Arbeitswelt 18.11.2011, 12:04 Uhr

Das Glück bei der Arbeit

Arbeit und Erholung, Arbeit und Freizeit, Arbeit und Familie. Immer steht „Arbeit“ positiven Begriffen gegenüber, so, als sei im Beruf kein Glück zu finden. Wissenschaftler machten sich in Dortmund daran, diesen scheinbaren Widerspruch zu hinterfragen.

Für die einen liegt das Glück der Erde auf dem Rücken der Pferde, andere finden Glück in einer intakten Beziehung. Aber Glück bei der Arbeit? Glück im Großraumbüro oder am Fließband? Geht das? Die Sprache sagt uns: Nein! Das mittelhochdeutsche „Arebeit“ bedeutet „Mühe“, das Lateinische „laborare“ ist gleichbedeutend mit „leiden“ und in der Bibel ist Arbeit auch eine Strafe Gottes.

Plausibel erscheint die Weisheit des schottischen Dramatikers Sir James Matthew Barrie, nach der das Glück nicht darin liegt, dass man tut, was man mag, sondern mag, was man tut. Aber wie verliebt man sich in seine Arbeit?

Den Versuch, darauf eine Antwort zu finden, unternahmen jüngst Wissenschaftler verschiedener Disziplinen auf einem Symposium der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (DASA) in Dortmund. Ein schwieriges Unterfangen, wie sich zeigte. Es verfestigte sich der Eindruck, dass der Ist-Zustand an vielen Stellen reparaturbedürftig ist, dass man vom Trend, Arbeit als etwas Bereicherndes zu erleben, im deutschsprachigen Raum häufig weit entfernt ist. Und dass es schwierig sein dürfte, nicht nur kreativen Arbeitern Glücksgefühle zu vermitteln, sondern auch denen, die ihr Brot mit monotonen Tätigkeiten verdienen.

Philosophie-Professor Thomä: Begriffe wie „Work-Life-Balance“ hetzen Leben und Arbeit gegeneinander auf

Die Begriffe, die den unbefriedigenden Ist-Zustand beschreiben sollten, waren sehr unterschiedlich. So sprach der St. Galler Philosophie-Professor Dieter Thomä vom „Grauschleier, der sich über die Arbeit gelegt hat“. Unter dem „trostlosen“ Begriff der „Work-Life-Balance“, den der Wissenschaftler am liebsten zum „Unwort des Jahres“ ernennen würde, würden Leben und Arbeit „gegeneinander aufgehetzt“. Dieter Thomä berief sich auf den amerikanischen Philosophen Henry David Thoreau (1817-1862): „Wenn der Lebensunterhalt nicht verlockend ist, dann ist es das Leben auch nicht.“

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Klassische Arbeitsmodelle hätten durchaus ihren Charme, meinte Thomä. So schätzten Ingenieure in der Regel die Auftragsarbeit, bei der man etwas schaffe und abhaken könne. Die Verlockung sei groß, sich aus dieser Fremdbestimmung zu lösen und sich selbst Ziele zu setzen. Das aber münde häufig in Überforderung und Selbstausbeutung. „Der Zielgenerator läuft heiß, es gibt keinen Ruhezustand mehr.“ Es zähle nicht mehr der Blick nach vorne, sondern der zur Seite, zum Kollegen, mit dem man sich im zermürbenden Konkurrenzkampf messe. Thomä nennt das „die Wut des Vergleichens“. Er empfiehlt eine gemeinsame Verständigung über die Ziele und eine „Zusammenarbeit im Gleichklang“, ein Arbeiten auf Augenhöhe.

Von einer seltenen Spezies Mensch berichtete der ebenfalls aus St. Gallen angereiste Mathias Binswanger: „Es gibt Leute, die auf vieles verzichten und damit ,unverschämterweise“ noch nicht einmal unzufrieden sind.“ Die Mehrzahl aber schiele – wenn die materiellen Grundbedürfnisse erst einmal gestillt sind – auf den Nachbarn. Der Wirtschaftsprofessor sprach von einer „Status-Tretmühle“, in der Neid die wesentliche Triebfeder ist. Studien hätten ergeben, dass die meisten Menschen bereit sind, auf Geld zu verzichten, wenn nur der Gegenüber weniger verdient.

Viele Unternehmen lebten von dieser Tretmühle, indem man Produkten Statuscharakter verleihe und Konsumenten damit materielle Befriedigung verschaffe. Ein trügerischer und kurzfristiger Zustand, wie Binswanger meint. Schließlich könne man ein Bett kaufen, aber nicht Schlaf, Bücher, aber keinen Verstand, Spielzeug, aber keine Freude.

Die „Multioptionsgesellschaft“ verstärkt die Qual der Wahl

Der Mensch habe sich in weitere Tretmühlen begeben, die ihn nicht vorankommen lassen. Die „Multioptionsgesellschaft“ setze ihn im Gegensatz zu früheren Generationen verstärkt einer Qual der Wahl aus. Binswanger: „Die Optionen für Arbeit, Freizeit und Konsum nehmen ständig zu“ eine Vielfalt, die die Menschen überfordere, sich letztlich als purer Stress erweise und Sehnsüchte nach Einfachheit wecke. Die Angst, aus dem Wust der Möglichkeiten heraus die „falsche“ Entscheidung – etwa beruflicher Art – zu treffen, lähmt.

In der „Zeitspartretmühle“ werden Aktivitäten immer schneller und in kürzeren Abständen ausgeführt. „Je schneller die Transportmittel werden, umso weiter und häufiger fahren wir. Je höher das Einkommen, desto länger wird dank des Häuschens im Grünen das Pendeln zum Arbeitsplatz.“ Zeitsparen werde so in einer hochtechnologisierten Gesellschaft zur Illusion.

Zur Behebung dieser Dilemmata schlug Binswanger vor, sich statt auf die Anhäufung materieller Güter auf ein attraktives Sozialleben zu konzentrieren, sich nicht mit Unerreichbarem zu vergleichen, der „Ranking-Manie“ mit dem ständigen Streben, der Beste sein zu wollen, sowie der Verherrlichung von Effizienz, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit abzuschwören.

Gesundheitsforscher: Die aktuelle Arbeitswelt schafft trügerische Freiheiten

Wer bereit sei, sich mit Mittelmäßigkeit abzufinden, sei einen wichtigen Schritt weiter, bestätigt der Bremer Gesundheitsforscher Wolfgang Hien. Die aktuelle Arbeitswelt „im Rahmen globalisierter, neoliberaler Verhältnisse“ schüfe trügerische Freiheiten: Aufgabenvielfalt stelle sich als Arbeitsverdichtung heraus, Konkurrenzdenken als Managementtechnik, die unwillkürlich zu Gehässigkeit und Rücksichtslosigkeit führe. Das Streben nach einheitlichen Hochleistungserbringern lasse keinen Platz mehr für Andersartige, Eigensinnige und „Langsame“. Kollegialität verkomme zum Fremdwort.

Dieser Trend zur Individualisierung, der Herr und Knecht in einer Person erzeuge, müsse gestoppt werden, erklärte Wolfgang Hien. Man müsse Nein sagen und einen Gang zurückschalten können. Eine Überidentifikation mit der Arbeit ließe erholsamen Abstand nicht mehr zu und münde in Burn-out.

Sozialpsychologe: Identität mit dem Unternehmen ist heilsam

Das meint auch Rolf van Dick. Der Frankfurter Sozialpsychologe ist aber vor allem von der heilsamen Wirkung identitätsstiftender Prozesse überzeugt. „Mitarbeiter, die sich mit einem Unternehmen identifizieren, leiden seltener unter Burn-out als andere.“ Auch die Leistungsfähigkeit und somit der Arbeitgeber profitierten. Den Schlüssel zu Wohlbefinden und Erfolg sieht van Dick daher in der Förderung vom Mitarbeitergruppen, die idealerweise heterogen zusammengesetzt sein sollten.

Allerdings übersieht der Psychologe nicht die Risiken: Wer sich emotional zu stark an eine Gruppe binde, laufe eher Gefahr, sich für die Kollegen aufzuopfern und litte eher darunter, wenn Gruppenziele nicht erreicht werden.

Der Züricher Persönlichkeitspsychologe Willibald Ruch machte Mut. Seinen Erkenntnissen zufolge führt ein „Life of engagement“, die Suche nach Herausforderungen, zur größten Lebenszufriedenheit. Wer es schafft, seine Stärken an passender Stelle zu platzieren, ohne sich zu übernehmen, der ist dem Glück bei der Arbeit ganz nahe. 

Ein Beitrag von:

  • Wolfgang Schmitz

    Wolfgang Schmitz

    Redakteur VDI nachrichten
    Fachthemen: Bildung, Karriere, Management, Gesellschaft

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