Siemens, Google und BMW – in Bayern winken die guten Jobs
Im Freistaat buhlen traditionsreiche Firmen wie Siemens und BMW mit Neuzugängen wie Google um Ingenieurinnen und Ingenieure.
Filigran, innovativ, außergewöhnlich – das Zeltdach des Olympiastadions in München ist noch immer einer der wichtigsten Besuchermagnete der Stadt. Im September wurde das Bauwerk, bei dem vor mehr als 50 Jahren modernste und weitgehend eigens dafür entwickelte Techniken zum Einsatz kamen, als „historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“ ausgezeichnet.
Zukunftsweisende Ingenieurkunst ist heute mehr denn je gefragt, über alle Branchen und Berufsgruppen hinweg. Im Mittelpunkt steht dabei auch der Klimawandel. Als erstes Bundesland hat sich Bayern zum Ziel gesetzt, bis 2040 klimaneutral zu werden, fünf Jahre früher als der Bund. Ein Baustein dabei ist das Bündnis „Sustainable Bavaria“, zu dem sich die bayerische Bauwirtschaft auf Initiative der Bayerischen Ingenieurkammer-Bau zusammengefunden hat, um die digitale und ökologische Transformation der Bauwirtschaft voranzutreiben. Die spielt inzwischen nicht nur in den Großstädten eine zentrale Rolle. „Bayern muss vom Ankündigungs- in den Handlungsmodus schalten. Die Ideen sind im Lande – wir müssen sie nur wollen und umsetzen“, so Markus Henneke, Vorstandsmitglied der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, bei einem Delegationsbesuch aus Dänemark.
BMW plant in Dingolfing eine eigene Batteriefabrik
Das Thema Nachhaltigkeit und ökologischer Wandel wird in Bayern intensiv diskutiert, denn das Bundesland ist wie kaum ein anderes von der Automobilwirtschaft geprägt. Zudem werden durch den Zuzug in die großen Städte Flächen knapp, und auf dem Land erkennt man den Wert unversiegelter Böden. Immer wieder holt sich München den Titel der Stauhauptstadt Deutschlands. Neue Radwege oder beruhigte Viertel – in der Stadtplanung ist dafür noch viel Luft nach oben.
Doch es gibt Bewegung, etwa durch Kollaborationen von Stadt, Start-ups und etablierten Unternehmen im Munich Urban Colab, einer Plattform von UnternehmerTUM und der Stadt München. Hier steht die Smart City der Zukunft im Fokus, mit Kooperationen und Austausch von Akteuren zu Mobilität oder Gesundheit. Längst sieht sich auch ein Konzern wie BMW in diesem Umfeld nicht mehr nur als Automobilhersteller, sondern als Mobilitätsdienstleister und als Treiber des Wandels. Rund 40 km entfernt vom Werk der BMW Group in Dingolfing plant das Unternehmen eine eigene Batteriefabrik. Hier sollen nach dem positiven Bürgerentscheid schon bald Hochvoltakkus für Elektroautos montiert und später in den Werken Dingolfing, München und Regensburg verbaut werden.
Mit dem ersten Bauabschnitt sollen 1600 Arbeitsplätze am neuen Standort entstehen, der Baubeginn ist für das Jahr 2024 vorgesehen. Auch in den Wasserstoffantrieb wird investiert, gleichzeitig ist aber auch für den Verbrenner bei der BMW Group noch nicht endgültig Schluss.
Audi und MAN haben ihren Stammsitz in Bayern
Zahlreiche Start-ups und innovative Produktentwickler profitieren von der Bandbreite der Technologien, der Nähe zu den großen Namen und den damit verbundenen Projekten. Dazu zählen Hersteller wie Audi oder MAN, die in Bayern ebenfalls ihren Stammsitz haben. Ingenieure und Ingenieurinnen, die sich auf Fahrzeugtechnik, Maschinenbau oder Elektrotechnik spezialisiert haben, finden hier attraktive Positionen, ebenso wie bei den etablierten Großunternehmen wie MTU, Krones oder Siemens. Während das Windkraftgeschäft bei Siemens Energy derzeit stark unter Druck steht, wird in der Medizinsparte bei Siemens Healthineers unter anderem ein neuer Standort im oberfränkischen Forchheim gebaut, der Konzern investiert hier in eine neue Halbleiterproduktion nach eigenen Angaben 80 Mio. €.
Auch die Luft- und Raumfahrttechnik ist in Bayern stark vertreten. Inzwischen machen hier innovative Neugründungen Schlagzeilen, wie Isar Aerospace oder Rocket Factory Augsburg. Diese erfolgreichen Newcomer ziehen zahlreiche internationale Talente an. Celonis aus München ist heute eines der erfolgreichsten Tech-Start-ups weltweit, spezialisiert auf Process Mining. Dank einer neuen Finanzierungsrunde schaffte das Unternehmen im Sommer 2022 mit einer Bewertung von 13 Mrd. $ sogar den Sprung zum ersten deutschen Decacorn. Der Stammsitz an der Isar wird dabei trotz internationaler Ambitionen und einem geplanten Börsengang in den USA von den Gründern nicht infrage gestellt, stattdessen sucht das Einhorn-Unternehmen immer neue Räumlichkeiten und neue Mitarbeitende.
Die Anzahl der beschäftigten Ingenieurinnen und Ingenieure ist gestiegen
Der enge Kontakt zu Spitzen-Unis wie der TU München, der LMU München, der Universität Erlangen-Nürnberg, aber auch zu kleineren international orientierten Hochschulen wie der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (s. S. 30), verbunden mit einem stabilen und naturnahen Umfeld, zieht Unternehmen und Fachkräfte gleichermaßen an.
Aktuelle Rankings bescheinigen auch Städten wie Regensburg, Ingolstadt oder Erlangen eine hohe Lebensqualität. Die bayerische Wirtschaft wuchs laut bayerischem Landesamt für Statistik in den vergangenen Jahren stärker als im bundesweiten Schnitt, ebenso die Beschäftigung. 2022 waren insgesamt 234 830 Ingenieurinnen und Ingenieure in Bayern beschäftigt, 3 % mehr als im Vorjahr.
Das schlägt sich auf die Jobangebote nieder, die inzwischen verstärkt aus der Informationstechnologie kommen. Mit einem KI-Netzwerk will der Freistaat international punkten. Allein 100 neue Professuren und Förderungen hat die Staatsregierung mit der Hightechagenda aufgesetzt. Tech-Riesen wie Apple ziehen mit hohen Investments in den Freistaat und sorgen damit für neues wirtschaftliches Wachstum und neue Arbeitsplätze. Google eröffnet auf dem historischen Arnulf-Postgelände im Jahr 2024 ein neues Entwicklungszentrum und damit den zweiten Standort in Bayern, mit erneut 1500 neuen Jobs. Was weitere Chancen für Bewerbende bedeutet, sorgt allerdings gleichermaßen für zusätzlichen Druck auf Gehälter und Mietpreise in der wachsenden Metropole, in der die Lebenshaltungskosten ebenfalls stetig steigen.
Unternehmenskultur spielt in erfolgreichen Firmen eine Rolle
Zudem bringt der Ingenieurmangel viele Herausforderungen, und das in allen Branchen. „Ohne eine starke Zuwanderung von ausländischen Fachkräften bekommen wir die Lücke auf dem Arbeitsmarkt für Ingenieurinnen und Ingenieure nicht mehr geschlossen“, so Dieter Westerkamp, VDI-Bereichsleiter „Technik und Gesellschaft“. Kleine und mittlere Unternehmen müssen hier Schritt halten, um im Recruiting-Wettlauf nicht zurückzufallen. Ein Pluspunkt der kleineren Betriebe ist dabei häufig die Unternehmenskultur.
Das Technologieberatungsunternehmen Motius GmbH mit der Start-up-Denke und offenen Strukturen oder der mehrfach von der Bertelsmann-Stiftung als „familienfreundlicher Arbeitgeber“ ausgezeichnete Arbeitgeber Duschl Ingenieure aus Rosenheim machen es vor.
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