Inklusivität als Erfolgsfaktor
Im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und sozialer Verantwortung ist AfB im Refurbished-Sektor ein Vorreiter: 40 bis 50 Prozent seiner Belegschaft bestehen aus Menschen mit Behinderungen.
Im Interview spricht der neue Geschäftsführer von Europas größtem gemeinnützigen IT-Unternehmen, Daniel Büchle (41), über die Herausforderungen und Gewinne der inklusiven Unternehmenskultur.
Wie gelingt es, in einer Branche, die mit sensiblen Daten umgehen muss, gleichzeitig Mitarbeitern in ihrer Einzigartigkeit gerecht zu werden und wettbewerbsfähig zu sein? Die Antworten darauf könnten wegweisende Impulse für Unternehmen bieten, die nach einer Balance zwischen sozialer Verantwortung und wirtschaftlichem Erfolg suchen.
Ingenieur.de: Sie haben Anfang des Jahres die Geschäftsführung von AfB übernommen: Wird ein inklusives Unternehmen anders geführt?
Daniel Büchle: „Ich habe zwar in meiner Schulzeit diverse Jobs in Nullachtfünfzehn-Unternehmen gemacht, arbeite aber sonst schon immer bei AfB, kenne es also nicht anders. Ich würde sagen, die Arbeit ist vor allem für Führungskräfte komplexer als vielleicht in anderen Firmen. Gerade, wenn man wettbewerbsfähig sein will. Ausgelernte Fachkräfte, die geistig und körperlich topfit sind, können natürlich mit Druck anders umgehen als jemand, der beispielsweise eine psychische Beeinträchtigung hat, vielleicht noch mit Medikamenten eingestellt ist.“
Vom inklusiven Team zu wettbewerbsfähigen Ergebnissen
Klingt nach einem Spagat: Wie sieht der Arbeitsalltag konkret aus?
Büchle: „Unsere Teams sind anders aufgestellt als in ‚normalen‘ Unternehmen. Das Zusammenspiel der verschiedenen Akteure ist im Alltag wichtig. So muss nicht jede Teamleiterin oder jeder Teamleiter unbedingt das technische ‚Brain‘ sein, sondern vor allem ein soziales Gespür haben und dabei aber betriebswirtschaftlich denken. An ihrer Seite haben wir oft sogenannte Koordinatoren, die sich fachlich und technisch auskennen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anleiten können.“
Wo findet man solche (Wunder-)Führungskräfte?
Büchle: „Die sind ist nicht immer leicht zu finden, aber die gibt es! Wichtig ist, dass sie regelmäßig geschult werden – auch über die verschiedenen Krankheitsbilder. Wir kommunizieren in leichter Sprache, arbeiten mit Bildern und Farben und setzen gegebenenfalls auch spezielle Software ein, um Prozesse zu automatisieren. Wir haben zudem eine Schwerbehindertenvertretung und Betriebssozialarbeiter, die bei ganz vielen Gesprächen und Themen einfach unterstützen. Bei uns gilt: Wenn eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter in einer Abteilung nicht optimal zurechtkommt, wird eine neue Aufgabe gesucht. Bis wir das Richtige für die Person gefunden haben. Mit diesem Ansatz scheinen wir nicht ganz falsch zu liegen, da wir es mit Konkurrenten auf dem freien Markt aufnehmen und stetig wachsen.“
Wie AfB DAX-Konzerne gewinnt und bindet
Wie schafft man es, als inklusives Unternehmen DAX-Konzernen als Kunden zu gewinnen – und zu behalten?
Büchle: „Als IT-Refurbisher haben wir die große Herausforderung, dass wir durch das Kerngeschäft der Datenvernichtung mit sehr sensiblen Daten arbeiten. Daher spielt die Sicherheit eine große Rolle, weshalb wir seit Firmengründung auf modernste Sicherheitsstrukturen an unseren Standorten setzen. Denn nur so ist das Umfeld für den Umgang mit sensiblen Daten gewährleistet. So haben wir über die Jahre das Vertrauen von Konzernen wie Telekom, Siemens oder Rewe gewonnen. Darauf sind alle Mitarbeitende – mit oder ohne Behinderung – stolz.“
AfB ist Europas größtes gemeinnütziges IT-Unternehmen, hat sich auf das Refurbishment von gebrauchten IT- und Mobilgeräten spezialisiert. 40 Prozent der Belegschaft sind Menschen mit Behinderung, Tendenz steigend. Das Unternehmen nimmt gebrauchte IT von Unternehmen entgegen, führt zertifizierte Datenlöschung durch und bereitet die Geräte für die Wiederverwendung auf.
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