Karriere und Networking 13.05.2023, 09:56 Uhr

Vitamin B als Karrierefaktor im Job: Mythos oder Chance?

Ohne Vitamin B kommt man beruflich nicht weiter – das hört man immer wieder aus dem eigenen Umfeld. Doch stimmt das überhaupt? Und wo und wie hilft Vitamin B im Job tatsächlich?

Vitamin B im Job

Mit Vitamin B im Job zum Erfolg - Beziehungen pflegen und Chancen nutzen?

Foto: PantherMedia / Madhourse (YAYMicro)

Die Idee, dass es im Job vor allem dank guter Beziehungen vorangeht, ist weit verbreitet. Manch einer behauptet dies aus einer Position des „Verlierers“ heraus: „Warum hat es bei mir wieder nicht geklappt und andere ziehen karrieretechnisch an mir vorbei? Mir fehlt einfach das nötige Vitamin B!“ Was ist also dran an diesem Mythos? Und ist Vitamin B tatsächlich ein entscheidender Karrierefaktor?

Vitamin B: Kann man Karriere durch Kontakte gestalten?

Als Vitamin B werden im Allgemeinen Beziehungen oder Kontakte zu Menschen bezeichnet, die förderlich für die eigene Karriere sind. Und jeder spinnt im Laufe seines Lebens ein Netzwerk aus Familie, Freundinnen und Freunden und Bekanntschaften, ohne dies bewusst als Networking wahrzunehmen. Gleiches gilt für den Kontakt zu Kunden sowie Kolleginnen und Kollegen. Viele dieser Kontakte können jedoch dazu beitragen, die eigene Karriere erfolgreich zu gestalten. Nicht umsonst wird auch von einem „verdeckten Stellenmarkt“ gesprochen, wenn von „Vitamin B“ die Rede ist. Es handelt sich also um Jobs, die nicht über offizielle Anzeigen, sondern über Kontakte vermittelt werden.

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Insbesondere persönliche Empfehlungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder Bekannten können gute Türöffner für einen neuen Job in einem neuen Unternehmen sein. Auch ein gutes Wort beim Chef oder der Chefin öffnet Türen für die Karriere. Denn durch den persönlich hergestellten Kontakt und das Vertrauen, das bereits zwischen einem potentiellen Arbeitgeber und einem Ihrer Bekannten besteht, bekommt Ihre Bewerbung eine individuelle und persönliche Note. Der potentielle Arbeitgeber hat, wenn Sie ihm über Vitamin B vorgestellt worden sind, das Gefühl, ein geringeres Risiko bei Ihrer Einstellung einzugehen.

Das bedeutet andererseits nicht, dass sie ohne eigene Leistung diesen Job bekommen hätten. Sie haben lediglich eine persönliche „Brücke“ genutzt, um ihre Eignung deutlich zu machen. Denn Vitamin B kann zwar eine Eintrittskarte zu einem Bewerbungsgespräch sein – die Chance aber dann beim Schopf zu packen, das muss jeder selbst machen! Vitamin B ist also in der Tat ein wichtiger, aber nicht der einzige Karrierefaktor.

Wie eng dürfen Freundschaften im Job sein?

Es soll Menschen geben, die jedes Wochenende nur deswegen auf den Golfplatz gehen, weil sie dort die „richtigen Leute“ treffen, – und nicht nur, um in Ruhe mit Freundinnen oder Freunden eine Runde den Ball zu schlagen. Andererseits üben diesen Sport auch jede Menge Menschen aus, ohne je an eine solche Verquickung von Freizeit und Beruf zu denken.

Wahr ist aber, dass gerade beim Sport gute Freundschaften entstehen können – besonders bei Mannschaftssportarten. Menschen mit dem gleichen Hobby verstehen sich oft auch auf menschlicher Ebene gut, und da kann sicherlich auch mal die Rede auf die Arbeit beziehungsweise den eigenen Beruf kommen.

Warum also nicht auch im Kreis von Gleichgesinnten während einer Freizeitbeschäftigung daran denken, dass der Chef einer Firma, mit dem man regelmäßig Badminton spielt oder im Chor singt, eventuell eine neue Mitarbeiterin oder einen neuen Mitarbeiter sucht. Wer bereit ist, das bisherige berufliche Umfeld hinter sich zu lassen, sollte solche Situationen wahrnehmen. Man muss ja nicht gleich mit „der Tür ins Haus fallen“, sondern kann behutsam vorfühlen, ob es beim Gegenüber eine Bereitschaft gibt, über dieses Thema zu sprechen.

Dann muss aber auch klar sein: Entsteht daraus ein berufliches Verhältnis, verändert sich vermutlich auch die freundschaftliche Beziehung während der Freizeitbeschäftigung. Daher empfehlen Berufscoaches oft, lieber im weiteren Freundes- und Bekanntenkreis den Wunsch nach einer beruflichen Veränderung zu streuen – und weniger im engsten Freundes- und Familienkreis. Dann findet sich eventuell schnell ein Interessent oder eine Interessentin, getreu dem Motto: „Da kennt jemand jemanden, der jemanden kennt“.

Bessere Chancen für Mitbewerberinnen und Mitbewerber mit Vitamin B

Wer zu stolz ist, das Angebot eines Netzwerk-Kontakts anzunehmen, Sie bei einem Arbeitgeber zu empfehlen, in dessen Team zum Beispiel ein Ingenieur oder eine Ingenieurin gesucht wird, der verschlechtert seine Chancen gegenüber der Konkurrenz. Denn sie nutzt mit einiger Sicherheit ihre Kontakte.

Stehen sich zwei Bewerberinnen und Bewerber mit den gleichen Qualifikationen gegenüber, kann eine gute Beziehung zu den richtigen Personen das Eintrittsticket für den gewünschten Job sein. Folglich sollten Sie Vitamin B und gute Kontakte nicht unterschätzen, ihnen aber auch nicht zu viel Bedeutung beimessen.

Bedeutung von Vitamin B im Job

Arbeitgeber gehen übrigens in der Mehrzahl nicht davon aus, dass viele Jobs über Vitamin B vergeben werden. Sie sind im Gegenteil davon überzeugt, dass vor allem diejenigen die Bewerbungsphase erfolgreich meistern, die in dem, was sie beruflich tun, gut sind. Allerdings gaben im Umkehrschluss nur ganz wenige an, dass für sie rein objektive Kriterien zählen.

Warum sollte es verpönt sein, einen Job über andere vermittelt zu bekommen? Schließlich zählt im Bewerbungsgespräch nicht nur der Kontakt, sondern am Ende auch die eigene Leistung. Auf Dauer wird vermutlich niemand seinen Job nur deshalb behalten, weil er oder sie ihn aufgrund von Vitamin B bekommen hat. Es muss schon „geliefert“ werden, was sie oder er zugesagt hat. Sonst ist vermutlich noch vor Ablauf der Probezeit Schluss mit dem Anstellungsverhältnis.

Kleinere Firmen: mehr Jobs über Vitamin B

Unterschiedliche Umfragen ergeben ein einheitliches Bild: Zwischen 40 und 50 Prozent der deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben durch gute Kontakte in ihrem Netzwerk mindestens einmal in ihrem Leben einen neuen Job bekommen. Unterschiede gibt es allerdings in den verschiedenen Altersgruppen: Während bei den Jüngeren (25 bis 34 Jahre) fast die Hälfte bestätigt, schon einmal über ihr soziales Umfeld an einen Job gekommen zu sein, sind es bei der Gruppe 55+ nur gut 30 Prozent.

Besonders in Kleinstbetrieben wird etwa die Hälfte der zu besetzenden Stellen über Kontakte vergeben. In größeren Unternehmen sind es nur rund ein Zehntel. Das liegt auch daran, dass mit wachsender Größe einer Organisation die Arbeitsteilung zunimmt. Die Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber geht durch mehrere Hände und der Bewerbungsprozess läuft formeller ab.

Frauen netzwerken anders als Männer

Männer fördern die Karriere meist durch enge Kontakte zu Vorgesetzten und höher gestellten Kolleginnen und Kollegen. Frauen stärken hingegen zunächst ihr Netzwerk und beraten andere. Sie agieren als Vermittler zwischen den Kontakten, bauen aber selbst anfangs weniger Vitamin B auf als männliche Kollegen.

Vitamin B: 5 Tipps für ein besseres Netzwerk

  1. Fangen Sie früh an
    Kontakte werden im Laufe der Karriere immer wichtiger, doch sollten Sie mit dem Aufbau Ihres Netzwerkes nicht so lange warten. Kontakte sollten entstehen, wenn Sie diese noch nicht brauchen, damit Sie da sind, wenn Sie diese brauchen.
  2. Ermitteln Sie die eigene Position
    Betrachten Sie Ihr berufliches Netzwerk: Wie sieht dieses aus? Welche Kontakte haben Sie? Welche Position nehmen Sie ein? Überlegen Sie sich, wie Sie im Netzwerk agieren und wo noch Potenzial nach oben besteht.
  3. Langfristige Verbindungen aufbauen
    Identifizieren Sie einflussreiche Personen und solche in strategischen Positionen und versuchen Sie, die Beziehungen zu ihnen auszubauen. Einen einflussreichen Mentor zu haben, kann Ihre Karriere erheblich fördern. Dabei geht es nicht darum, sich „anzubiedern“, sondern langfristige Verbindungen aufzubauen.
  4. Schauen Sie über den Tellerrand
    Ein gutes Netzwerk hat viele Facetten und besteht nicht nur aus direkten Kolleginnen und Kollegen. Sie brauchen Vitamin B aus unterschiedlichen Abteilungen, Hierarchieebenen, Unternehmen und Branchen. Nutzen Sie hierzu Firmenevents, um Menschen aus anderen Abteilungen kennenzulernen, sowie Kongresse oder Tagungen, bei denen Sie Kolleginnen und Kollegen aus anderen Firmen und Branchen begegnen.
  5. Pflegen Sie Ihre Kontakte
    Beim Netzwerken geht es nicht nur darum, immer wieder neue Kontakte zu schließen, sondern bereits bestehende aufrechtzuerhalten und zu pflegen. Wenn Sie in regelmäßigem Kontakt stehen, fällt es Ihnen leichter, Kontakte zu aktivieren, sobald Sie diese benötigen.

Fazit zu Vitamin B im Job

Grundsätzlich kann es nur von Vorteil sein, ein stabiles Netzwerk aufzubauen, das auch im und durch das Berufsleben trägt. Andererseits sind „Beziehungen“ nicht alles. Es muss am Ende auch nicht unbedingt von Nachteil sein, wenn Ihr Freundeskreis eben nichts mit dem eigenen Job zu tun hat und Sie kaum jemanden außerhalb des eigenen Betriebs kennen. Wer durch gute Kenntnisse, Qualifikationen und die richtige Einstellung zur Arbeit überzeugen kann, bekommt vielleicht am Ende doch eher den erträumten Job als diejenigen, die „nur“ auf Vitamin B setzen.

Ein Beitrag von:

  • Liane Rapp

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