Urlaubsgeld: Wer bekommt es und wer bekommt es nicht?
In deutschen Unternehmen wird aktuell das Urlaubsgeld ausgezahlt, eine zusätzliche Zahlung, die für viele den Sommerurlaub ermöglicht. Doch nicht alle Arbeitnehmer profitieren davon.
Inhaltsverzeichnis
In vielen deutschen Unternehmen herrscht in diesen Tagen eine besondere Erwartung: Es ist die Zeit, in der das Urlaubsgeld ausgezahlt wird – eine zusätzliche finanzielle Unterstützung, die für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den Sommerurlaub erst möglich macht. Doch längst nicht jeder Angestellte kann sich über diese Sonderzahlung freuen. Während in großen Betrieben mit Tarifverträgen häufig großzügige Zahlungen fließen, bleiben Beschäftigte in kleineren Unternehmen oder in Branchen ohne tarifliche Bindung oft leer aus.
Was ist Urlaubsgeld?
Urlaubsgeld, auch als Feriengeld bekannt, ist eine zusätzliche finanzielle Leistung, die Arbeitnehmern neben ihrem regulären Gehalt gezahlt wird, um die Kosten für ihren Urlaub zu decken. Diese Sonderzahlung ist in vielen Arbeitsverträgen oder Tarifverträgen geregelt und variiert je nach Branche und Arbeitgeber. Urlaubsgeld dient nicht nur als Motivation für die Arbeitnehmer, sondern auch als Anerkennung ihrer geleisteten Arbeit. Es ermöglicht ihnen, sich während ihres Urlaubs zu erholen und neue Energie zu tanken, was langfristig auch der Produktivität und Zufriedenheit im Unternehmen zugutekommt. Besonders in Ländern wie Deutschland ist das Urlaubsgeld ein fester Bestandteil des Vergütungssystems und trägt zur finanziellen Planungssicherheit der Arbeitnehmer bei.
Urlaubsgeld nur für die Hälfte der Beschäftigten
Ob Inflationsausgleich oder Urlaubsgeld: Solche Sonderzahlungen sind bei Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen sehr begehrt. Doch Umfragen zeigen, dass längst nicht alle in den Genuss dieser Leistungen kommen.
In der Privatwirtschaft erhält diesen Sommer – wie bereits im Vorjahr – nur etwa die Hälfte der Beschäftigten Urlaubsgeld. Dies geht aus einer Online-Befragung des Portals Lohnspiegel.de hervor, das vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung betreut wird.
Laut dem WSI wird das Urlaubsgeld in der Regel zusammen mit dem Gehalt im Juni oder Juli ausgezahlt. Für die Untersuchung wurden die Angaben von fast 68.000 Beschäftigten im Zeitraum von Anfang Mai 2023 bis Ende Mai 2024 ausgewertet, wie das Institut am Dienstag in Düsseldorf mitteilte.
Wer bekommt Urlaubsgeld?
Ob Beschäftigte Urlaubsgeld erhalten, hängt von verschiedenen Faktoren ab. „Der mit Abstand wichtigste ist, ob im Betrieb ein Tarifvertrag gilt“, wurde berichtet. In tarifgebundenen Betrieben der Privatwirtschaft erhielten etwa drei Viertel (74 %) der Befragten Urlaubsgeld, während es in Betrieben ohne Tarifvertrag lediglich 36 % sind.
„Das Urlaubsgeld ist also ein echtes Extra für die Beschäftigten – und ein gutes Argument für tarifgebundene Arbeitgeber, die auf der Suche nach Fachkräften sind“, sagt WSI-Experte Dr. Malte Lübker.
Allerdings ist die Tarifbindung in Deutschland seit den 1990er Jahren deutlich zurückgegangen. Nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) gilt heute nur noch für knapp die Hälfte der Beschäftigten (49 %) ein Tarifvertrag. In der Privatwirtschaft ist die Tarifbindung mit 42 % der Beschäftigten sogar noch geringer.
Betriebsgröße ist entscheidend
Die Chancen auf Urlaubsgeld steigen auch mit der Betriebsgröße: In Großbetrieben mit über 500 Beschäftigten erhalten 59 % der Befragten Urlaubsgeld, während es in kleineren Betrieben mit weniger als 100 Beschäftigten nur 38 % sind. Eine wichtige Erklärung dafür ist die höhere Tarifbindung bei größeren Arbeitgebern. In Ostdeutschland sind die Chancen auf Urlaubsgeld mit 34 % geringer als in Westdeutschland, wo sie bei 48 % liegen. Auch hier spielt die Tarifbindung eine entscheidende Rolle: In Ostdeutschland liegt sie bei 44 %, während sie im Westen 51 Prozent beträgt.
„Gerade nach den Inflationsschüben der vergangenen beiden Jahre, die viele Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen besonders getroffen haben, ist es ein Problem, ohne Tarifvertrag bei Sonderzahlungen wie dem Urlaubsgeld leer auszugehen“, sagt Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des WSI.
Die Höhe des tariflichen Urlaubsgeldes
Die Höhe des tariflichen Urlaubsgeldes variiert nach den spezifischen Regelungen in den Tarifverträgen, so das WSI. „Die Spannweite reicht in diesem Jahr von 186 Euro für die Beschäftigten in der Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern bis zu 2686 Euro in der Holz und Kunststoff verarbeitenden Industrie.“
Die Höhe des tariflichen Urlaubsgeldes variiert stark je nach den spezifischen Regelungen der einzelnen Tarifverträge. Dieses Jahr reicht die Spanne von 186 Euro für Beschäftigte in der Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern bis zu 2.686 Euro in der Holz- und Kunststoffindustrie. Diese Angaben beziehen sich auf Beschäftigte in der mittleren Vergütungsgruppe, ohne Zulagen und bezogen auf die maximale Urlaubsdauer. Das zeigt die aktuelle Auswertung des WSI-Tarifarchivs für ausgewählte Tarifbranchen. Neben der Landwirtschaft ist das Urlaubsgeld auch im Hotel- und Gaststättengewerbe relativ niedrig: In Bayern erhalten Tarifbeschäftigte 240 Euro extra, in Sachsen sind es 195 Euro.
Urlaubsgeld in verschiedenen Branchen
Deutlich höher sind die Sonderzahlungen unter anderem in der Papierverarbeitenden Industrie, der Metallindustrie, der Druckindustrie, dem Kfz-Gewerbe, dem Versicherungsgewerbe, dem Einzelhandel, dem Bauhauptgewerbe und der Chemischen Industrie.
Von den 17 untersuchten Branchen mit tariflichem Urlaubsgeld haben sich die Zahlungen in acht Branchen im Vergleich zum Vorjahr erhöht. In drei weiteren Branchen gab es zumindest in einigen Tarifgebieten Erhöhungen. Besonders stark stiegen die Urlaubsgelder in Branchen, in denen sie als Prozentsatz des Tarifentgelts festgelegt sind. Dazu gehören 2024 die Druckindustrie, das Gebäudereinigungshandwerk, das Kfz-Gewerbe, die Metallindustrie, die Papier verarbeitende Industrie und das Versicherungsgewerbe. Diese Erhöhungen folgten den allgemeinen Tariferhöhungen und lagen meist zwischen 1,5 % in der Druckindustrie und 5,2 Prozent in der Metallindustrie. Im Einzelhandel Nordrhein-Westfalen stieg das Urlaubsgeld um 5,3 %, und in der Bekleidungs- und Textilindustrie gab es sogar eine Erhöhung von gut 8 % im Vergleich zum Vorjahr.
Im öffentlichen Dienst gibt es laut WSI kein separates Urlaubsgeld mehr. Seit 2005 wird es zusammen mit dem Weihnachtsgeld als einheitliche Jahressonderzahlung im November ausgezahlt. Auch im Bankgewerbe und in einigen Branchentarifverträgen der Energiewirtschaft gibt es kein tarifliches Urlaubsgeld.
Kein Anspruch auf Urlaubsgeld
Ein gesetzlicher Anspruch auf Urlaubsgeld besteht nicht. Dieser kann jedoch aus Tarifverträgen, dem Arbeitsvertrag, Gesamtzusagen oder betrieblicher Übung resultieren. Ein Anspruch auf Urlaubsgeld aufgrund betrieblicher Übung könnte entstehen, wenn ein Arbeitgeber drei Jahre in Folge Urlaubsgeld gezahlt hat, ohne dazu vertraglich verpflichtet zu sein.
Für die Analyse zur Verbreitung von Urlaubsgeld wurden die Daten von 67.880 Beschäftigten ausgewertet, die zwischen dem 1. Mai 2023 und dem 31. Mai 2024 kontinuierlich an einer Online-Erhebung des WSI-Portals Lohnspiegel.de teilgenommen haben. Obwohl die Umfrage nicht repräsentativ ist, ermöglichen die hohe Anzahl an Teilnehmern detaillierte Einblicke in die Arbeitsbedingungen. Nicht einbezogen wurden Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, bei denen Urlaubs- und Weihnachtsgeld seit der Tarifreform 2005 zu einer einzigen Jahressonderzahlung zusammengefasst werden. Lohnspiegel.de ist ein nicht-kommerzielles Angebot der Hans-Böckler-Stiftung.
Urlaubsgeld versteuern
Das Urlaubsgeld zählt steuerlich zu den sonstigen Bezügen wie das Weihnachtsgeld. Für diese Sonderzahlungen wird die Lohnsteuer anders berechnet als beim regulären Gehalt. Die Steuer wird nach einer speziellen Jahresberechnungsmethode ermittelt:
Zunächst wird die Einkommenssteuer für das gesamte Jahr ohne die Einmalzahlung berechnet. Anschließend wird die Steuer für das Jahr unter Einbeziehung des Urlaubsgeldes ermittelt. Die Differenz zwischen diesen beiden Beträgen entspricht der Steuer, die auf das Urlaubsgeld entfällt.
Das Finanzamt teilt die Steuer für das Urlaubsgeld auf zwölf Monate auf, obwohl es nur einmal im Jahr ausgezahlt wird. Dies führt aufgrund der progressiven Steuerbelastung dazu, dass weniger Netto vom Brutto übrig bleibt als beim regulären Gehalt. Dennoch ist dies steuerlich vorteilhaft, da die Lohnsteuer für einen Monat sonst höher ausfallen würde.
Zusätzlich zu den Steuern werden auch Sozialabgaben abgezogen. In der Regel erhalten Arbeitnehmer netto etwas mehr als die Hälfte des Urlaubsgeldes ausgezahlt.
Urlaubsgeld nach der Kündigung
Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2000 (9 AZR 610/99) kann der Arbeitgeber einen Teil des bereits gezahlten Urlaubsgeldes vom Arbeitnehmer zurückfordern.
Nachdem das Urlaubsgeld ausgezahlt wurde, kann es nur unter bestimmten Bedingungen zurückgefordert werden, wenn ein Mitarbeiter kündigt. Ob und in welchem Umfang das Urlaubsgeld zurückgezahlt werden muss, hängt von den spezifischen Regelungen im Arbeitsvertrag ab.
Es gibt zwei Arten von Urlaubsgeld, die unterschiedlich behandelt werden müssen:
- Entgeltcharakter: Das Urlaubsgeld wird als zusätzliches Gehalt für die erbrachte Arbeitsleistung gezahlt. Wenn ein Arbeitnehmer vorzeitig aus dem Betrieb ausscheidet, muss das Urlaubsgeld zumindest anteilig gezahlt werden, da es die erbrachte Leistung honoriert.
- Belohnungscharakter (Gratifikation): Hier möchte der Arbeitgeber die Betriebstreue seiner Mitarbeiter belohnen und gewährt ihnen einen zusätzlichen finanziellen Vorteil während des Urlaubs. Nur wenn das Urlaubsgeld als Gratifikation betrachtet wird, kann der Arbeitgeber die Zahlung zurückfordern, falls der Mitarbeiter vorzeitig ausscheidet.
Ein Beispiel könnte so aussehen: Wenn ein Arbeitnehmer Ende Oktober aus dem Unternehmen ausscheidet und bereits sein Urlaubsgeld für das gesamte Jahr erhalten hat, muss er einen Teil davon zurückzahlen. Bei einem Jahres-Urlaubsgeld von 1.200 Euro darf der Arbeitnehmer in diesem Fall das Urlaubsgeld für die zehn Monate seiner Betriebszugehörigkeit behalten, also 1.000 Euro. Die 200 Euro für die zwei Monate, in denen er nicht mehr beschäftigt war, müssen zurückgegeben werden. Üblicherweise erfolgt die Verrechnung des zu viel erhaltenen Betrags mit der letzten Lohn- oder Gehaltszahlung.
Ein Beitrag von: