New Work und die schöne, neue Arbeitswelt: Aber wie?
Homeoffice, mobile Arbeit, Yoga-Kurs nach Feierabend: Ist das New Work? Hinter dem Begriff der neuen Arbeitswelt verbirgt sich viel mehr als Kickern mit dem Team oder Vertrauensarbeitszeit. Ein radikales Umdenken ist notwendig.
New Work ist schon lange kein Buzzword mehr, sondern in der Realität angekommen. Leben und Arbeit verbinden sich, so dass der Mensch und seine Potenziale im Fokus stehen. Doch wie kann die Arbeitswelt 4.0 schon heute in Unternehmen gelebt werden? Antworten gibt Eva Holden, Leiterin der Abteilung „Organisationsentwicklung, Personalentwicklung und Change“ in der VDI GmbH, im Podcast “Technik aufs Ohr”.
Was ist eigentlich New Work?
New Work ist prinzipiell ein Sammelbegriff für neue Arbeitsformen oder -modelle. Dabei ist der Begriff nicht neu, denn Frithjof Bergmann gilt als Begründer der „New-Work“-Bewegung in den 70er Jahren. “New Work ist ein Umkehrschluss der uns sehr bekannten klassischen Lohnarbeit”, sagt Eva Holden im Podcast. Mit der industriellen Revolution hatte Arbeit stets den Zweck eine Aufgabe zu erfüllen und der Mensch hat diese als “Werkzeug” erledigt. New Work krempelt dieses Modell um. “Arbeit ist das Mittel, mit dem der Mensch seinen Zweck erfüllen kann”, so Holden. Die Arbeit geschieht im Einklang mit dem Leben. Doch ein Großteil unserer Arbeitswelt funktioniert immer noch nach dem klassischen Prinzip der Lohnarbeit. “Deshalb bringt New Work einen starken Paradigmenwechsel mit sich. In meinen Augen hat das recht wenig mit Freigetränken und einem Kicker im Büro zu tun – das wird oft verwechselt”, gibt sie zu bedenken.
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“Menschen in ihren Potenzialen nutzen”
Der Mensch rückt bei New Work also in den Mittelpunkt. “Es geht nicht mehr darum, den Angestellten als Ressource zu nutzen, sondern die Potenziale des Einzelnen”, sagt die Leiterin aus der VDI GmbH. Die Stärken jedes einzelnen Teammitglieds sollen in der neuen Arbeitswelt zum Tragen kommen und nicht das, was das “System” verlangt.
Was sind New Work Themen?
Die zentralen Themen bzw. Pfeiler sind Selbstständigkeit, Freiheit und Teilhabe an der Gemeinschaft. All diese Themen zielen darauf ab, in der Arbeit Handlungsfreiheit zu erlangen. Erreicht werden kann das durch flache Hierarchien, eine Work-Life-Balance und Eigenverantwortung der Mitarbeitenden. Vor allem flexible Arbeitsmodelle sollen steife Strukturen in Unternehmen aufbrechen.
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Was ist New Work nicht?
Agencylife – der Inbegriff von New Work? Keineswegs! Viele Studienabgänger zieht es in Start-ups oder Agenturen. Der Umgangston ist hier besonders locker und zahlreiche Goodies wie Teamevents, Sportkurse oder Freibier warten. Nach Eva Holden ist das aber nur ein Bestandteil der modernen Arbeitswelt. “Es spricht ja nichts dagegen, wenn ich mich auf der Arbeit wohl fühle. Aber New Work ist für mich nicht, einfach nur schöne Bürowelten mit Sitzkissen aufzubauen und im Hintergrund geht alles weiter wie bisher.” Starke Hierarchien und Menschen als Ressourcen sind auch in Agenturen vorhanden. “Es geht darum Selbstständigkeit in meiner Organisation zu bieten.”
Was ist die neue Arbeitswelt?
Die neue Arbeitswelt ist belebend, erfüllend, innovativ. Freiräume und Verantwortung werden groß geschrieben. Angestellte erhalten in der neuen Arbeitswelt also eigene Projekte, die sie selbstständig betreuen können. Anstatt nur auszuführen oder Projektzuarbeit zu leisten, bekommen sie die Chancen, selbst Kundenprojekte zu gestalten. Die Führungskraft nimmt dabei eine Rolle als Unterstützer und Begleiter ein. Er gibt dem Mitarbeitenden das, was er zur Erfüllung des Projektes braucht.
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New Work: Führungskraft kommt eine besondere Rolle zu
New Work bedarf einer gänzlich anderen Führung als noch vor einigen Jahrzehnten. Führung 4.0 oder New Leadership fallen hier als Begriffe. Eine Führungskraft sieht sich demnach nicht mehr als Kontrollinstanz, sondern als Coach und Moderator des Teams. Eine moderne Führungskraft steht für Vertrauen und Empathie. Teamleads befähigen ihre Mitarbeitenden zur Eigenverantwortung. Das erfordert in erster Linie Soft Skills bei den Chefs, denn sie haben die Aufgabe, Mitarbeiter zu motivieren und über den Wandel hinweg zu begleiten. Eine offene Kommunikation ist ebenso wichtig wie eine vertrauensvolle Fehlerkultur.
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Neue Arbeitswelt muss zum Unternehmen passen
Müssen sich Unternehmen jetzt auf links drehen? “Es ist schon notwendig, dass es von oben eine Veränderungsbereitschaft gibt”, sagt Eva Holden im Podcast “Technik aufs Ohr”. Wichtig ist nach ihr eine Kultur des Vertrauens. “Das ist für viele CEOs nicht so leicht.”
Fakt ist: Wer ohne Plan, New Work umsetzen will, wird scheitern. Denn mehr Flexibilität, Eigenverantwortung und Agilität erfordern, dass jeder Einzelne sich selbst managen kann. Das passt nicht zu jeder Unternehmensstruktur, so dass die “neue Arbeitswelt” für jede Firma auch etwas ganz anderes bedeuten kann. Wichtig ist, dass New Work zum Betrieb passt. “In der Corona-Pandemie waren viele Firmen gezwungen zum Beispiel Homeoffice anzubieten – und das hat auch geklappt. Die Chance ist da, neue Erfahrungen zu nutzen”, so Eva Holden. Unternehmen sollten sich fragen, wohin sie wollen und welche Arbeitskultur herrschen soll. “Zu sagen, wir gehen zurück zum Alten, halte ich für fatal.”
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