Arbeitgeberbranche 16.05.2017, 00:00 Uhr

Die kommunale Alternative für Ingenieure

Auch in den Kommunen nimmt die Digitalisierung Fahrt auf. Arbeiten im öffentlichen Dienst verspricht viel Freiheit und Selbstbestimmung – aber auch weniger Gehalt.

Kommunale Alternative

Kommunale Alternative

Foto: panthermedia.net/Thampapon

Herbert Mösch ist Ingenieur beim Landratsamt in Bayreuth. Auf seine letzte Beförderung musste er 15 Jahre warten. Florian Brand aus Miesbach ist ebenfalls technischer Beamter. Seit 2013 hat er die Mindestwartezeit für den Aufstieg, immerhin volle neun Jahre, erfüllt. Doch vor seiner Höherstufung ist noch ein Dutzend anderer Kollegen an der Reihe. „Das bedeutet eine zusätzliche Wartezeit von drei Jahren“, klagt der Beamte. Was darauf hindeutet: Allein mit Leistung wird aus einem Staatsdiener noch lange kein Oberstaatsdiener – selbst wenn er zu einer der gesuchtesten Berufsgruppen in Deutschland gehört.

Ingenieure leiden unter Sparplänen der Länder

Clemens Schwab sammelt Stimmen wie die von Mösch und Brand, um auf den seit Jahren andauernden Beförderungsstau beim technischen Personal in Landrats-, Bau- und Naturschutzämtern in Bayern aufmerksam zu machen. Der Vermessungsingenieur und Leiter des Bauwesens am Amt für ländliche Entwicklung in Würzburg steht ehrenamtlich dem Zentralverband der Ingenieure im Öffentlichen Dienst in Bayern e. V. (ZVI) vor.

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Im vergangenen Jahr hat Schwab vom bayerischen Landtag 400 zusätzliche Ingenieurstellen gefordert. Der Landtag lehnte ab: Die Kosten stünden der Haushaltskonsolidierung entgegen. „Das war mir klar“, sagt der Ingenieur trocken. „Die größten Beamtengruppen sind Lehrer und Polizisten. Bei beiden will man aus politischen Gründen nicht sparen. Da bleiben die Ingenieure halt auf der Strecke.“

Tatsächlich brauchen Bau-, Umwelt- und Naturschutzingenieure einen langen Atem, um trotz aller Zulagen von der Eingangsbesoldung aus auf ein familienfreundliches Gehalt zu kommen. Das betrifft längst nicht nur die etwa 5000 verbeamteten Ingenieure im Freistaat Bayern, sondern deutschlandweit rund 38.000 Berufskollegen aus allen Ingenieursparten.

Der öffentliche Dienst dünnt seine Ingenieurstellen aus

Die Zahl 38.000 stammt aus dem Jahr 2011, inzwischen dürften viele von ihnen in Pension gegangen und nicht ersetzt worden sein. Denn landauf, landab arbeitet die Politik an der Verkleinerung des Beamtenapparats. Aber wenn Ersatz für ausscheidende Ingenieure fehlt und zusätzliche Stellen nur tröpfelnd bewilligt werden, verteilt sich die Arbeit zwangsläufig auf weniger Köpfe.

Damit Planfeststellungsverfahren abgeschlossen, technisches Gerät in Betrieb gehalten und wichtige Infrastrukturaufgaben auf den Weg und zu Ende gebracht werden, holen sich die Verantwortlichen von Bund, Ländern und Kommunen Ingenieurwissen von außen in die Rathäuser. „.Das entlastet bis zu einem gewissen Umfang“, sagt Clemens Schwab, „aber die externen Dienstleister brauchen Ansprechpartner auf Augenhöhe.“ Ingenieur im öffentlichen Dienst zu sein, bedeutet mehr denn je, Fremdaufträge zu vergeben und deren Erledigung zu kontrollieren.

Arbeitsplatzsicherheit als großer Bonus

Für gestresste und auf wechselnde Ziele hinarbeitende Ingenieure mag das geradezu paradiesisch klingen. Zumal der Job beim Staat ein großes Lebensrisiko ausschließt: Egal, was man tut oder nicht tut, als Beamter kann man nicht gefeuert werden. Allenfalls droht die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand, und von den Ruhestandsbezügen aus den öffentlichen Händen lebt es sich deutlich besser als von der Rente.

Die steuerfreien Pensionen und die Arbeitsplatzsicherheit sind denn auch die stärksten – böse Zungen sagen: die einzigen – Argumente für den öffentlichen Dienst. Allein bei den jungen Ingenieuren ziehen sie nicht mehr. Nach außen hin leiser als die Privatwirtschaft, doch intern in höchsten Tönen klagen vor allem die Länder und die Kommunen über den Nachwuchsmangel im technischen Bereich. „Die Jüngeren wollen Geld verdienen und gehen deshalb lieber in die Privatwirtschaft“, weiß Vermessungsingenieur Schwab. „Teilweise können wir unsere Stellen nicht besetzen.“

Hat er nicht eben gesagt, es gebe kaum freie Stellen? „Das genau ist ja das Problem“, erklärt der ZVI-Vorsitzende. „Im öffentlichen Dienst in Bayern müssen wir bis 2019 rund 40% Personalabbau erreichen. Ingenieurstellen werden also gestrichen, obwohl wir dringend Ingenieure brauchen. Und selbst wenn wir freie Stellen haben, fehlen uns die Bewerber.“

Verdienstaussichten sind eher bescheiden

Vor allem Hochschulabsolventen geben der Industrie und den Dienstleistungsunternehmen Umfragen zufolge den Vorzug – mehr Gehalt, mehr Anerkennung. Nach ein paar Berufsjahren und insbesondere erfolgreicher Familiengründung liebäugeln jedoch viele mit dem öffentlichen Dienst – mehr Sicherheit und familienkonformere Arbeitszeiten. „Mit Anfang, Mitte 30 versuchen sie, bei uns Fuß zu fassen“, sagt Schwab. „Aber da gibt es dann wieder andere Hürden.“

Was Ingenieure im öffentlichen Dienst verdienen

Das Laufbahnsystem im öffentlichen Dienst unterscheidet zwischen Bachelor- und Masterabschlüssen. Als Bachelorabsolvent oder Diplom-Ingenieur (FH) wird man der dritten Qualifizierungsebene („gehobener Dienst“), als Master oder Universitätsabsolvent der vierten Qualifizierungsebene („höherer Dienst“) zugeordnet.

Bei der Eingangsbesoldung kann das einen Unterschied von mehr als 1000 EUR im Monat ausmachen. Die Jahresgehälter liegen für Berufseinsteiger je nach Studienabschluss, Berufserfahrung und Länderregelungen zwischen 32.000 EUR und 40.000 EUR. Als Projektingenieur im öffentlichen Dienst kommt man auf ein Jahresgehalt von 40.000 € bis 53.000 €, als Projektmanager auf 48.000 € bis 70.000 €. Verbeamtete Ingenieure verdienen mehr als Ingenieure, die als Angestellte im öffentlichen Dienst tätig sind.

Wobei die so anders gar nicht sind: Wieder dreht es sich ums Geld. Der öffentliche Dienst schreibt eine einjährige Anwärterzeit mit reduzierten Bezügen und abschließender Prüfung vor. „Als Alleinverdiener kann man davon keine Familie ernähren“, sagt Schwab. Hingegen sei die Beamtenprüfung kein Kunststück. Und wenn man nach einigen Jahren die ersten Besoldungsstufen genommen hat, haben Ingenieure im Dienst der Allgemeinheit enorme Vorteile gegenüber ihren Kollegen in der Privatwirtschaft: Sie können ihren Arbeitsbereich selbstständig gestalten, haben geregelte Arbeitszeiten und überschaubare Reisetätigkeiten.

Die Vorzüge: Work-Life-Balance, Forschungstätigkeit, Führungsverantwortung

Wem die Work-Life-Balance wichtiger ist als ein hohes Einkommen, der ist bei einer Bau-, Landrats-, Denkmalschutz- oder Naturschutzbehörde sicher aufgehoben. Wer Mannschaftsgeist sucht und Mitarbeiter führen möchte, sollte an die Bundeswehr denken. Wissenschaftlich Interessierten stehen bundeseigene Forschungseinrichtungen wie die Fraunhofer- oder die Max-Planck-Gesellschaft offen. Hier kann freilich längst nicht jeder auf die Verbeamtung hoffen. In der Regel bleibt es bei einer Anstellung im öffentlichen Dienst. Da paart sich zwar der Nachteil des im Vergleich zur Industrie geringeren Einkommens mit der im Vergleich zu Beamten geringeren Pension, dafür sind die Möglichkeiten, am Arbeitsplatz den eigenen Forschungsinteressen nachzugehen, umso größer. Dabei fällt selbst das Warten auf die Beförderung ein bisschen leichter.

 

Ein Beitrag von:

  • Christine Demmer

    Christine Demmer hat als Wirtschaftsjournalistin für überregionale Tageszeitungen und Magazine gearbeitet. Sie ist Managementcoach und Kommunikationsberaterin sowie Autorin von Sachbüchern zum Thema Karriere.

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