Vom Aktenschrank zur KI 24.04.2025, 11:30 Uhr

Digitale Personalakte 2.0: Wie KI die HR-Prozesse neu definiert

Die Digitalisierung verändert das Personalwesen, vor allem durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). Sie hilft bei der automatisierten Dokumentenverarbeitung, Sortierung von Unterlagen und Entscheidungsfindung, wodurch Prozesse beschleunigt und manuelle Aufgaben reduziert werden. Gleichzeitig müssen Unternehmen den Schutz sensibler Personaldaten sicherstellen. Der rechtliche Rahmen, insbesondere die DSGVO und der EU AI Act, wird immer komplexer.

Ulrich Jänicke

Zwischen Datenschutz und Digitalisierung: Ulrich Jänicke kennt die Herausforderungen moderner HR-Arbeit.

Foto: Aconso

Ulrich Jänicke, CEO der aconso AG, unterstützt HR-Abteilungen bei der Prozessoptimierung und dem Wechsel in die Cloud. Als Experte im digitalen HR-Bereich prägt er die Branche seit fast 25 Jahren. aconso ist auf Dokumentenmanagement im HR-Bereich spezialisiert und bietet Lösungen wie die digitale Personalakte und die automatisierte Dokumentenerstellung. Das Unternehmen richtet sich an mittelständische bis große Unternehmen und begleitet diese in allen HR-Prozessen. Zu den Kunden zählen unter anderem Deutsche Bahn, Lufthansa und Allianz. In diesem Interview teilt Ulrich Jänicke seine Erfahrungen und Einblicke in die digitale Transformation des Personalwesens.

Herr Jänicke, Sie haben sicherlich einiges erlebt – insbesondere die gesamte Entwicklung im HR-Bereich. Wie verändert die Digitalisierung das Personalwesen?

Ich würde das in drei Schritte unterteilen. Der erste Schritt war aus historischer Sicht sicherlich die Einführung von Abrechnungssoftware – wie etwa SAP. Die Personalabteilungen waren lange stark auf die reine Gehaltsabrechnung fokussiert. Doch dann wurde klar: Es geht um mehr als nur Zahlen, mehr als nur Brutto/Netto-Abrechnungen. In der Personalabteilung entsteht eine Vielzahl an schriftlichen Dokumenten – von Arbeitsverträgen über Mitarbeitergespräche bis hin zu Bescheinigungen – und all diese müssen auch archiviert und rechtssicher verwaltet werden. Das war der Beginn der digitalen Personalakte.

Der zweite Schritt war die Erkenntnis: Wenn ich ohnehin Dokumente schreibe, warum nicht gleich automatisiert, rechtssicher und vor allem wiederholbar? Themen wie automatische Dokumentenerstellung und Zeugniserstellung haben in diesem Zusammenhang stark an Bedeutung gewonnen.

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Und der dritte große Entwicklungsschritt kam mit der COVID-19-Pandemie. Plötzlich wurde allen deutlich, wie wichtig digitale Systeme sind – insbesondere, wenn man in verteilten Organisationen arbeitet oder Homeoffice ermöglichen will. Das hat der Digitalisierung insgesamt einen enormen Schub gegeben – vor allem im Bereich der elektronischen Signatur und ihrer rechtlichen Anerkennung. Dinge, die vor fünf Jahren noch als kompliziert galten, sind heute weitgehend etabliert.

HR-Automatisierung mit KI

Und welche Rolle spielt künstliche Intelligenz heute in diesem Kontext?

Das ist tatsächlich der nächste große Schritt: künstliche Intelligenz. Dabei sollte man zwischen zwei Richtungen unterscheiden.
Zum einen gibt es die generative KI – also das, was beispielsweise ChatGPT macht: Texte generieren, Verträge formulieren, Dokumente auf Zuruf erstellen. Das ist sehr spannend, vor allem im Hinblick auf die Unterstützung von HR-Prozessen.

Für uns im Moment noch wichtiger ist jedoch der zweite Bereich: die analytische KI. Aufgrund unserer langen Unternehmensgeschichte und unserer Kundenstruktur verwalten wir eine riesige Menge an Dokumenten – wir sprechen hier von mehreren Hundert Millionen. Allein durch die Betreuung von fünf bis sechs Millionen Mitarbeitenden kommen bei durchschnittlich 100 Seiten pro Personalakte schnell eine halbe Milliarde Dokumente zusammen.

In diesen Dokumenten steckt enormes Wissen – und genau da kommt die analytische KI ins Spiel: Sie hilft uns, dieses Wissen zu erschließen. Zum Beispiel kann sie Informationen extrahieren, die bisher nicht strukturiert vorlagen – etwa komplette Lebensläufe innerhalb eines Unternehmens, Karrierewege, gesammelte Skills oder auch historische Informationen, wie alte Pensionszusagen oder Beteiligungen an Altersvorsorgemodellen.
Mit analytischer KI lassen sich genau solche Inhalte gezielt auffinden, auswerten und nutzbar machen – etwas, das früher kaum möglich oder nur mit immensem Aufwand verbunden war.

Datenschutz als zentrale Herausforderung

Was kann man bei diesen Prozessen falsch machen?

Wenn Sie in einem Bereich arbeiten, in dem Geheimhaltung von entscheidender Bedeutung ist – wie zum Beispiel in der Rüstungsindustrie, der Luftfahrt oder im Finanzwesen – sollten Sie keinesfalls sensible Daten wie Lebensläufe in Systeme wie DeepSeek oder ChatGPT eingeben. Diese Systeme sind nicht unter Ihrer Kontrolle und könnten Daten unbefugt weitergeben.

Auch wenn es verlockend ist, sollte man dies vermeiden, vor allem, wenn man später nicht überrascht werden möchte, dass wertvolle Mitarbeiter abgeworben werden.

Wir setzen daher KI hinter einer Firewall ein, die wir kontrollieren, und garantieren unseren Kunden, dass die Daten dort sicher sind. Sie können sicher sein, dass ihre Informationen geschützt sind und nicht von Dritten für unvorhergesehene Zwecke genutzt werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass man sicherstellen muss, dass die KI nicht auf illegitime oder unethische Anfragen reagiert. Zum Beispiel gibt es in Deutschland das Betriebsverfassungsgesetz, und es wäre völlig unzulässig, die KI zu fragen, welche Mitarbeitenden entlassen werden sollten, weil die Wirtschaftslage schlecht ist. Solche negativen Abfragen sind nicht nur rechtlich problematisch – sie würden auch auf Widerstand bei Betriebsräten und Datenschützern stoßen.

Aus ethischen Gründen ist es daher sehr wichtig, darauf zu achten, dass das Betriebsverfassungsgesetz, Mitbestimmungsrechte und Datenschutzrichtlinien eingehalten werden. Das ist eine der Kernkompetenzen, die wir in diesem Bereich haben.

Warum ist Datenschutz gerade im Personalwesen eine so zentrale Herausforderung für Unternehmen?

Personenbezogene Daten sind immer sensibel. Sie enthalten Informationen wie meinen Lebenslauf, meine Ausbildung, aber auch meine Fehlzeiten und Krankheitsstände. Diese Daten sind besonders schützenswert, und niemand möchte, dass sie in die falschen Hände geraten.

Deshalb muss man mit diesen Informationen sehr vorsichtig umgehen und genau überlegen, wem man was zeigt. Es gibt die klassische „3 W“-Frage: Wer darf was von wem sehen?

Wenn es um den Einsatz von KI geht, gilt das gleiche Prinzip. Wenn ich in einer Personalabteilung arbeite, darf ich nur auf die Daten der Mitarbeitenden zugreifen, für die ich auch verantwortlich bin. Außerdem darf ich nur solche Informationen einsehen, die für meinen Arbeitsbereich relevant sind und den gesetzlichen Normen entsprechen.

Wichtig ist auch, dass keine unzulässigen, negativen Fragen gestellt werden – wie zum Beispiel „Wer hat die meisten Fehltage?“ oder „Wer hat in den letzten drei Mitarbeitergesprächen die schlechteste Performance gezeigt?“ Solche Anfragen müssen unbedingt vermieden werden.

Wenn ich zum Beispiel eine Person mit bestimmten Fähigkeiten – sagen wir „XY“ – suche:
Lässt sich mit Hilfe der KI tatsächlich diese riesige Datenmenge von Hunderten Millionen Dokumenten gezielt durchsuchen, um passende Profile zu finden?

Jein – da muss man etwas differenzieren. Natürlich ist es prinzipiell möglich, solche Abfragen durchzuführen, allerdings immer nur im Rahmen der eigenen Organisation und unter Berücksichtigung der datenschutzrechtlichen Vorgaben.

Wir verwalten zwar mehrere Hundert Millionen Dokumente, aber der Zugriff darauf ist strikt geregelt. Das heißt: Ein Kunde kann nur auf seine eigenen Daten zugreifen, und auch innerhalb eines Unternehmens erhält jeder Nutzerin nur Zugang zu den Daten, für die er oder sie autorisiert ist. Eine Personalsachbearbeitung darf also nur auf den definierten Mitarbeiterkreis zugreifen, ebenso ein Recruiter oder Personalentwickler – immer entsprechend der internen Rechtevergabe. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt.

Diese Daten sind extrem sensibel und unterliegen natürlich der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Deshalb kann man sie nicht einfach in eine öffentliche KI wie ChatGPT oder DeepSeek einspeisen. Solche Anwendungen müssen immer hinter sicheren Firewalls laufen – rechtssicher und datenschutzkonform. Genau das stellen wir auch für unsere Kunden sicher.

Aber zu Ihrem Beispiel: Ja, wenn ich etwa nach Mitarbeitenden suche, die eine bestimmte Sprache sprechen und Erfahrung mit einer bestimmten Technologie haben – etwa für ein spezielles internationales Projekt – kann ich das mit einer solchen analytischen KI sehr effizient herausfiltern. Gerade wenn solche Informationen nicht in strukturierten HR-Systemen, sondern irgendwo in unzähligen Dokumenten schlummern, wird das enorm hilfreich.

Ein anderes Beispiel aus der Praxis: Manche Kunden stehen vor der Herausforderung, alte Pensionskassen oder Vorsorgemodelle aufzulösen und wissen nicht mehr, wer überhaupt noch anspruchsberechtigt ist. Auch solche Informationen lassen sich gezielt in Dokumenten auffinden.
Und es gibt auch ganz alltägliche, aber wichtige Themen: Zum Beispiel, ob alle Mitarbeitenden eine gültige Qualifikation für Flurförderfahrzeuge besitzen – also etwa einen Gabelstaplerschein, der regelmäßig erneuert werden muss. Oder ob Beschäftigte, die auf Sendemasten arbeiten, die notwendige Höhentauglichkeit nachweisen können. Genau solche Dinge lassen sich durch KI-gestützte Analyse sehr schnell und zuverlässig überprüfen.

Was würden Sie noch empfehlen?

Wir sehen gerade verstärkt, wie Technologien, vor allem KI, oft aus den USA kommen und dort massiv vorangetrieben werden. Und ja, ChatGPT ist natürlich ein Vorreiter aus den Vereinigten Staaten, und auch aus Asien kommen beeindruckende Technologien.

Aber wir in Europa – und speziell auch in Deutschland – sollten uns bewusst machen, dass wir ebenfalls sehr gute technologische Ansätze und Entwicklungen haben. Vielleicht ist es an der Zeit, stärker auf unsere eigenen Lösungen zu setzen, um eine gewisse Unabhängigkeit zu bewahren.
Denn wenn wir ehrlich sind: Auch in diesem Gespräch nutzen wir komplett amerikanische Technologie – wir sprechen über Microsoft Teams, ich arbeite hier an einem Microsoft-Rechner, und neben mir liegt ein iPhone. Alles US-Produkte.

Gerade im Bereich künstliche Intelligenz sollten wir aufpassen, dass wir uns nicht in eine zu große Abhängigkeit von Drittstaaten begeben – besonders nicht in diesem hochsensiblen Feld.

CV-Parsing mit KI

Viele Bewerbende haben mittlerweile die Befürchtung, dass ihre Unterlagen nicht mehr von Menschen, sondern von der KI gefiltert werden und somit möglicherweise nicht die gleiche Chance auf Berücksichtigung haben. Was halten Sie davon?

Ja, das ist richtig. Es wird bereits CV-Parsing (CV-Parsing bezeichnet den automatisierten Prozess, bei dem Lebensläufe digitalisiert und in strukturierte Daten umgewandelt werden. Ziel ist es, die relevanten Informationen aus einem Lebenslauf zu extrahieren und in ein für die Personalabteilung oder Recruiting-Software verständliches Format zu überführen – Anm. der Red.) durchgeführt, und die KI wird genutzt, um das Stellenprofil mit den eingehenden Bewerbungen abzugleichen. Bei uns ist es so, dass wir sagen, die Ergebnisse sind „unscharf“. Das bedeutet, die KI schlägt vor, welche Bewerberbende am ehesten auf das ausgeschriebene Profil passen – beispielsweise fünf oder sechs Personen, die man sich dann bevorzugt anschauen kann.

Das birgt natürlich eine Gefahr: Wenn 20 Bewerbungen eingehen und die KI empfiehlt, sich vor allem fünf anzuschauen, könnte es sein, dass die anderen 15 nicht mehr die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen. Diese Gefahr ist definitiv vorhanden.

Allerdings sind es lernende Systeme. Wenn der Recruiter oder die Recruiterin sagt, dass die vorgeschlagenen Profile trotzdem nicht passen, dann „lernt“ die KI daraus. Wenn sie erkennt, dass zwei dieser vorgeschlagenen Kandidaten zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden, bedeutet das, dass das Profil gut gepasst hat. Das gibt der KI ein positives Feedback, und sie kann ihre Vorschläge künftig besser anpassen.

Doch hier liegt die größte Herausforderung: Es hängt nicht nur von der KI ab, sondern auch von der Person, die die Entscheidung trifft. Wenn jemand mit einer sehr bestimmten Sozialisation oder einem bestimmten Hintergrund auswählt, wird diese Person immer diejenigen bevorzugen, die ihrem eigenen Profil ähneln. Die KI lernt dieses Verhalten und übernimmt es, was zu problematischen Mustern führen kann.

Ein großes Problem, das hier oft unterschätzt wird, ist, dass die KI von den Daten und Entscheidungen der Menschen, die sie trainieren, beeinflusst wird. Wenn zum Beispiel das System durch fehlerhafte Daten lernt – etwa, dass „weiße Männer“ bevorzugt werden und deshalb mehr Entwickler als Entwicklerinnen vorgeschlagen werden –, übernimmt die KI diese Verzerrungen. Das ist ein ernstes Problem, das nicht die KI selbst betrifft, sondern das Training und die verwendeten Daten.

Wie kann man das umgehen?

Das erste und ganz Wesentliche ist, sich bewusst zu machen, dass die Sozialisation des Nutzers einen direkten Einfluss auf das Training der KI hat. Das bedeutet, dass ich Nutzergruppen brauche, die unterschiedlich sozialisiert sind und verschiedenen Altersgruppen, Geschlechtern und Herkunft angehören. Wenn ich eine KI nur mit Daten von einer Gruppe oder sogar nur von einer Person trainiere, wird sie ein Abbild dieser Gruppe oder Person – mit all ihren Vorurteilen und Verzerrungen.

Es ist also sehr wichtig, sich bewusst zu machen, wer eigentlich meine KI trainiert und welche Perspektiven dort berücksichtigt werden.
Was muss ich tun, damit die KI auf bestimmte Merkmale anspringt? Wie verhindere ich, dass sie nur auf ein bestimmtes „Passwort“ reagiert – also beispielsweise, dass der eine Kandidat aufgrund eines bestimmten Stichworts in die Auswahl kommt, der andere jedoch nicht, nur weil dieses Wort fehlt? Das darf auf keinen Fall passieren.

Wir haben hier noch keine endgültigen Erfahrungswerte, müssen noch viel experimentieren und forschen. Aktuell arbeiten wir im Labor daran, zu verstehen, wie man eine KI so trainiert, dass sie einen breiten, objektiven Blick behält und nicht auf einfache, potenziell verzerrte Signale reagiert.

Welche Algorithmen stecken hinter der KI bei Bewerbungen? Wenn ich einen Lebenslauf mit Fehlern einreiche, erkennt die KI das oder wird es übersehen?

Das Tabellarische haben wir vor allem gemacht, um es den Personalentwicklern leichter zu machen, den Lebenslauf schnell zu erfassen. Oft habe ich meinen Lebenslauf auch auf die jeweilige Stelle angepasst, indem ich relevante Skills hervorgehoben habe. Mit einer KI wird das jedoch anders funktionieren: Sie kann unstrukturierte Daten verarbeiten, ohne eine klare Tabelle. Die KI liest den gesamten Text und sucht automatisch nach den relevanten Punkten, die mit der Stelle übereinstimmen. Das bedeutet, Bewerbungen könnten in Zukunft deutlich einfacher werden.

KI als Entscheidungshilfe

Wie kann die KI im Personalwesen konkret als Entscheidungshilfe dienen, wenn es darum geht, eine Entscheidung zu treffen?

Bei bestimmten Aufgaben kann ich mithilfe der KI schnell herausfinden, welche Person im Unternehmen am besten zu der Herausforderung passt, die ich gerade bewältigen muss. Das geht natürlich viel schneller, als wenn ich Daten manuell durchsuchen und auswerten müsste. Ich kann das System einfach fragen, und es schlägt mir vor: „Schau dir diese drei Personen an, die könnten gut auf die Stelle oder Aufgabe passen.“ Das spart enorm viel Zeit.

Was man ebenfalls nicht vergessen sollte – und das haben wir bereits in der Praxis erprobt – ist, dass in der Personalorganisation viele unangenehme, administrative Aufgaben anfallen, wie zum Beispiel das Zuordnen von Dokumenten zu Akten. Diese Art von Ablagearbeit ist bekanntlich wenig beliebt, aber auch hier kann die KI den Job heute besser erledigen als jeder Personalsachbearbeiter. Solche Aufgaben zu automatisieren, schafft enorme Effizienzgewinne und räumt wertvolle Ressourcen für wichtigere Tätigkeiten frei.

Das könnte natürlich auch dazu führen, dass Arbeitsplätze wegfallen. Wie gehen Sie mit dieser Herausforderung um?

Ich denke nicht, dass dadurch Arbeitsplätze verloren gehen. Es gibt vielmehr zwei Aspekte, die hier eine Rolle spielen: Zum einen klagen nahezu alle Mitarbeitenden in administrativen Bereichen – und dazu gehört auch das Personalwesen – über die Vielzahl an Aufgaben, die keinen direkten Business Impact haben. Das betrifft zum Beispiel das Sortieren von Ablage oder das Strukturieren von Dokumenten, was fast schon eine Art Buchhaltung darstellt. Diese Tätigkeiten kann man automatisieren, um die Mitarbeitenden zu entlasten.

Zum anderen haben wir einen Fachkräftemangel und einen demografischen Wandel. Bestimmte Aufgaben müssen automatisiert werden, weil wir nicht genug Fachkräfte haben, die nachkommen. Ich habe zum Beispiel eine Tochter, die Mitte 20 ist, und wenn ich ihr vorschlagen würde, in der Lohnabrechnung zu arbeiten, würde sie vermutlich antworten: „Papa, das gibt sicherlich spannendere Dinge im Leben.“ Dieses Problem des Fachkräftemangels und der Nachwuchsgewinnung lässt sich durch Automatisierung zumindest ein Stück weit kompensieren.

Wie schätzen Sie die zukünftige Entwicklung ein?

Ich hatte ja schon das Beispiel der COVID-Pandemie angesprochen. Vor der Pandemie hatte die Digitalisierung einen ganz anderen Status. Dinge wie die elektronische Unterschrift, die heute alltäglich sind, hätten wir noch 2019 als kaum umsetzbar oder durchsetzbar angesehen. Genauso wie die Tatsache, dass wir dieses Interview jetzt online führen und die Kamera eingeschaltet ist – vor fünf oder sechs Jahren hat kaum jemand eine Kamera am PC aktiviert.

Und genau so wird es auch mit der KI sein. Was heute noch für viele Fragen aufwirft – „Darf ich das? Kann ich das? Wie funktioniert das?“ – wird in fünf Jahren völlig selbstverständlich sein. Niemand wird mehr eine Personalakte selbst anlegen oder ablegen; das wird alles automatisch passieren. Niemand wird Lebensläufe von Hand selektieren, sondern KI wird eine Vorselektion treffen, und das wird dann ganz normal sein.

Auch für Bewerber wird es neue Vorgaben geben, wie sie sich bewerben sollten. Früher war es wichtig, dass das Foto so und so aussah und die Mappe perfekt war. Heute sagt man, bewirb dich auf eine bestimmte Art, und in Zukunft wird es auch klare Hinweise dazu geben, wie man sich richtig bewirbt, damit man in einem KI-basierten Auswahlprozess nach vorne kommt.

Das wird eine Zeit dauern, aber in fünf Jahren wird es ganz normal sein, mit KI zu arbeiten.

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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