Inklusion: Großteil der Firmen kommt ihrer Pflicht nicht nach
Unternehmen kommen ihrer gesetzlichen Pflicht, Menschen mit Behinderung zu beschäftigen, nicht nach. Die Fünf-Prozent-Quote wird kaum erfüllt.
Das diesjährige Inklusionsbarometer Arbeit der Aktion Mensch und des Handelsblatt Research Institutes zeigt auch 15 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention, die das Recht auf gleichberechtigte Teilhabe verankert, dass es kaum Fortschritte gibt. Der konjunkturelle Abschwung wirkt sich generell auf den Arbeitsmarkt aus. Die Situation für Menschen mit Behinderung ist noch mal schwieriger geworden. Die Anzahl der Arbeitslosen mit Behinderung hat sich erhöht – auf einen Jahresdurchschnitt von 165.725. Im Oktober dieses Jahres waren es 177.000. Im Vergleich zum gleichen Zeitpunkt im Jahr 2023 markiert dies einen Anstieg um 7 %.
Die Ausgleichsabgabe wurde erhöht – bislang ohne Erfolg
Unternehmen mit 20 Mitarbeitenden und mehr sind gesetzlich dazu aufgefordert, mindestens 5 % ihrer Arbeitsplätze an Menschen mit Behinderung zu vergeben. Wer trotz Beschäftigungspflicht keine oder zu wenige Menschen mit Behinderung einstellt, muss die sogenannte Ausgleichsabgabe zahlen. Mit dem Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts wurde diese zum 1. Januar 2024 erhöht. Gemäß § 160 SGB IX sind dies je unbesetztem Pflichtarbeitsplatz
- 140 € bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von 3 % bis weniger als dem geltenden Pflichtsatz
- 245 € bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von 2 % bis weniger als 3 %
- 360 € bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von mehr als 0 % bis weniger als 2 %
- 720 € bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von 0 %
Die neuen Abgabesätze müssen erstmalig am 31. März nächsten Jahres gezahlt werden, wenn die Abgabe für 2024 fällig wird. Für kleinere Arbeitgeber gibt es Sonderregelungen.
Nur 39 % der Unternehmen erfüllen die Fünf-Prozent-Quote
Rund 179.000 Unternehmen sind laut Aktion Mensch daher eigentlich verpflichtet, Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. Die Aktion Mensch weist darauf hin, dass dadurch die Anzahl an Arbeitsplätzen für Beschäftigte mit Behinderung eigentlich gestiegen sei. Allerdings sei die Beschäftigungsquote auf 4,4 % gesunken. Weniger als 39 % der verpflichteten Unternehmen erfüllen die Fünf-Prozent-Quote vollständig – der niedrigste Wert seit Erscheinen des ersten Inklusionsbarometers. Jedes vierte Unternehmen beschäftigt laut Barometer keinerlei Menschen mit Behinderung. Insbesondere die Privatwirtschaft liege mit einer Einstellungsquote von 4 % weit unter dem Soll. Für Christina Marx von der Aktion Mensch völlig unverständlich: „Eine schlechte Konjunktur greift als Erklärung nicht weit genug – schließlich klagt die Wirtschaft zunehmend über den Fachkräfte- wie auch den Arbeitskräftemangel allgemein. Unternehmen besetzen die Arbeitsplätze aber nicht mit den vielen gut qualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit Behinderung.“
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