kompromisslösung zu finden. Dieser Lösung gehen oftmals langwierige Prozesse und komplizierte Gespräche voraus. Es ist ungemein hilfreich, wenn Sie als Ingenieur die Kompromissstrategie der Verhandlungsführung kennen.
Darüber hinaus gehören Rituale fest zur chinesischen Kultur dazu. Viele Handlungen, auch ganz alltägliche, unterliegen strikten Vorschriften, die unbedingt beachtet werden sollten. Diese Rituale ergeben sich aus den Traditionen des Landes. Spontaneität und Selbstverwirklichung sind verpönt, weil mit ihnen nach Ansicht der Chinesen oft ein Gesichtsverlust einhergeht. Das Nachahmen von Vorbildern hingegen gilt aus denselben Gründen (Gesichtswahrung) als äußerst löblich – was in mancherlei Hinsicht auch die Einstellung der Chinesen zum Nachahmen vor allem westlicher Industrieprodukte erklärt. Sie sehen darin keinen rechtlichen Verstoß, sondern eine Wertschätzung des Produktes.
Business-Knigge für China
Das Miteinander in der chinesischen Geschäftswelt unterscheidet sich so grundlegend von dem in der westlichen Welt, dass Europäer in China eigentlich automatisch von einem Fettnäpfchen ins nächste treten. Europäischen Ingenieuren und Informatikern erscheint das Verhalten der chinesischen Kollegen oftmals umständlich und ineffektiv. Sie sollten sich jedoch darauf einlassen, wenn sie Verträge abschließen wollen. Zu den grundlegenden Business-Verhaltensregeln in China gehören:
- nicht laut sprechen, sondern ruhig und sanft
- nicht wild gestikulieren
- schwierige Themen immer nur indirekt ansprechen
- „Nein“ sagen vermeiden
- bescheiden bleiben und das eigene Können herunterspielen
- sich an die gängigen Smalltalk-Themen halten: Wetter, Golf, Urlaub und Familie
- zu vermeiden sind negative Themen wie Probleme in der Familie oder im Beruf
- ein absolutes Tabu sind Gespräche über Tibet, Taiwan und die Studentenunruhen von 1989
Hierarchie in China
Vor jedem Geschäftstreffen sollten sich Ingenieure und Informatiker über die Hierarchie-Ordnung informieren. Diese ist bei der Begrüßung unbedingt einzuhalten. Bei Unsicherheit ist Zurückhaltung besser als Aktionismus. Wer sich unsicher zeigt, dem wird geholfen. Auch das ist ein typischer Wesenszug der chinesischen Kultur. Umarmungen und Wangenküsse sind ebenso tabu wie Schulterklopfen und lautes Lachen. In China werden ausländische Geschäftspartner inzwischen auch per Handschlag begrüßt. Der häufige Kontakt zu westlichen Unternehmen hat dieses Entgegenkommen mit sich gebracht. Dabei sollte man die Hand nie zu fest drücken und den Blickkontakt kurzhalten. Chinesen fühlen sich schnell angestarrt. Ingenieure und Informatiker sollten bedenken, dass sie auch nach einem Geschäftsessen oder -treffen nie als Privatperson gesehen werden, sondern immer als Geschäftsperson. Dies gehört zur Kultur Chinas und man sollte seine Verhaltensweisen daran anpassen.
Geschäftsoutfit in China
Business-Kleidung ist in China eher konservativ. Mit einem weißen Hemd, einem dunklem Anzug und einer Krawatte in nicht zu grellen Farben machen Herren nichts verkehrt. Damen tragen Kostüm oder Hosenanzug mit heller Bluse und Schuhe mit nicht zu hohen Absätzen. Zu beachten ist, dass Ingenieurinnen und Informatikerinnen weiße Kostüme und Hosenanzüge vermeiden sollten – Weiß gilt in China als Farbe des Todes. Mit gedeckten Farben macht man nichts verkehrt.
Geschäftsessen in China
Ein heikles Thema in China sind Geschäftsessen. Das fängt schon mit der Einladung an. Wer als Ingenieur oder Informatiker seine chinesischen Geschäftspartner einladen will, sollte vorsichtig sein. Insbesondere die Gehaltsunterschiede zwischen deutschen und chinesischen Ingenieuren machen die Einladung zum Drahtseilakt. Wählt der Gastgeber ein zu teures Restaurant, wirkt seine Geste protzig. Zudem führt es bei vielen Chinesen zu Minderwertigkeitsgefühlen, wenn sie die Einladung nicht auf gleichem Niveau erwidern können. Ist das Restaurant jedoch zu günstig, werden europäische Geschäftspartner in China schnell als Geizkragen angesehen.
Auch beim Business-Essen selbst lauern einige Stolperfallen. So ist es in China durchaus üblich, dass man schmatzt, schlürft oder mit vollem Mund spricht. Wer sich hingegen bei Tisch die Nase schnäuzt, dem sind vernichtende Blicke sicher. Dafür geht man in China auf die Toilette. Darüber hinaus ist es verpönt, beim Essen mit den Stäbchen auf seinen Gesprächspartner zu zeigen. Nach dem Essen dürfen die Stäbchen niemals senkrecht in den Reis gesteckt werden – das ist ein Symbol für den Tod. Stattdessen legt man sie einfach neben den Teller. Auf diesem sollte sich außedem noch ein Rest des Essens befinden. Während man in Deutschland gelernt hat, dass es höflich ist, den Teller leer zu essen, bedeutet das in China das Gegenteil: Der Gastgeber hat es nicht geschafft, seinen Gast zu sättigen.
Visitenkarten in China
In vielen Ländern Asiens haben Visitenkarten einen hohen Stellenwert, so auch in China. Idealerweise sollte eine Seite der eigenen Visitenkarte auf Chinesisch verfasst sein. Aber Achtung: Die Schriftzeichen müssen korrekt sein. Wer das nicht garantieren kann, sollte stattdessen eine fehlerfrei übersetzte englische Version der Visitenkarte auf die Rückseite drucken lassen. Chinesische Namen klingen für viele Europäer dagegen so fremd, dass sie nicht zwischen Vor- und Nachnamen unterscheiden können. Hierzu muss man wissen, dass auf chinesischen Visitenkarten der Familienname an erster Stelle steht und der/die Vornamen im Anschluss folgen.
Auf der Rückseite der Visitenkarte chinesischer Geschäftsleute stehen die Angaben übrigens auch oft in englischer Sprache. Um die Verwirrung komplett zu machen, oft – aber eben nicht immer – in exakt umgekehrter Reihenfolge, also angepasst an die westliche Variante. Im Zweifel unbedingt nachfragen. Das ist nicht peinlich, im Gegenteil: Grundsätzlich kommt es in China gut an, wenn man nach dem Lesen der Visitenkarte Interesse bekundet, sich nach Besonderheiten der Tätigkeit erkundigt oder eben auch fragt, wie der Name richtig ausgesprochen wird.
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